Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.bekanntlich siegte endlich doch die Politik Richelieus, und der Herzog von Wie hätte bei einer solchen Gelegenheit die Neutralitnt des Veltlin ge¬ Wol wich nun endlich die Seuche; aber während das übrige Italien im In diesen Jahren erschien eine Schrift: "Filippiche", die dem Alessandro Tassoni zu-
S^schrieben wird, und in welcher neben Klagen über die langsame und ängstliche Politik der Päpste, Tvscanas und Venedigs, wodurch eigentlich erst Spanien zu der jetzigen unerträglichen Uebermacht gekommen sei, sich die merkwürdige Aufforderung findet, daß alle italienischen vurstcn dem Herzog von Savoyen die Hand reichen sollen, "der, wie es dort heißt, allein ""es nicht verweichlicht (oSswiiiA.to) ist von dieser ebenso künstlichen als langen Ruhe, der ^'in ein vom Wolf gebissenes Füllen durch das Leiden nur noch muthiger geworden ist." bekanntlich siegte endlich doch die Politik Richelieus, und der Herzog von Wie hätte bei einer solchen Gelegenheit die Neutralitnt des Veltlin ge¬ Wol wich nun endlich die Seuche; aber während das übrige Italien im In diesen Jahren erschien eine Schrift: „Filippiche", die dem Alessandro Tassoni zu-
S^schrieben wird, und in welcher neben Klagen über die langsame und ängstliche Politik der Päpste, Tvscanas und Venedigs, wodurch eigentlich erst Spanien zu der jetzigen unerträglichen Uebermacht gekommen sei, sich die merkwürdige Aufforderung findet, daß alle italienischen vurstcn dem Herzog von Savoyen die Hand reichen sollen, „der, wie es dort heißt, allein ""es nicht verweichlicht (oSswiiiA.to) ist von dieser ebenso künstlichen als langen Ruhe, der ^'in ein vom Wolf gebissenes Füllen durch das Leiden nur noch muthiger geworden ist." <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107695"/> <p xml:id="ID_334" prev="#ID_333"> bekanntlich siegte endlich doch die Politik Richelieus, und der Herzog von<lb/> Nevers ward mit Mantua und Montserrat belehnt, während Savoyen mit<lb/> einem Theile des letzteren abgefunden wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_335"> Wie hätte bei einer solchen Gelegenheit die Neutralitnt des Veltlin ge¬<lb/> schont werden sollen. Im Jahre 1629 schickte der Kaiser Ferdinand dem<lb/> Gouverneur Cordova von Mailand ein starkes Corps deutscher Lanzknechte<lb/> ZU Hilfe; als sie durchs Veltiin zogen, kam ihnen von Mailand der Befehl<lb/> ZU, nicht weiter vorzurücken; man hatte erfahren, daß die Pest unter ihnen<lb/> sein sollte; mochte das Uebel im Nachbarlande sich austoben. So ergossen<lb/> sich jene wilden Scharen Collaltos durch das unglückliche, eben auch von<lb/> Mißwachs heimgesuchte Thal, und neben jeder Art von Verbrechen und Mi߬<lb/> handlung war die Pest das fürchterliche Gastgeschenk, das sie zurückließen, als<lb/> sie endlich weiter zogen. Trotz aller Vorsicht drang sie übrigens doch auch in<lb/> Mailand selbst ein; es ist das jene entsetzliche Pest des Jahres 1630, welche<lb/> durch Manzonis meisterhafte Schilderung bekannt ist (?rvmL8si sxosi); das<lb/> Veltlin. welches vorher 150,000 Einwohner gezählt hatte, ward aus etwa<lb/> 40.000 reducirt.</p><lb/> <p xml:id="ID_336" next="#ID_337"> Wol wich nun endlich die Seuche; aber während das übrige Italien im<lb/> Ganzen von den Leiden des dreißigjährigen Krieges verschont blieb, ward<lb/> um die für Spanien und Oestreich unentbehrlichen Pässe des Veltlin noch<lb/> jahrelang gekämpft. Endlich gelang es 1637 den Spaniern, die bisher mit<lb/> Frankreich verbündeten Graubündtner auf ihre Seite zu ziehn; das Veltlin<lb/> war der Preis der Einigung. Jetzt wurden mit gemeinsamen Kräften die<lb/> Franzosen unter dem Herzog von Rohan aus dem Thal vertrieben, grau-<lb/> bündtnerische Truppen rückten in die von ihnen verlassenen Plätze ein. Im<lb/> September 1639 unterhandelten in Mailand bündnerische Gesandte mit dem<lb/> Gouverneur Legcmes über das Schicksal des schwer heimgesuchten Ländchens<lb/> an der Adda; nur der Form nach lud man Abgeordnete aus diesem selbst<lb/> zu den Verhandlungen, nach ihrer Meinung wurde nicht gefragt. Nach den<lb/> wechselnden Leiden und Hoffnungen mancher Jahre war das Ende, daß