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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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und Inseln. Ferner ist die Vegetation in einem wesentlichen Punkte eine ver¬
schiedene: während im Norden Oelbaum und Cypresse die charakteristischen
Bäume sind, bestimmt im Süden, namentlich in Aegypten, die Palme den
Charakter der Landschaft.

Wie das Land, so die Leute. Während man im Norden, dem türkisch¬
griechischen Theil, vorwiegend, in vielen Orten ausschließliche hölzernen Häusern
Mit verschieden gefärbten Wänden und schrägen rothen Ziegeldächern begegnet,
ist das Haus des Aegypters und Syrers von Stein, seine Wand ungetüncht
und darum weißlich oder gelblichgrau, sein Dach platt. Während somit eine
türkische Stadt schon in weiter Ferne aus der Landschaft heraustritt, ist ein?
arabische erst beim Näherkommen von der Wüste, die sie umgibt, von den
Felsen, an denen sie hängt, zu unterscheiden. Der Türke ferner gibt seinem
Minaret eine scharfe Spitze, der ägyptische und syrische Araber läßt es oben
weist gerundet enden. Der Türke bepflanzt seine Begräbnißstätten mit Cy-
pressen, so daß sie Wäldchen gleichen, und schmückt die Gräber seiner Todten
NUt bunten Turbanen und goldnen Sprüchen. In Aegypten und Syrien ba¬
ngen sind die Friedhöfe Halbwüste Stätten, ohne Baum und Strauch, ohne
Schatten, und in der Regel ohne andere Zierrath als einfache Inschriften. So
ließe sich der Unterschied der beiden Hälften der Türkei noch durch zahlreiche
Erscheinungen auf ethnographischen Gebiet belegen. Im Norden wird türkisch
und griechisch gesprochen, im Süden arabisch; dort sind blaue oder graue
Augen über rothen Backen keine Seltenheit, hier sehen uns aus den gelben
Gesichtern nur tiefschwarze Augensterne an; dort rasirt man Kinn und Wangen,
hier läßt man sich den Bart der Patriarchen wachsen. Im Norden herrscht
das Fez und die Jacke, un Süden der alte Turban, die "Krone des Islam",
die Kufsieh des Beduinen und der faltige, bis auf die Fußknöchel herabfallende
Rock vor. Im Norden tragen die Frauen Mäntel von bunten Farben: feuer-
^the. kaffeebraune, orangegelbe und himmelblaue, im Süden mit Ausnahme
der stets nur in blaue Baumwolle gehüllten Baueruweiber, kaum andere als
^eiße Ueberwurfe, wie in Palästina, oder schwarze, wie in Aegypten. Ver¬
schieden ist endlich, um auch eines Nebendinges zu gedenken, der Tabak, mit
dem man die Pfeife füllt. Vom Nil bis an den Taurus erstreckt sich das
Gebiet des schwarzen Latakiah und seiner Verwandten vom Libanon, weiter
hinauf im Norden hat der Kaufmann nur das gelbe Kraut von Konswnti-
"opel feil.

Die widerspruchsvolle Art, mit der sich unsre Wache die Vorschriften der
Quarantäne bald durchzuführen, bald zu verletzen erlaubte, ließ sich nur be¬
reisen, wenn man wußte, daß wir nicht der Pest, sondern der syrischen Con-
iumaz wegen Quarantäne hielten. Wir sollten streng von aller Berührung
^it Aegypten und den Aegypten, abgesperrt sein, um vollkommen unverdäch-


und Inseln. Ferner ist die Vegetation in einem wesentlichen Punkte eine ver¬
schiedene: während im Norden Oelbaum und Cypresse die charakteristischen
Bäume sind, bestimmt im Süden, namentlich in Aegypten, die Palme den
Charakter der Landschaft.

Wie das Land, so die Leute. Während man im Norden, dem türkisch¬
griechischen Theil, vorwiegend, in vielen Orten ausschließliche hölzernen Häusern
Mit verschieden gefärbten Wänden und schrägen rothen Ziegeldächern begegnet,
ist das Haus des Aegypters und Syrers von Stein, seine Wand ungetüncht
und darum weißlich oder gelblichgrau, sein Dach platt. Während somit eine
türkische Stadt schon in weiter Ferne aus der Landschaft heraustritt, ist ein?
arabische erst beim Näherkommen von der Wüste, die sie umgibt, von den
Felsen, an denen sie hängt, zu unterscheiden. Der Türke ferner gibt seinem
Minaret eine scharfe Spitze, der ägyptische und syrische Araber läßt es oben
weist gerundet enden. Der Türke bepflanzt seine Begräbnißstätten mit Cy-
pressen, so daß sie Wäldchen gleichen, und schmückt die Gräber seiner Todten
NUt bunten Turbanen und goldnen Sprüchen. In Aegypten und Syrien ba¬
ngen sind die Friedhöfe Halbwüste Stätten, ohne Baum und Strauch, ohne
Schatten, und in der Regel ohne andere Zierrath als einfache Inschriften. So
ließe sich der Unterschied der beiden Hälften der Türkei noch durch zahlreiche
Erscheinungen auf ethnographischen Gebiet belegen. Im Norden wird türkisch
und griechisch gesprochen, im Süden arabisch; dort sind blaue oder graue
Augen über rothen Backen keine Seltenheit, hier sehen uns aus den gelben
Gesichtern nur tiefschwarze Augensterne an; dort rasirt man Kinn und Wangen,
hier läßt man sich den Bart der Patriarchen wachsen. Im Norden herrscht
das Fez und die Jacke, un Süden der alte Turban, die „Krone des Islam",
die Kufsieh des Beduinen und der faltige, bis auf die Fußknöchel herabfallende
Rock vor. Im Norden tragen die Frauen Mäntel von bunten Farben: feuer-
^the. kaffeebraune, orangegelbe und himmelblaue, im Süden mit Ausnahme
der stets nur in blaue Baumwolle gehüllten Baueruweiber, kaum andere als
^eiße Ueberwurfe, wie in Palästina, oder schwarze, wie in Aegypten. Ver¬
schieden ist endlich, um auch eines Nebendinges zu gedenken, der Tabak, mit
dem man die Pfeife füllt. Vom Nil bis an den Taurus erstreckt sich das
Gebiet des schwarzen Latakiah und seiner Verwandten vom Libanon, weiter
hinauf im Norden hat der Kaufmann nur das gelbe Kraut von Konswnti-
"opel feil.

