Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

über hundert Arbeiter beschäftigt. Endlich müssen wir die Manenhütte nennen,
das größte industrielle Etablissement der zwickauer Gegend und das bedeutendste
Eisenwerk des Königreichs Sachsen. In ihren Sälen und Hallen arbeiten an
400 Mann, und ihre Produktion belief sich im Jahre 1854 auf 206.000 Centner
Walz- und 40."00 Centner Schmiedeeisen. Seitdem hat dieselbe sich wahr¬
scheinlich verdoppelt, jedenfalls ansehnlich erhöht. Sollte sie sich aber auch >>"
Lause der nächsten Jahre verdreifachen, und sollten neben der Marienhütte
mehre solcher Werke, die vielen Arbeitern reichlichen Lohn gewähren, entstehen,
so ist dennoch keine Ueberproduction zu befürchten. Die Eisenindustrie Preußens
liefert für jeden Kopf der Bevölkerung dieses Landes etwa fünfzig Pfund Eisen-
producte. die sächsische dagegen für den Kopf der Bevölkerung Sachsens blos
nenn Pfund. Sachsen muß also, da der Eisenbedarf seiner Bewohner kaum
unter dem der preußischen Staatsangehörigen steht, noch vier Fünftheile seines
Bedarfs von auswärts beziehen.

In der Nähe dieses großartigsten Eisenwerks des Erzgebirgs ließ das
Jahr 1856 eine Actienvereinsbäckerei und Brauerei entstehen, welche die Bäcke¬
reien, Brauereien und Volksküchen des Oberlandes an Productivität noch mehr
übertrifft, als die Marienhütte die Eisenhütten des Gebirgs. Eine Dampf'
wühle liefert der Backstube, in der alle Heizmaterial und Arbeit ersparenden
Erfindungen der Neuzeit angebracht sind, das Mehl. Aus vier großen Back¬
öfen gehen täglich an 12,000 Pfund treffliches Schwarzbrod hervor. Zw"
Oefen. in denen die Brode auf einer Drehscheibe liegen, werden mit Stein'
kohlen geheizt und brauche" nur den vierten Theil des Brennmaterials, welches
für gleich große mit Holz geheizte Oefen erforderlich sein würde. Möchte diese
Anstalt auch dazu beitragen, daß es den Bewohnern der Oberlnnde endlich
gestattet wäre, dem Kartoffeltops, der sie so kümmerlich nährt, sie so dürstig°
Gestalten sein läßt, das Maß der Verwendung anzuweisen, welches nicht über¬
schritten werden darf, wenn er ein nützliches Mitglied der bürgerlichen Gesell'
schast sein soll.r

Wir schließen unsre Auszüge mit einer Mittheilung des Verfassers übe
ein eigenthümliches Naturphänomen in der Nachbarschaft von Zwickau.

Bei Planitz steht seit undenklichen Zeiten ein Kohlenflöz in Brand,
wahrscheinlich durch chemische Processe entstanden ist. Die auf längere
erloschene Glut soll im Jahr 1641 durch plündernde Schweden, welche GlU'
bengebäude aufleckten, wieder angefacht worden sein. Da alle/Löschversuch/'
das Hineinleitcn von Wasser, die Entziehung der Lust und das Einbringe"
von Stickluft fruchtlos blieben, mußte man sich begnügen, die Brandst"'^
dadurch abzusperren, daß man dem offenen Flöze beim Abbau aus meh^
Noch
heu-te steht ein Kohlenflöz von 300 sachter Lunge und 6v Lachter Bre'etLachter fern bleibt und die alten Schachte jener Stätte verschlossen hält.


über hundert Arbeiter beschäftigt. Endlich müssen wir die Manenhütte nennen,
das größte industrielle Etablissement der zwickauer Gegend und das bedeutendste
Eisenwerk des Königreichs Sachsen. In ihren Sälen und Hallen arbeiten an
400 Mann, und ihre Produktion belief sich im Jahre 1854 auf 206.000 Centner
Walz- und 40.»00 Centner Schmiedeeisen. Seitdem hat dieselbe sich wahr¬
scheinlich verdoppelt, jedenfalls ansehnlich erhöht. Sollte sie sich aber auch >>"
Lause der nächsten Jahre verdreifachen, und sollten neben der Marienhütte
mehre solcher Werke, die vielen Arbeitern reichlichen Lohn gewähren, entstehen,
so ist dennoch keine Ueberproduction zu befürchten. Die Eisenindustrie Preußens
liefert für jeden Kopf der Bevölkerung dieses Landes etwa fünfzig Pfund Eisen-
producte. die sächsische dagegen für den Kopf der Bevölkerung Sachsens blos
nenn Pfund. Sachsen muß also, da der Eisenbedarf seiner Bewohner kaum
unter dem der preußischen Staatsangehörigen steht, noch vier Fünftheile seines
Bedarfs von auswärts beziehen.