das<lb/> Veltlin von dem katholischen König den ketzerischen Bündnern als unterthä-<lb/> ' "ige Provinz zurückgegeben wurde, nicht ohne daß vorher zur Beruhigung<lb/> zarterer Gewissen der Bischof von Como und eine Congregation spanischer<lb/> Theologen das Gutachten hatte abgeben müssen, daß die katholische Religion</p><lb/> <note xml:id="FID_8" prev="#FID_7" place="foot"> In diesen Jahren erschien eine Schrift: „Filippiche", die dem Alessandro Tassoni zu-<lb/> S^schrieben wird, und in welcher neben Klagen über die langsame und ängstliche Politik der<lb/> Päpste, Tvscanas und Venedigs, wodurch eigentlich erst Spanien zu der jetzigen unerträglichen<lb/> Uebermacht gekommen sei, sich die merkwürdige Aufforderung findet, daß alle italienischen<lb/> vurstcn dem Herzog von Savoyen die Hand reichen sollen, „der, wie es dort heißt, allein<lb/> ""es nicht verweichlicht (oSswiiiA.to) ist von dieser ebenso künstlichen als langen Ruhe, der<lb/> ^'in ein vom Wolf gebissenes Füllen durch das Leiden nur noch muthiger geworden ist."</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0109]
bekanntlich siegte endlich doch die Politik Richelieus, und der Herzog von
Nevers ward mit Mantua und Montserrat belehnt, während Savoyen mit
einem Theile des letzteren abgefunden wurde.
Wie hätte bei einer solchen Gelegenheit die Neutralitnt des Veltlin ge¬
schont werden sollen. Im Jahre 1629 schickte der Kaiser Ferdinand dem
Gouverneur Cordova von Mailand ein starkes Corps deutscher Lanzknechte
ZU Hilfe; als sie durchs Veltiin zogen, kam ihnen von Mailand der Befehl
ZU, nicht weiter vorzurücken; man hatte erfahren, daß die Pest unter ihnen
sein sollte; mochte das Uebel im Nachbarlande sich austoben. So ergossen
sich jene wilden Scharen Collaltos durch das unglückliche, eben auch von
Mißwachs heimgesuchte Thal, und neben jeder Art von Verbrechen und Mi߬
handlung war die Pest das fürchterliche Gastgeschenk, das sie zurückließen, als
sie endlich weiter zogen. Trotz aller Vorsicht drang sie übrigens doch auch in
Mailand selbst ein; es ist das jene entsetzliche Pest des Jahres 1630, welche
durch Manzonis meisterhafte Schilderung bekannt ist (?rvmL8si sxosi); das
Veltlin. welches vorher 150,000 Einwohner gezählt hatte, ward aus etwa
40.000 reducirt.
Wol wich nun endlich die Seuche; aber während das übrige Italien im
Ganzen von den Leiden des dreißigjährigen Krieges verschont blieb, ward
um die für Spanien und Oestreich unentbehrlichen Pässe des Veltlin noch
jahrelang gekämpft. Endlich gelang es 1637 den Spaniern, die bisher mit
Frankreich verbündeten Graubündtner auf ihre Seite zu ziehn; das Veltlin
war der Preis der Einigung. Jetzt wurden mit gemeinsamen Kräften die
Franzosen unter dem Herzog von Rohan aus dem Thal vertrieben, grau-
bündtnerische Truppen rückten in die von ihnen verlassenen Plätze ein. Im
September 1639 unterhandelten in Mailand bündnerische Gesandte mit dem
Gouverneur Legcmes über das Schicksal des schwer heimgesuchten Ländchens
an der Adda; nur der Form nach lud man Abgeordnete aus diesem selbst
zu den Verhandlungen, nach ihrer Meinung wurde nicht gefragt. Nach den
wechselnden Leiden und Hoffnungen mancher Jahre war das Ende, daß das
Veltlin von dem katholischen König den ketzerischen Bündnern als unterthä-
' "ige Provinz zurückgegeben wurde, nicht ohne daß vorher zur Beruhigung
zarterer Gewissen der Bischof von Como und eine Congregation spanischer
Theologen das Gutachten hatte abgeben müssen, daß die katholische Religion
In diesen Jahren erschien eine Schrift: „Filippiche", die dem Alessandro Tassoni zu-
S^schrieben wird, und in welcher neben Klagen über die langsame und ängstliche Politik der
Päpste, Tvscanas und Venedigs, wodurch eigentlich erst Spanien zu der jetzigen unerträglichen
Uebermacht gekommen sei, sich die merkwürdige Aufforderung findet, daß alle italienischen
vurstcn dem Herzog von Savoyen die Hand reichen sollen, „der, wie es dort heißt, allein
""es nicht verweichlicht (oSswiiiA.to) ist von dieser ebenso künstlichen als langen Ruhe, der
^'in ein vom Wolf gebissenes Füllen durch das Leiden nur noch muthiger geworden ist."
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |