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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Jahrhunderts. Die Musketiere aber, die große Masse des Fußvolkes, wurden
durch Gustav Adolph behender gemacht; er schaffte im schwedischen Heere
die Gabel ab -- die Kaiserlichen behielten sie reglementmäßig bis lange nach
dem Kriege -- erleichterte Gewehr und Kaliber zu Kugeln, von denen drei¬
zehn aufs Pfund gingen und führte statt des klappernden Bandeliers Papier-
pntronen ein. Ader auch so waren die Musketiere, ohne Bajonett, langsam
feuernd und nicht geübt, in geschlossener Reihe zu kämpfen, wenig geeignet.
Swße Entscheidungen herbeizuführen.

Dagegen wuchs der Einfluß der Cavalerie. In ihr lagen bei Beginn
des Krieges noch zwei entgegengesetzte Principien im Streit. Die alte Nitter-
tradition hatte Methode und Bewaffnung gemischt mit dem Landsknecht-
Wesen, welches auch auf die Pferde gestiegen war. Noch galt die schwere
weiterer für eine aristokratische Truppe, noch führte der Edelmann sein Schlacht-
wß. die Ritterrüstung, die alte Nittcrlanze und seinen Haufen Knechte zu"den Standarten der Cavalerieregimentcr. Aber der Krieg machte auch
diesen Resten alter Sitte allmülig ein Ende. Doch blieb der Ehrgeiz, mit
eigner Ausrüstung und einem Knecht, als Freireiter, einzutreten, und wer
etwas auf sich hielt oder gute Beute gemacht hatte, drängte sich unter die
Neitcrstaudarte. Bei den deutschen Heeren waren vier Gattungen der regn¬
en Cavalerie. die Lanziers.*) bis aus die Reiterstiefeln in voller Rüstung
^hre Schild) mit Nitterlanze oder dem Nennspieß der Landsknechte. Degen,
^el schweren Sattclpistolen (den Fäustlingen); die Kürassiere mit gleicher
Schutzrüstung, Pistolen und Degen; die Arkebusicre, später Carabiniers.
hnlbgcrüstet mit Sturmhaube. Halsring, schußfreiem Brusthnrnisch. mit zwei
Pistolen und einem Handrohr an schmalem Bandelier. endlich die Dragoner,
berittene Pikenicre oder Musketiere, welche ebenso wol zu Pferde als zu Fuß
Achten. Dazu kam irreguläre Cavalerie. Kroaten, Stradioten und die Hu-
^Ueu, welche fast hundert Jahr vorher, im Jahr 1546 in Deutschland Aus¬
übn gemacht hatten, als sie Herzog Moritz von Sachsen von König Ferdi¬
nand aus Böhmen endlich. Damals hatte ihr Aussehn nicht übel gefallen.
^ hatten türkische Rüstung. Säbel und Tartsche getragen, waren aber als wilde
Räuber im schlechtesten Geruch gewesen/*) Gustav Adolph brachte nur Ku¬
rsiere und Dragoner nach Deutschland, auch die Kürassiere leichter gerüstet
^ die kaiserlichen, und ihnen weit überlegen an Energie des Angriffs. Was-
^ud des ganzen Krieges war es Tendenz der Reiterei, ihre schwere Armatm
^ erleichtern; je mehr die Heere zu Kricgsbaudcn herabsanken, desto zollt-
^über wurde das Bedürfniß größerer Beweglichkeit.




^ Wnllhauscn. Kriegskunst zu Pferdt, 1616, hält noch viel von ihnen.
"
) Pasquillus Novus der Hussccr, (1546) 4. S Bl.

Jahrhunderts. Die Musketiere aber, die große Masse des Fußvolkes, wurden
durch Gustav Adolph behender gemacht; er schaffte im schwedischen Heere
die Gabel ab — die Kaiserlichen behielten sie reglementmäßig bis lange nach
dem Kriege — erleichterte Gewehr und Kaliber zu Kugeln, von denen drei¬
zehn aufs Pfund gingen und führte statt des klappernden Bandeliers Papier-
pntronen ein. Ader auch so waren die Musketiere, ohne Bajonett, langsam
feuernd und nicht geübt, in geschlossener Reihe zu kämpfen, wenig geeignet.
Swße Entscheidungen herbeizuführen.