In der Nähe dieses großartigsten Eisenwerks des Erzgebirgs ließ das
Jahr 1856 eine Actienvereinsbäckerei und Brauerei entstehen, welche die Bäcke¬
reien, Brauereien und Volksküchen des Oberlandes an Productivität noch mehr
übertrifft, als die Marienhütte die Eisenhütten des Gebirgs. Eine Dampf'
wühle liefert der Backstube, in der alle Heizmaterial und Arbeit ersparenden
Erfindungen der Neuzeit angebracht sind, das Mehl. Aus vier großen Back¬
öfen gehen täglich an 12,000 Pfund treffliches Schwarzbrod hervor. Zw"
Oefen. in denen die Brode auf einer Drehscheibe liegen, werden mit Stein'
kohlen geheizt und brauche» nur den vierten Theil des Brennmaterials, welches
für gleich große mit Holz geheizte Oefen erforderlich sein würde. Möchte diese
Anstalt auch dazu beitragen, daß es den Bewohnern der Oberlnnde endlich
gestattet wäre, dem Kartoffeltops, der sie so kümmerlich nährt, sie so dürstig°
Gestalten sein läßt, das Maß der Verwendung anzuweisen, welches nicht über¬
schritten werden darf, wenn er ein nützliches Mitglied der bürgerlichen Gesell'
schast sein soll.r

Wir schließen unsre Auszüge mit einer Mittheilung des Verfassers übe
ein eigenthümliches Naturphänomen in der Nachbarschaft von Zwickau.

