Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.pariser Rsvel-itians so etwas vorauszusetzen. Dieser Umstand allein würde vielleicht In der Lage der feindlichen Mächte ist keine Aenderung eingetreten; die Schmä¬ In den deutschen Zuständen ist auch noch vieles unsicher. Daß die Entlassung Die Session unseres Landtages geht allmälig zu Ende, man folgt diesem Ende pariser Rsvel-itians so etwas vorauszusetzen. Dieser Umstand allein würde vielleicht In der Lage der feindlichen Mächte ist keine Aenderung eingetreten; die Schmä¬ In den deutschen Zuständen ist auch noch vieles unsicher. Daß die Entlassung Die Session unseres Landtages geht allmälig zu Ende, man folgt diesem Ende <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107135"/> <p xml:id="ID_233" prev="#ID_232"> pariser Rsvel-itians so etwas vorauszusetzen. Dieser Umstand allein würde vielleicht<lb/> hinreichen, die Verhandlungen des Kongresses völlig wirkungslos zu machen. — Die<lb/> Sache hat aber noch eine andere Seite, und wir müssen daraus zurückkommen, was<lb/> wir vor beinahe zwei Jahren bei dem Sturz Lord Palmerstous gesagt haben. —-<lb/> Es war bisher — nicht Gesetz, aber Brauch — in England, daß die Regierung<lb/> durch die Majorität des Unterhauses bestimmt, mit andern Worten, ernannt und<lb/> abgesetzt wurde. Dieser Brauch setzte voraus, daß-die Majorität einige Konsistenz habe,<lb/> denn alle Vierteljahr mit der Negierung zu wechseln, ist nicht möglich. Die Kon¬<lb/> sistenz lag in dem Bestehn zweier mächtiger Parteien, denen sich die unabhängigen<lb/> Mitglieder — an Zahl für sich ganz unbedeutend — anschließen mußten; verlor<lb/> der Führer der einen Partei die Majorität, so hatte sie unmittelbar der Führer der<lb/> andern. — Jetzt ist die Sachlage anders. Die Stärke der organisirten Parteien ist<lb/> bedeutend geschwächt, die Zahl der unabhängigen Mitglieder unendlich gewachsen;<lb/> und welchem von den Parteiführern diese letzteren, in deren Händen der Ausschlag<lb/> liegt, den Vorzug geben, sällt außer aller Berechnung. — Bei so bewandten Um¬<lb/> ständen haben wir damals behauptet und wiederholen die Behauptung: daß der<lb/> (durch kein positives Gesetz sanctionirte) Brauch, daß die Minister einer feindseligen<lb/> Majorität gegenüber abdanken müssen, einer sehr bedenklichen Probe entgegengeht;<lb/> daß er bereits gefährdet sein würde, wenn nicht glücklicherweise eine der Verfassung<lb/> treu ergebene.Königin regierte; und daß er, bei Wiederholung solcher Fälle, wie der<lb/> jetzige und der vor zwei Jahren, durch die einfache Logik der Thatsachen beseitigt<lb/> wird. — Vielleicht hätte es schon damals Lord Palmerston versucht, wenn er nicht<lb/> auch mit dem Hof zerfallen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_234"> In der Lage der feindlichen Mächte ist keine Aenderung eingetreten; die Schmä¬<lb/> hungen zwischen Oestreich und Sardinien dauern fort; was die beiden Theile wol¬<lb/> len , ist ebenso unklar als früher. — Wenn Oestreich sich der Aufnahme Sardiniens<lb/> in den Rath der Großmächte widersetzt, so ist es vollständig in seinem Recht; wenn<lb/> es seine Betheiligung am Kongreß von der vorhergehenden Entwaffnung Sardiniens<lb/> abhängig macht, so ist diese exorbitante Forderung kaum ernst gemeint; denn bei<lb/> dem Machtverhältniß der beiden sich entgegenstehenden Staaten hieße das nichts an¬<lb/> ders, als sich der Discretion des übermächtigen Gegners Preis geben, was man<lb/> doch erst infolge entscheidender Siege erlangen kann. Freilich hat Sardinien die<lb/> östreichischen Rüstungen provocirt; aber die Bewaffnung Sardiniens ist doch nur<lb/> eine Folge der letzteren.</p><lb/> <p xml:id="ID_235"> In den deutschen Zuständen ist auch noch vieles unsicher. Daß die Entlassung<lb/> des Herrn v. d. Pfordten angenommen wird, ist jetzt, nach dem unerhörten De¬<lb/> menti in Bezug aus die an holsteinische Abgeordnete gerichteten Aeußerungen wahr-<lb/> sclieinlichcr als früher; aber damit ist für das, was uns das Wichtigste sein muß,<lb/> noch wenig gewonnen, so lange die Erklärung der bisherigen Opposition in Kraft<lb/> bleibt, sie sei mit der auswärtigen (d. h. deutschen) Politik dieses Ministers völlig<lb/> einverstanden. — In Hamburg hat der Senat .es für angemessen erachtet, die Bür¬<lb/> gerschaft durch weitgehende Maßregeln zu reizen; er hat sich sogar an den Bundes¬<lb/> tag gewandt; und so würde die gerühmte deutsche Einigkeit an vielen Orten noch<lb/> die Probe zu bestehen haben. Leider auch bei uus.</p><lb/> <p xml:id="ID_236" next="#ID_237"> Die Session unseres Landtages geht allmälig zu Ende, man folgt diesem Ende</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0088]