Dagegen wuchs der Einfluß der Cavalerie. In ihr lagen bei Beginn
des Krieges noch zwei entgegengesetzte Principien im Streit. Die alte Nitter-
tradition hatte Methode und Bewaffnung gemischt mit dem Landsknecht-
Wesen, welches auch auf die Pferde gestiegen war. Noch galt die schwere
weiterer für eine aristokratische Truppe, noch führte der Edelmann sein Schlacht-
wß. die Ritterrüstung, die alte Nittcrlanze und seinen Haufen Knechte zu"den Standarten der Cavalerieregimentcr. Aber der Krieg machte auch
diesen Resten alter Sitte allmülig ein Ende. Doch blieb der Ehrgeiz, mit
eigner Ausrüstung und einem Knecht, als Freireiter, einzutreten, und wer
etwas auf sich hielt oder gute Beute gemacht hatte, drängte sich unter die
Neitcrstaudarte. Bei den deutschen Heeren waren vier Gattungen der regn¬
en Cavalerie. die Lanziers.*) bis aus die Reiterstiefeln in voller Rüstung
^hre Schild) mit Nitterlanze oder dem Nennspieß der Landsknechte. Degen,
^el schweren Sattclpistolen (den Fäustlingen); die Kürassiere mit gleicher
Schutzrüstung, Pistolen und Degen; die Arkebusicre, später Carabiniers.
hnlbgcrüstet mit Sturmhaube. Halsring, schußfreiem Brusthnrnisch. mit zwei
Pistolen und einem Handrohr an schmalem Bandelier. endlich die Dragoner,
berittene Pikenicre oder Musketiere, welche ebenso wol zu Pferde als zu Fuß
Achten. Dazu kam irreguläre Cavalerie. Kroaten, Stradioten und die Hu-
^Ueu, welche fast hundert Jahr vorher, im Jahr 1546 in Deutschland Aus¬
übn gemacht hatten, als sie Herzog Moritz von Sachsen von König Ferdi¬
nand aus Böhmen endlich. Damals hatte ihr Aussehn nicht übel gefallen.
^ hatten türkische Rüstung. Säbel und Tartsche getragen, waren aber als wilde
Räuber im schlechtesten Geruch gewesen/*) Gustav Adolph brachte nur Ku¬
rsiere und Dragoner nach Deutschland, auch die Kürassiere leichter gerüstet
^ die kaiserlichen, und ihnen weit überlegen an Energie des Angriffs. Was-
^ud des ganzen Krieges war es Tendenz der Reiterei, ihre schwere Armatm
^ erleichtern; je mehr die Heere zu Kricgsbaudcn herabsanken, desto zollt-
^über wurde das Bedürfniß größerer Beweglichkeit.




^ Wnllhauscn. Kriegskunst zu Pferdt, 1616, hält noch viel von ihnen.
"
) Pasquillus Novus der Hussccr, (1546) 4. S Bl.
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[0139] Jahrhunderts. Die Musketiere aber, die große Masse des Fußvolkes, wurden durch Gustav Adolph behender gemacht; er schaffte im schwedischen Heere die Gabel ab — die Kaiserlichen behielten sie reglementmäßig bis lange nach dem Kriege — erleichterte Gewehr und Kaliber zu Kugeln, von denen drei¬ zehn aufs Pfund gingen und führte statt des klappernden Bandeliers Papier- pntronen ein. Ader auch so waren die Musketiere, ohne Bajonett, langsam feuernd und nicht geübt, in geschlossener Reihe zu kämpfen, wenig geeignet. Swße Entscheidungen herbeizuführen. Dagegen wuchs der Einfluß der Cavalerie. In ihr lagen bei Beginn des Krieges noch zwei entgegengesetzte Principien im Streit. Die alte Nitter- tradition hatte Methode und Bewaffnung gemischt mit dem Landsknecht- Wesen, welches auch auf die Pferde gestiegen war. Noch galt die schwere weiterer für eine aristokratische Truppe, noch führte der Edelmann sein Schlacht- wß. die Ritterrüstung, die alte Nittcrlanze und seinen Haufen Knechte zu"den Standarten der Cavalerieregimentcr. Aber der Krieg machte auch diesen Resten alter Sitte allmülig ein Ende. Doch blieb der Ehrgeiz, mit eigner Ausrüstung und einem Knecht, als Freireiter, einzutreten, und wer etwas auf sich hielt oder gute Beute gemacht hatte, drängte sich unter die Neitcrstaudarte. Bei den deutschen Heeren waren vier Gattungen der regn¬ en Cavalerie. die Lanziers.*) bis aus die Reiterstiefeln in voller Rüstung ^hre Schild) mit Nitterlanze oder dem Nennspieß der Landsknechte. Degen, ^el schweren Sattclpistolen (den Fäustlingen); die Kürassiere mit gleicher Schutzrüstung, Pistolen und Degen; die Arkebusicre, später Carabiniers. hnlbgcrüstet mit Sturmhaube. Halsring, schußfreiem Brusthnrnisch. mit zwei Pistolen und einem Handrohr an schmalem Bandelier. endlich die Dragoner, berittene Pikenicre oder Musketiere, welche ebenso wol zu Pferde als zu Fuß Achten. Dazu kam irreguläre Cavalerie. Kroaten, Stradioten und die Hu- ^Ueu, welche fast hundert Jahr vorher, im Jahr 1546 in Deutschland Aus¬ übn gemacht hatten, als sie Herzog Moritz von Sachsen von König Ferdi¬ nand aus Böhmen endlich. Damals hatte ihr Aussehn nicht übel gefallen. ^ hatten türkische Rüstung. Säbel und Tartsche getragen, waren aber als wilde Räuber im schlechtesten Geruch gewesen/*) Gustav Adolph brachte nur Ku¬ rsiere und Dragoner nach Deutschland, auch die Kürassiere leichter gerüstet ^ die kaiserlichen, und ihnen weit überlegen an Energie des Angriffs. Was- ^ud des ganzen Krieges war es Tendenz der Reiterei, ihre schwere Armatm ^ erleichtern; je mehr die Heere zu Kricgsbaudcn herabsanken, desto zollt- ^über wurde das Bedürfniß größerer Beweglichkeit. ^ Wnllhauscn. Kriegskunst zu Pferdt, 1616, hält noch viel von ihnen. " ) Pasquillus Novus der Hussccr, (1546) 4. S Bl.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/139>, abgerufen am 22.07.2024.