Bei Planitz steht seit undenklichen Zeiten ein Kohlenflöz in Brand,
wahrscheinlich durch chemische Processe entstanden ist. Die auf längere
erloschene Glut soll im Jahr 1641 durch plündernde Schweden, welche GlU'
bengebäude aufleckten, wieder angefacht worden sein. Da alle/Löschversuch/'
das Hineinleitcn von Wasser, die Entziehung der Lust und das Einbringe"
von Stickluft fruchtlos blieben, mußte man sich begnügen, die Brandst"'^
dadurch abzusperren, daß man dem offenen Flöze beim Abbau aus meh^
Noch
heu-te steht ein Kohlenflöz von 300 sachter Lunge und 6v Lachter Bre'etLachter fern bleibt und die alten Schachte jener Stätte verschlossen hält.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0198" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107784"/>
            <p xml:id="ID_631" prev="#ID_630"> über hundert Arbeiter beschäftigt. Endlich müssen wir die Manenhütte nennen,<lb/>
das größte industrielle Etablissement der zwickauer Gegend und das bedeutendste<lb/>
Eisenwerk des Königreichs Sachsen. In ihren Sälen und Hallen arbeiten an<lb/>
400 Mann, und ihre Produktion belief sich im Jahre 1854 auf 206.000 Centner<lb/>
Walz- und 40.»00 Centner Schmiedeeisen. Seitdem hat dieselbe sich wahr¬<lb/>
scheinlich verdoppelt, jedenfalls ansehnlich erhöht. Sollte sie sich aber auch &gt;&gt;"<lb/>
Lause der nächsten Jahre verdreifachen, und sollten neben der Marienhütte<lb/>
mehre solcher Werke, die vielen Arbeitern reichlichen Lohn gewähren, entstehen,<lb/>
so ist dennoch keine Ueberproduction zu befürchten. Die Eisenindustrie Preußens<lb/>
liefert für jeden Kopf der Bevölkerung dieses Landes etwa fünfzig Pfund Eisen-<lb/>
producte. die sächsische dagegen für den Kopf der Bevölkerung Sachsens blos<lb/>
nenn Pfund. Sachsen muß also, da der Eisenbedarf seiner Bewohner kaum<lb/>
unter dem der preußischen Staatsangehörigen steht, noch vier Fünftheile seines<lb/>
Bedarfs von auswärts beziehen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_632"> In der Nähe dieses großartigsten Eisenwerks des Erzgebirgs ließ das<lb/>
Jahr 1856 eine Actienvereinsbäckerei und Brauerei entstehen, welche die Bäcke¬<lb/>
reien, Brauereien und Volksküchen des Oberlandes an Productivität noch mehr<lb/>
übertrifft, als die Marienhütte die Eisenhütten des Gebirgs. Eine Dampf'<lb/>
wühle liefert der Backstube, in der alle Heizmaterial und Arbeit ersparenden<lb/>
Erfindungen der Neuzeit angebracht sind, das Mehl. Aus vier großen Back¬<lb/>
öfen gehen täglich an 12,000 Pfund treffliches Schwarzbrod hervor. Zw"<lb/>
Oefen. in denen die Brode auf einer Drehscheibe liegen, werden mit Stein'<lb/>
kohlen geheizt und brauche» nur den vierten Theil des Brennmaterials, welches<lb/>
für gleich große mit Holz geheizte Oefen erforderlich sein würde. Möchte diese<lb/>
Anstalt auch dazu beitragen, daß es den Bewohnern der Oberlnnde endlich<lb/>
gestattet wäre, dem Kartoffeltops, der sie so kümmerlich nährt, sie so dürstig°<lb/>
Gestalten sein läßt, das Maß der Verwendung anzuweisen, welches nicht über¬<lb/>
schritten werden darf, wenn er ein nützliches Mitglied der bürgerlichen Gesell'<lb/>
schast sein soll.r</p><lb/>
            <p xml:id="ID_633"> Wir schließen unsre Auszüge mit einer Mittheilung des Verfassers übe<lb/>
ein eigenthümliches Naturphänomen in der Nachbarschaft von Zwickau.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_634" next="#ID_635"> Bei Planitz steht seit undenklichen Zeiten ein Kohlenflöz in Brand,<lb/>
wahrscheinlich durch chemische Processe entstanden ist. Die auf längere<lb/>
erloschene Glut soll im Jahr 1641 durch plündernde Schweden, welche GlU'<lb/>
bengebäude aufleckten, wieder angefacht worden sein. Da alle/Löschversuch/'<lb/>
das Hineinleitcn von Wasser, die Entziehung der Lust und das Einbringe"<lb/>
von Stickluft fruchtlos blieben, mußte man sich begnügen, die Brandst"'^<lb/>
dadurch abzusperren, daß man dem offenen Flöze beim Abbau aus meh^<lb/>
Noch<lb/>
heu-te steht ein Kohlenflöz von 300 sachter Lunge und 6v Lachter Bre'etLachter fern bleibt und die alten Schachte jener Stätte verschlossen hält.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0198] über hundert Arbeiter beschäftigt. Endlich müssen wir die Manenhütte nennen, das größte industrielle Etablissement der zwickauer Gegend und das bedeutendste Eisenwerk des Königreichs Sachsen. In ihren Sälen und Hallen arbeiten an 400 Mann, und ihre Produktion belief sich im Jahre 1854 auf 206.000 Centner Walz- und 40.»00 Centner Schmiedeeisen. Seitdem hat dieselbe sich wahr¬ scheinlich verdoppelt, jedenfalls ansehnlich erhöht. Sollte sie sich aber auch >>" Lause der nächsten Jahre verdreifachen, und sollten neben der Marienhütte mehre solcher Werke, die vielen Arbeitern reichlichen Lohn gewähren, entstehen, so ist dennoch keine Ueberproduction zu befürchten. Die Eisenindustrie Preußens liefert für jeden Kopf der Bevölkerung dieses Landes etwa fünfzig Pfund Eisen- producte. die sächsische dagegen für den Kopf der Bevölkerung Sachsens blos nenn Pfund. Sachsen muß also, da der Eisenbedarf seiner Bewohner kaum unter dem der preußischen Staatsangehörigen steht, noch vier Fünftheile seines Bedarfs von auswärts beziehen. In der Nähe dieses großartigsten Eisenwerks des Erzgebirgs ließ das Jahr 1856 eine Actienvereinsbäckerei und Brauerei entstehen, welche die Bäcke¬ reien, Brauereien und Volksküchen des Oberlandes an Productivität noch mehr übertrifft, als die Marienhütte die Eisenhütten des Gebirgs. Eine Dampf' wühle liefert der Backstube, in der alle Heizmaterial und Arbeit ersparenden Erfindungen der Neuzeit angebracht sind, das Mehl. Aus vier großen Back¬ öfen gehen täglich an 12,000 Pfund treffliches Schwarzbrod hervor. Zw" Oefen. in denen die Brode auf einer Drehscheibe liegen, werden mit Stein' kohlen geheizt und brauche» nur den vierten Theil des Brennmaterials, welches für gleich große mit Holz geheizte Oefen erforderlich sein würde. Möchte diese Anstalt auch dazu beitragen, daß es den Bewohnern der Oberlnnde endlich gestattet wäre, dem Kartoffeltops, der sie so kümmerlich nährt, sie so dürstig° Gestalten sein läßt, das Maß der Verwendung anzuweisen, welches nicht über¬ schritten werden darf, wenn er ein nützliches Mitglied der bürgerlichen Gesell' schast sein soll.r Wir schließen unsre Auszüge mit einer Mittheilung des Verfassers übe ein eigenthümliches Naturphänomen in der Nachbarschaft von Zwickau. Bei Planitz steht seit undenklichen Zeiten ein Kohlenflöz in Brand, wahrscheinlich durch chemische Processe entstanden ist. Die auf längere erloschene Glut soll im Jahr 1641 durch plündernde Schweden, welche GlU' bengebäude aufleckten, wieder angefacht worden sein. Da alle/Löschversuch/' das Hineinleitcn von Wasser, die Entziehung der Lust und das Einbringe" von Stickluft fruchtlos blieben, mußte man sich begnügen, die Brandst"'^ dadurch abzusperren, daß man dem offenen Flöze beim Abbau aus meh^ Noch heu-te steht ein Kohlenflöz von 300 sachter Lunge und 6v Lachter Bre'etLachter fern bleibt und die alten Schachte jener Stätte verschlossen hält.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/198
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/198>, abgerufen am 22.07.2024.