pariser Rsvel-itians so etwas vorauszusetzen. Dieser Umstand allein würde vielleicht
hinreichen, die Verhandlungen des Kongresses völlig wirkungslos zu machen. — Die
Sache hat aber noch eine andere Seite, und wir müssen daraus zurückkommen, was
wir vor beinahe zwei Jahren bei dem Sturz Lord Palmerstous gesagt haben. —-
Es war bisher — nicht Gesetz, aber Brauch — in England, daß die Regierung
durch die Majorität des Unterhauses bestimmt, mit andern Worten, ernannt und
abgesetzt wurde. Dieser Brauch setzte voraus, daß-die Majorität einige Konsistenz habe,
denn alle Vierteljahr mit der Negierung zu wechseln, ist nicht möglich. Die Kon¬
sistenz lag in dem Bestehn zweier mächtiger Parteien, denen sich die unabhängigen
Mitglieder — an Zahl für sich ganz unbedeutend — anschließen mußten; verlor
der Führer der einen Partei die Majorität, so hatte sie unmittelbar der Führer der
andern. — Jetzt ist die Sachlage anders. Die Stärke der organisirten Parteien ist
bedeutend geschwächt, die Zahl der unabhängigen Mitglieder unendlich gewachsen;
und welchem von den Parteiführern diese letzteren, in deren Händen der Ausschlag
liegt, den Vorzug geben, sällt außer aller Berechnung. — Bei so bewandten Um¬
ständen haben wir damals behauptet und wiederholen die Behauptung: daß der
(durch kein positives Gesetz sanctionirte) Brauch, daß die Minister einer feindseligen
Majorität gegenüber abdanken müssen, einer sehr bedenklichen Probe entgegengeht;
daß er bereits gefährdet sein würde, wenn nicht glücklicherweise eine der Verfassung
treu ergebene.Königin regierte; und daß er, bei Wiederholung solcher Fälle, wie der
jetzige und der vor zwei Jahren, durch die einfache Logik der Thatsachen beseitigt
wird. — Vielleicht hätte es schon damals Lord Palmerston versucht, wenn er nicht
auch mit dem Hof zerfallen wäre.
In der Lage der feindlichen Mächte ist keine Aenderung eingetreten; die Schmä¬
hungen zwischen Oestreich und Sardinien dauern fort; was die beiden Theile wol¬
len , ist ebenso unklar als früher. — Wenn Oestreich sich der Aufnahme Sardiniens
in den Rath der Großmächte widersetzt, so ist es vollständig in seinem Recht; wenn
es seine Betheiligung am Kongreß von der vorhergehenden Entwaffnung Sardiniens
abhängig macht, so ist diese exorbitante Forderung kaum ernst gemeint; denn bei
dem Machtverhältniß der beiden sich entgegenstehenden Staaten hieße das nichts an¬
ders, als sich der Discretion des übermächtigen Gegners Preis geben, was man
doch erst infolge entscheidender Siege erlangen kann. Freilich hat Sardinien die
östreichischen Rüstungen provocirt; aber die Bewaffnung Sardiniens ist doch nur
eine Folge der letzteren.
In den deutschen Zuständen ist auch noch vieles unsicher. Daß die Entlassung
des Herrn v. d. Pfordten angenommen wird, ist jetzt, nach dem unerhörten De¬
menti in Bezug aus die an holsteinische Abgeordnete gerichteten Aeußerungen wahr-
sclieinlichcr als früher; aber damit ist für das, was uns das Wichtigste sein muß,
noch wenig gewonnen, so lange die Erklärung der bisherigen Opposition in Kraft
bleibt, sie sei mit der auswärtigen (d. h. deutschen) Politik dieses Ministers völlig
einverstanden. — In Hamburg hat der Senat .es für angemessen erachtet, die Bür¬
gerschaft durch weitgehende Maßregeln zu reizen; er hat sich sogar an den Bundes¬
tag gewandt; und so würde die gerühmte deutsche Einigkeit an vielen Orten noch
die Probe zu bestehen haben. Leider auch bei uus.
Die Session unseres Landtages geht allmälig zu Ende, man folgt diesem Ende
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