Die widerspruchsvolle Art, mit der sich unsre Wache die Vorschriften der
Quarantäne bald durchzuführen, bald zu verletzen erlaubte, ließ sich nur be¬
reisen, wenn man wußte, daß wir nicht der Pest, sondern der syrischen Con-
iumaz wegen Quarantäne hielten. Wir sollten streng von aller Berührung
^it Aegypten und den Aegypten, abgesperrt sein, um vollkommen unverdäch-


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[0227] und Inseln. Ferner ist die Vegetation in einem wesentlichen Punkte eine ver¬ schiedene: während im Norden Oelbaum und Cypresse die charakteristischen Bäume sind, bestimmt im Süden, namentlich in Aegypten, die Palme den Charakter der Landschaft. Wie das Land, so die Leute. Während man im Norden, dem türkisch¬ griechischen Theil, vorwiegend, in vielen Orten ausschließliche hölzernen Häusern Mit verschieden gefärbten Wänden und schrägen rothen Ziegeldächern begegnet, ist das Haus des Aegypters und Syrers von Stein, seine Wand ungetüncht und darum weißlich oder gelblichgrau, sein Dach platt. Während somit eine türkische Stadt schon in weiter Ferne aus der Landschaft heraustritt, ist ein? arabische erst beim Näherkommen von der Wüste, die sie umgibt, von den Felsen, an denen sie hängt, zu unterscheiden. Der Türke ferner gibt seinem Minaret eine scharfe Spitze, der ägyptische und syrische Araber läßt es oben weist gerundet enden. Der Türke bepflanzt seine Begräbnißstätten mit Cy- pressen, so daß sie Wäldchen gleichen, und schmückt die Gräber seiner Todten NUt bunten Turbanen und goldnen Sprüchen. In Aegypten und Syrien ba¬ ngen sind die Friedhöfe Halbwüste Stätten, ohne Baum und Strauch, ohne Schatten, und in der Regel ohne andere Zierrath als einfache Inschriften. So ließe sich der Unterschied der beiden Hälften der Türkei noch durch zahlreiche Erscheinungen auf ethnographischen Gebiet belegen. Im Norden wird türkisch und griechisch gesprochen, im Süden arabisch; dort sind blaue oder graue Augen über rothen Backen keine Seltenheit, hier sehen uns aus den gelben Gesichtern nur tiefschwarze Augensterne an; dort rasirt man Kinn und Wangen, hier läßt man sich den Bart der Patriarchen wachsen. Im Norden herrscht das Fez und die Jacke, un Süden der alte Turban, die „Krone des Islam", die Kufsieh des Beduinen und der faltige, bis auf die Fußknöchel herabfallende Rock vor. Im Norden tragen die Frauen Mäntel von bunten Farben: feuer- ^the. kaffeebraune, orangegelbe und himmelblaue, im Süden mit Ausnahme der stets nur in blaue Baumwolle gehüllten Baueruweiber, kaum andere als ^eiße Ueberwurfe, wie in Palästina, oder schwarze, wie in Aegypten. Ver¬ schieden ist endlich, um auch eines Nebendinges zu gedenken, der Tabak, mit dem man die Pfeife füllt. Vom Nil bis an den Taurus erstreckt sich das Gebiet des schwarzen Latakiah und seiner Verwandten vom Libanon, weiter hinauf im Norden hat der Kaufmann nur das gelbe Kraut von Konswnti- "opel feil. Die widerspruchsvolle Art, mit der sich unsre Wache die Vorschriften der Quarantäne bald durchzuführen, bald zu verletzen erlaubte, ließ sich nur be¬ reisen, wenn man wußte, daß wir nicht der Pest, sondern der syrischen Con- iumaz wegen Quarantäne hielten. Wir sollten streng von aller Berührung ^it Aegypten und den Aegypten, abgesperrt sein, um vollkommen unverdäch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/227>, abgerufen am 22.07.2024.