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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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°le nach längeren Aufenthalt in Oestreich heimbeordcrt worden waren. Die
schönere Hälfte der Menschheit war durch die Gemahlin, die Schwester und
das Töchterchen des Generalconsuls so wie durch die junge Frau des Predigers
vertreten.

Daß es bei solcher Zusammensetzung der Gesellschaft für den, der über¬
haupt Unterhaltung suchte, nicht an dem nöthigen Wechsel im Stoff mangelte,
versteht sich von selbst. Vom Generalconsul -- er kehrte von einem Besuch
in Venedig, seiner Vaterstadt, auf seinen Posten zurück, und da ich ihn dort¬
en begleiten durste, werde ich wiederholt auf ihn zurückkommen -- erfuhr
'es mancherlei Nützliches über die Stimmung des venetianischen Adels in Be¬
zug auf die damals näherrückende Entscheidung der italienischen Frage, über
die Ansichten, welche in den Kreisen der höhern östreichischen Bureaukratie
über Preußen gehegt wurden, und ähnliche hier nicht weiter zu erörternde
Dinge. Seine Gemahlin hatte die Güte, mir die etwa noch vorhandenen
Illusionen in Betreff einer besondern Heiligkeit Jerusalems und seiner fränki¬
schen Bewohner zu benehmen. Mit dem Norweger, der als Gesandtschafts¬
prediger nach Stambul ging, sprach ich fleißig die Schleswig-holsteinische Frage
oder der Abwechslung halber ein und das andre Capitel der Dogmatik durch,
wobei Erinnerungen an alte Kollegienhefte und Examenarbeiten gute Dienste
leisteten. Der Kanzler erzählte, so oft ichs hören mochte, von den Helden¬
thaten, die er als Student während der wiener Revolution gethan, von
Abenteuern mit tnester Capitänsfrauen, von denen der kleine Herr nicht we¬
niger als vier aus einmal mit seiner Liebe getröstet haben wollte, von glän¬
zenden Aussichten, die er gehabt, schweren Verfolgungen, die er erlitten, und
andern glaublichen und unglaublichen Ereignissen eines vielbewegten Lebens.
Der Gymnastiker frischte in meinem Gedächtniß das Bild von Athen auf.
Die türkischen Offiziere. Patenttürken mit feintuchnen Uniformen, wohlgepfleg¬
ten Bärten und einer leidlichen Korporalsbildung, wußten über Pferde und
Mädchen, über Meerschaumpfeifen. Bernsteinspitzen und Jasminrohre verstän¬
dige Auskunft zu geben. Auch die Juden trugen in ihrer Art zur Unterhal¬
tung bei. zumal als der Wind ihnen die Seekrankheit zuwehte. Die Frau
des Geistlichen konnte, da sie nur ihr heimathliches Dänisch verstand, ihr Theil
iur Belebung des Gesprächs nicht abtragen, indeß erlitten wir dadurch am
Quantum keine Einbuße, da das lebhafte Gemüth der Frau Generalconsulin
den Ausfall reichlich deckte. Einige kurzandauernde Stockungen wurden da-
"Ut ausgefüllt, daß ich dem Töchterchen der Dame Märchen von "Roth-
Läppchen" und "Fischchen, Fischchen in der See" erzählte, und so gelangten
wir am dritten Tag nach Korfu, ohne daß ich von dem mitgenommenen
^eduldvorrath viel verbraucht hätte.

Hier bekamen wir in Hassan Pascha, dem Gouverneuer von Bosnien.


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°le nach längeren Aufenthalt in Oestreich heimbeordcrt worden waren. Die
schönere Hälfte der Menschheit war durch die Gemahlin, die Schwester und
das Töchterchen des Generalconsuls so wie durch die junge Frau des Predigers
vertreten.

