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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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ist Papier; es wird in großer Menge vorzüglich aus der Rinde des Maulbeer¬
baums bereitet, und nicht nur zum Schreiben gebraucht, sondern auch zu Ta¬
peten, Taschentüchern, Servietten, zum Einpacken von Waaren und namentlich
zu Kleidern verwendet, indem es die Stelle von Kattun oder Musselin vertritt,
von deren Anfertigung man in Japan nur wenig zu verstehen scheint. Durch
Einreiben mit einem vegetabilischen Oel wird dieses Papier so vollkommen
wasserdicht gemacht, daß man es zu Regenschirmen und Regenmänteln benutzen
kann. "Ich benutzte," erzählt Heine einer englischen Quelle nach, "einen
solchen Regenmantel bei stetem Bootsdienst mehre Monate lang, wo er mir
vortreffliche Dienste leistete, und als ich ihn zuletzt einem Freunde in San Fran¬
cisco schenkte, war er noch ebenso wasserdicht. Obgleich die japanische Seide
von geringer Güte ist, so werden doch brauchbare Stoffe daraus gewebt.
"Sehr reiche und wundervolle, häusig mit Gold und Silber durchwirkte Stoffe
werden schöner als in China aus chinesischer Seide angefertigt, wie man sagt,
von unglücklichen Edelleuten, welche auf eine einsame Insel verbannt und ge¬
nöthigt sind, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten. Die Ausfuhr dieser vor¬
züglichen Gattung von Seidenzeugen ist nicht gestattet." Das Porzellan
Japans ist dem chinesischen ähnlich, doch soll es Porzellan von ausgezeichneter
Feinheit und Schönheit geben, und die Teller und Tassen, womit der Kaiser
in den letzten Jahren den Europäern Geschenke machte, übertrafen alles, was
diese bis dahin gesehen hatten. Glas wird in Japan nicht gefertigt, Leder
ist sehr wenig im Gebrauch, da alles sich der Neisstrohsandalen bedient.

Endlich muß als die Krone der japanesischen Industrie die große Menge
der schönen Metallwaaren genannt werden, welche der Gewerbfleiß seiner Be¬
wohner hervorbringt. "Sie werden in den verschiedenen Metallen, namentlich
in Kupfer, Gold und Silber und einer Mischung von Gold und Kupfer (von
den Japanesen sowas genannt), die sie schwarz und blau zu färben verstehen,
sehr hübsch und kunstreich gearbeitet; ganz vorzüglich verstehen sie aber das
Eisen zu bearbeiten. In der Bereitung und Bearbeitung des Stahls sind
sie vollkommen Meister; neben ihrer Geschicklichkeit hierfür besitzen sie ohne
Zweifel ein sehr werthvolles Geheimniß für die Kunst, den Stahl zu Härten.
Ihre Schwerter liefern den Beweis für die Vorzüglichkeit ihres Stahls und
ihrer Arbeit. "Es wird." sagt Lühdorf, als eine notorische Thatsache be¬
hauptet, daß ein gutes japanesisches Schwert einen menschlichen Körper auf
einen Schlag spalten könne, und ich für meine Person habe keinen Grund,
dies zu bezweifeln."

Wenn aus dem Gesagten hervorgeht, daß der deutsche Handel und Ge¬
werbfleiß auch in China und Japan Interessen hat, so ist nicht schwer, zu
zeigen, daß die deutsche Macht, welche in gewissem Sinne die Erbschaft der
deutschen Flotte angetreten hat, und welche an der Spitze des Zollvereins


ist Papier; es wird in großer Menge vorzüglich aus der Rinde des Maulbeer¬
baums bereitet, und nicht nur zum Schreiben gebraucht, sondern auch zu Ta¬
peten, Taschentüchern, Servietten, zum Einpacken von Waaren und namentlich
zu Kleidern verwendet, indem es die Stelle von Kattun oder Musselin vertritt,
von deren Anfertigung man in Japan nur wenig zu verstehen scheint. Durch
Einreiben mit einem vegetabilischen Oel wird dieses Papier so vollkommen
wasserdicht gemacht, daß man es zu Regenschirmen und Regenmänteln benutzen
kann. „Ich benutzte," erzählt Heine einer englischen Quelle nach, „einen
solchen Regenmantel bei stetem Bootsdienst mehre Monate lang, wo er mir
vortreffliche Dienste leistete, und als ich ihn zuletzt einem Freunde in San Fran¬
cisco schenkte, war er noch ebenso wasserdicht. Obgleich die japanische Seide
von geringer Güte ist, so werden doch brauchbare Stoffe daraus gewebt.
„Sehr reiche und wundervolle, häusig mit Gold und Silber durchwirkte Stoffe
werden schöner als in China aus chinesischer Seide angefertigt, wie man sagt,
von unglücklichen Edelleuten, welche auf eine einsame Insel verbannt und ge¬
nöthigt sind, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten. Die Ausfuhr dieser vor¬
züglichen Gattung von Seidenzeugen ist nicht gestattet." Das Porzellan
Japans ist dem chinesischen ähnlich, doch soll es Porzellan von ausgezeichneter
Feinheit und Schönheit geben, und die Teller und Tassen, womit der Kaiser
in den letzten Jahren den Europäern Geschenke machte, übertrafen alles, was
diese bis dahin gesehen hatten. Glas wird in Japan nicht gefertigt, Leder
ist sehr wenig im Gebrauch, da alles sich der Neisstrohsandalen bedient.

Endlich muß als die Krone der japanesischen Industrie die große Menge
der schönen Metallwaaren genannt werden, welche der Gewerbfleiß seiner Be¬
wohner hervorbringt. „Sie werden in den verschiedenen Metallen, namentlich
in Kupfer, Gold und Silber und einer Mischung von Gold und Kupfer (von
den Japanesen sowas genannt), die sie schwarz und blau zu färben verstehen,
sehr hübsch und kunstreich gearbeitet; ganz vorzüglich verstehen sie aber das
Eisen zu bearbeiten. In der Bereitung und Bearbeitung des Stahls sind
sie vollkommen Meister; neben ihrer Geschicklichkeit hierfür besitzen sie ohne
Zweifel ein sehr werthvolles Geheimniß für die Kunst, den Stahl zu Härten.
Ihre Schwerter liefern den Beweis für die Vorzüglichkeit ihres Stahls und
ihrer Arbeit. „Es wird." sagt Lühdorf, als eine notorische Thatsache be¬
hauptet, daß ein gutes japanesisches Schwert einen menschlichen Körper auf
einen Schlag spalten könne, und ich für meine Person habe keinen Grund,
dies zu bezweifeln."

Wenn aus dem Gesagten hervorgeht, daß der deutsche Handel und Ge¬
werbfleiß auch in China und Japan Interessen hat, so ist nicht schwer, zu
zeigen, daß die deutsche Macht, welche in gewissem Sinne die Erbschaft der
deutschen Flotte angetreten hat, und welche an der Spitze des Zollvereins


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/68>, abgerufen am 22.12.2024.