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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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zwingen, sich der Reihenladung zu unterwerfen, und als dies nicht ge¬
lang, uzen jene einwendeten, sie gehörten nicht zur alten Köhlerinnung, so
baten einige der gegnerischen GeWerken selbst um Aufhebung des durchlöcherten
Vertrags. Die Regierung ging daraus ein. und 1830 wurde auch die Truhen¬
ladung beseitigt.

Die Befreiung des Kohlenbergbaues und der steigende Mangel an Brenn¬
holz bewirkte, daß man immer mehr Schachte einschlug und immer zweck-
Mäßigere Mittel zur Förderung der Kohlen und zur Bewältigung der unter¬
mischen Gewässer anwendete. 1826 wurde die erste Dampfmaschine zum
Aufpumpen des Grubenwassers angelassen, und bald machte dieses neue Be¬
triebsmittel die Stollen für alle Gruben überflüssig. 1830 begann die Her¬
stellung von Coaks, welche die kleinen, bisher fast unverkäuflichen Bruchtheile
^r Pechkohle verwendbar und somit gewinnbringend für den Grubenbesitzer
werden ließ. Immer mehr Eisenwerke begehrten statt der stark verteuerten
H^zkyhle diese neue Steinkohlen-Kohle. 1837 entstand das erste Kohlen¬
bergwerk im Weichbild der Stadt Zwickau selbst, und seitdem haben sich ver¬
miedene Aktiengesellschaften gebildet, welche mit einem Capital von sechs
Millionen Thalern Kohlenflöze aufsuchen und ausbeuten und den Abbau der
l^ben kunstgemäß und deshalb gewinnreicher betreiben, als die frühern Her-
kleiner Gruben, deren Verfahren nicht selten ein roher Raubbau gewesen
^'ur. Anlegung guter Straßen, die Verbindung des Steinkohlengebiets
""t Leipzig und Chemnitz durch Eisenbahnen förderte den zwickauer Bergbau
ebenfalls sehr mächtig.

Im Jahre 1820 wurden, wie bemerkt, nicht mehr als 65,000, im Jahre
schon 780,000, zehn Jahre später vier und im Jahre 1856 mehr als
l'eben Millionen Scheffel.gewonnen. Die Überschwemmungen des letztverflos-
nen Jahres ließen, indem sie in einige von den umfangreichsten Gruben ein¬
engen, einen Rückschritt eintreten, aber die Fluten werden binnen kurzer
Zeit entfernt sein, und man darf annehmen, daß man es im Jahre 1870 auf
^e Förderung von zwölf Millionen Scheffeln, d. h. auf das Dreihundertund'
^eiunddreißigfache des Jahres 1770 gebracht haben wird.

Dem entsprechend ist auch die Arbeiterzahl gestiegen. Die Dörfer Bockwa
""d Hohndorf, die vor zwanzig Jahren etwa zweihundert Arbeiter beschäftigten,
^aben deren jetzt etwa zehnmal so viel. Der ganze Bergbau des zwickauer
eckens wurde 1839 von etwa 200. im Jahre 1856 von 3700 Arbeitern be¬
lieben. Man zählt jetzt 130 Schachte, von denen einige eine Tiefe von tau-
Fuß haben. Die ringsum aus dem Thale und von den Hügeln auf¬
atmenden schwarzen Wolken kommen aus den Schloten von 20 Dampf-
aschinen, welche die Grubenwasser heben, und von 24 andern, welche in
Bindung mit 102 Haspeln die Kohlen aus deu Gruben schaffen.


zwingen, sich der Reihenladung zu unterwerfen, und als dies nicht ge¬
lang, uzen jene einwendeten, sie gehörten nicht zur alten Köhlerinnung, so
baten einige der gegnerischen GeWerken selbst um Aufhebung des durchlöcherten
Vertrags. Die Regierung ging daraus ein. und 1830 wurde auch die Truhen¬
ladung beseitigt.

Die Befreiung des Kohlenbergbaues und der steigende Mangel an Brenn¬
holz bewirkte, daß man immer mehr Schachte einschlug und immer zweck-
Mäßigere Mittel zur Förderung der Kohlen und zur Bewältigung der unter¬
mischen Gewässer anwendete. 1826 wurde die erste Dampfmaschine zum
Aufpumpen des Grubenwassers angelassen, und bald machte dieses neue Be¬
triebsmittel die Stollen für alle Gruben überflüssig. 1830 begann die Her¬
stellung von Coaks, welche die kleinen, bisher fast unverkäuflichen Bruchtheile
^r Pechkohle verwendbar und somit gewinnbringend für den Grubenbesitzer
werden ließ. Immer mehr Eisenwerke begehrten statt der stark verteuerten
H^zkyhle diese neue Steinkohlen-Kohle. 1837 entstand das erste Kohlen¬
bergwerk im Weichbild der Stadt Zwickau selbst, und seitdem haben sich ver¬
miedene Aktiengesellschaften gebildet, welche mit einem Capital von sechs
Millionen Thalern Kohlenflöze aufsuchen und ausbeuten und den Abbau der
l^ben kunstgemäß und deshalb gewinnreicher betreiben, als die frühern Her-
kleiner Gruben, deren Verfahren nicht selten ein roher Raubbau gewesen
^'ur. Anlegung guter Straßen, die Verbindung des Steinkohlengebiets
"»t Leipzig und Chemnitz durch Eisenbahnen förderte den zwickauer Bergbau
ebenfalls sehr mächtig.

Im Jahre 1820 wurden, wie bemerkt, nicht mehr als 65,000, im Jahre
schon 780,000, zehn Jahre später vier und im Jahre 1856 mehr als
l'eben Millionen Scheffel.gewonnen. Die Überschwemmungen des letztverflos-
nen Jahres ließen, indem sie in einige von den umfangreichsten Gruben ein¬
engen, einen Rückschritt eintreten, aber die Fluten werden binnen kurzer
Zeit entfernt sein, und man darf annehmen, daß man es im Jahre 1870 auf
^e Förderung von zwölf Millionen Scheffeln, d. h. auf das Dreihundertund'
^eiunddreißigfache des Jahres 1770 gebracht haben wird.

Dem entsprechend ist auch die Arbeiterzahl gestiegen. Die Dörfer Bockwa
""d Hohndorf, die vor zwanzig Jahren etwa zweihundert Arbeiter beschäftigten,
^aben deren jetzt etwa zehnmal so viel. Der ganze Bergbau des zwickauer
eckens wurde 1839 von etwa 200. im Jahre 1856 von 3700 Arbeitern be¬
lieben. Man zählt jetzt 130 Schachte, von denen einige eine Tiefe von tau-
Fuß haben. Die ringsum aus dem Thale und von den Hügeln auf¬
atmenden schwarzen Wolken kommen aus den Schloten von 20 Dampf-
aschinen, welche die Grubenwasser heben, und von 24 andern, welche in
Bindung mit 102 Haspeln die Kohlen aus deu Gruben schaffen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/195>, abgerufen am 28.12.2024.