Daß es bei solcher Zusammensetzung der Gesellschaft für den, der über¬
haupt Unterhaltung suchte, nicht an dem nöthigen Wechsel im Stoff mangelte,
versteht sich von selbst. Vom Generalconsul — er kehrte von einem Besuch
in Venedig, seiner Vaterstadt, auf seinen Posten zurück, und da ich ihn dort¬
en begleiten durste, werde ich wiederholt auf ihn zurückkommen — erfuhr
'es mancherlei Nützliches über die Stimmung des venetianischen Adels in Be¬
zug auf die damals näherrückende Entscheidung der italienischen Frage, über
die Ansichten, welche in den Kreisen der höhern östreichischen Bureaukratie
über Preußen gehegt wurden, und ähnliche hier nicht weiter zu erörternde
Dinge. Seine Gemahlin hatte die Güte, mir die etwa noch vorhandenen
Illusionen in Betreff einer besondern Heiligkeit Jerusalems und seiner fränki¬
schen Bewohner zu benehmen. Mit dem Norweger, der als Gesandtschafts¬
prediger nach Stambul ging, sprach ich fleißig die Schleswig-holsteinische Frage
oder der Abwechslung halber ein und das andre Capitel der Dogmatik durch,
wobei Erinnerungen an alte Kollegienhefte und Examenarbeiten gute Dienste
leisteten. Der Kanzler erzählte, so oft ichs hören mochte, von den Helden¬
thaten, die er als Student während der wiener Revolution gethan, von
Abenteuern mit tnester Capitänsfrauen, von denen der kleine Herr nicht we¬
niger als vier aus einmal mit seiner Liebe getröstet haben wollte, von glän¬
zenden Aussichten, die er gehabt, schweren Verfolgungen, die er erlitten, und
andern glaublichen und unglaublichen Ereignissen eines vielbewegten Lebens.
Der Gymnastiker frischte in meinem Gedächtniß das Bild von Athen auf.
Die türkischen Offiziere. Patenttürken mit feintuchnen Uniformen, wohlgepfleg¬
ten Bärten und einer leidlichen Korporalsbildung, wußten über Pferde und
Mädchen, über Meerschaumpfeifen. Bernsteinspitzen und Jasminrohre verstän¬
dige Auskunft zu geben. Auch die Juden trugen in ihrer Art zur Unterhal¬
tung bei. zumal als der Wind ihnen die Seekrankheit zuwehte. Die Frau
des Geistlichen konnte, da sie nur ihr heimathliches Dänisch verstand, ihr Theil
iur Belebung des Gesprächs nicht abtragen, indeß erlitten wir dadurch am
Quantum keine Einbuße, da das lebhafte Gemüth der Frau Generalconsulin
den Ausfall reichlich deckte. Einige kurzandauernde Stockungen wurden da-
"Ut ausgefüllt, daß ich dem Töchterchen der Dame Märchen von „Roth-
Läppchen" und „Fischchen, Fischchen in der See" erzählte, und so gelangten
wir am dritten Tag nach Korfu, ohne daß ich von dem mitgenommenen
^eduldvorrath viel verbraucht hätte.

Hier bekamen wir in Hassan Pascha, dem Gouverneuer von Bosnien.


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[0217] °le nach längeren Aufenthalt in Oestreich heimbeordcrt worden waren. Die schönere Hälfte der Menschheit war durch die Gemahlin, die Schwester und das Töchterchen des Generalconsuls so wie durch die junge Frau des Predigers vertreten. Daß es bei solcher Zusammensetzung der Gesellschaft für den, der über¬ haupt Unterhaltung suchte, nicht an dem nöthigen Wechsel im Stoff mangelte, versteht sich von selbst. Vom Generalconsul — er kehrte von einem Besuch in Venedig, seiner Vaterstadt, auf seinen Posten zurück, und da ich ihn dort¬ en begleiten durste, werde ich wiederholt auf ihn zurückkommen — erfuhr 'es mancherlei Nützliches über die Stimmung des venetianischen Adels in Be¬ zug auf die damals näherrückende Entscheidung der italienischen Frage, über die Ansichten, welche in den Kreisen der höhern östreichischen Bureaukratie über Preußen gehegt wurden, und ähnliche hier nicht weiter zu erörternde Dinge. Seine Gemahlin hatte die Güte, mir die etwa noch vorhandenen Illusionen in Betreff einer besondern Heiligkeit Jerusalems und seiner fränki¬ schen Bewohner zu benehmen. Mit dem Norweger, der als Gesandtschafts¬ prediger nach Stambul ging, sprach ich fleißig die Schleswig-holsteinische Frage oder der Abwechslung halber ein und das andre Capitel der Dogmatik durch, wobei Erinnerungen an alte Kollegienhefte und Examenarbeiten gute Dienste leisteten. Der Kanzler erzählte, so oft ichs hören mochte, von den Helden¬ thaten, die er als Student während der wiener Revolution gethan, von Abenteuern mit tnester Capitänsfrauen, von denen der kleine Herr nicht we¬ niger als vier aus einmal mit seiner Liebe getröstet haben wollte, von glän¬ zenden Aussichten, die er gehabt, schweren Verfolgungen, die er erlitten, und andern glaublichen und unglaublichen Ereignissen eines vielbewegten Lebens. Der Gymnastiker frischte in meinem Gedächtniß das Bild von Athen auf. Die türkischen Offiziere. Patenttürken mit feintuchnen Uniformen, wohlgepfleg¬ ten Bärten und einer leidlichen Korporalsbildung, wußten über Pferde und Mädchen, über Meerschaumpfeifen. Bernsteinspitzen und Jasminrohre verstän¬ dige Auskunft zu geben. Auch die Juden trugen in ihrer Art zur Unterhal¬ tung bei. zumal als der Wind ihnen die Seekrankheit zuwehte. Die Frau des Geistlichen konnte, da sie nur ihr heimathliches Dänisch verstand, ihr Theil iur Belebung des Gesprächs nicht abtragen, indeß erlitten wir dadurch am Quantum keine Einbuße, da das lebhafte Gemüth der Frau Generalconsulin den Ausfall reichlich deckte. Einige kurzandauernde Stockungen wurden da- "Ut ausgefüllt, daß ich dem Töchterchen der Dame Märchen von „Roth- Läppchen" und „Fischchen, Fischchen in der See" erzählte, und so gelangten wir am dritten Tag nach Korfu, ohne daß ich von dem mitgenommenen ^eduldvorrath viel verbraucht hätte. Hier bekamen wir in Hassan Pascha, dem Gouverneuer von Bosnien. 26*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/217>, abgerufen am 28.12.2024.