Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.den Oestreichern in Ungarn, Galizien und Dalmatien eine furchtbare Diversion zu Der Angriffskrieg Deutschlands am Rhein würde bei den Franzosen eine starke So stehn die Sachen. --> Oestreich ist in einer sehr precären Lage, und, nach Zu den Vorzügen der preußischen Wehrverfassung rechnete man Bis jetzt hat man es in der preußischen Geschichte seit 1815 immer rühmend Das Beispiel von 1812--13 ist doch recht ungeschickt gewählt. Damals stürzte Die Landwehr wird in jedem Krieg ihrem Kriegsherrn jenen Gehorsam zeigen, den Oestreichern in Ungarn, Galizien und Dalmatien eine furchtbare Diversion zu Der Angriffskrieg Deutschlands am Rhein würde bei den Franzosen eine starke So stehn die Sachen. —> Oestreich ist in einer sehr precären Lage, und, nach Zu den Vorzügen der preußischen Wehrverfassung rechnete man Bis jetzt hat man es in der preußischen Geschichte seit 1815 immer rühmend Das Beispiel von 1812—13 ist doch recht ungeschickt gewählt. Damals stürzte Die Landwehr wird in jedem Krieg ihrem Kriegsherrn jenen Gehorsam zeigen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0527" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107574"/> <p xml:id="ID_1705" prev="#ID_1704"> den Oestreichern in Ungarn, Galizien und Dalmatien eine furchtbare Diversion zu<lb/> machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1706"> Der Angriffskrieg Deutschlands am Rhein würde bei den Franzosen eine starke<lb/> Erhebung hervorrufen, die einen schleunigen Einzug in Paris unwahrscheinlich<lb/> macht.---</p><lb/> <p xml:id="ID_1707"> So stehn die Sachen. —> Oestreich ist in einer sehr precären Lage, und, nach<lb/> der Mobilisirung, Preußen nicht minder. — Die Ausgabe des letztem Staats scheint<lb/> uns nun, die Sache rasch zur Entscheidung zu bringen. — Es war (so weit un¬<lb/> sere Kenntniß der Sachlage uns ein Urtheil erlaubt) ein Fehler, zu mobilisiren vor<lb/> dem Abschluß mit Oestreich und dem Bund. — Dieser Fehler kann zum Guten ge¬<lb/> wandt werden. Die Armee wird der Anforderung Preußens einen großen Nachdruck<lb/> geben ; und Oestreich ist, obgleich es sich dagegen sträubt, in der Lage, Prcnficns<lb/> Hilfe um jeden Preis zu erkaufen. — Wenn nur Preußen gelernt hat, deutsch zu<lb/> reden; die Sache selbst ist so klar, daß sie nur deutlich und zusammenhangend dar¬<lb/><note type="byline"> 1 1'</note> gestellt zu werden braucht, um völlig verstanden zu werden. — </p><lb/> <p xml:id="ID_1708"> Zu den Vorzügen der preußischen Wehrverfassung rechnete man<lb/> früher, daß sie eine sichere Bürgschaft sei, die Regierung werde keinen andern Krieg<lb/> unternehmen als einen Populären. Und was damit unmittelbar zusammenhängt-<lb/> Preußen werde überhaupt Bedenken tragen, sich in Streitfragen einzulassen,<lb/> die es nichts angehn. — In den Jahren 1763—86 war Preußen allerdings genö¬<lb/> thigt, jede Bewegung des Auslandes aufmerksam und mißtrauisch zu betrachte»,<lb/> und stets gerüstet zu sein, weil es die Rache gegen sich wach wußte. — Nach dem<lb/> Tode des großen Königs setzte man das aus Gewohnheit eine gute Weile fort, und<lb/> brachte den Staat dadurch in eine ziemlich unbequeme Situation, der man sich endlich<lb/> durch die faul? Neutralität von 1795 entzog.</p><lb/> <p xml:id="ID_1709"> Bis jetzt hat man es in der preußischen Geschichte seit 1815 immer rühmend<lb/> erwähnt, daß Preußen jeden Krieg vermieden habe; der innere Fortschritt des Lan¬<lb/> des in dieser Zeit ist unberechenbar. Jetzt ist der militärische Sinn — auf<lb/> dessen bevorstehende Blüte wir mit Schauder blicken — schon so weit entwickelt,<lb/> daß man Preußen gewissermaßen verpflichtet glaubt, sich an allen Händeln Europas<lb/> zu betheiligen, um seine Existenz geltend zu machen; daß man dem Bürgerstand, falls<lb/> er nicht derselben Ansicht ist, die Befähigung zum Antheil an der Staatslcitung<lb/> bezweifelt und ihn auf das Beispiel der feudalen Partei verweist. Und das geschieht<lb/> von Organen der „Volkspartei". Was wird erst geschehn, wenn der militärische<lb/> Geist durch lange Uebung genährt worden ist! Wir glaubten, die bürgerlichen<lb/> Gewohnheiten hätten grade das Bürgerthum auf die Stelle gehoben, die das mili¬<lb/> tärische Junkcrthum nicht behaupten konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1710"> Das Beispiel von 1812—13 ist doch recht ungeschickt gewählt. Damals stürzte<lb/> das Volk zu den Waffen, es trieb die Regierung mit sich sort, es brachte seine<lb/> Ops?r We Jubel, mit Entzücken; es wußte ja,, was es galt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1711" next="#ID_1712"> Die Landwehr wird in jedem Krieg ihrem Kriegsherrn jenen Gehorsam zeigen,<lb/> welcher, die Grundlage des preußischen Staatslebens ist — gegen Rußland, gegen<lb/> Frankreich, gegen wen es sei. — Aber wenn es sich darum handelt, Italien den<lb/> Oestreichern zu unterwerfen, wird dieser Gehorsam wenigstens nicht von einem so</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0527]
den Oestreichern in Ungarn, Galizien und Dalmatien eine furchtbare Diversion zu
machen.
Der Angriffskrieg Deutschlands am Rhein würde bei den Franzosen eine starke
Erhebung hervorrufen, die einen schleunigen Einzug in Paris unwahrscheinlich
macht.---
So stehn die Sachen. —> Oestreich ist in einer sehr precären Lage, und, nach
der Mobilisirung, Preußen nicht minder. — Die Ausgabe des letztem Staats scheint
uns nun, die Sache rasch zur Entscheidung zu bringen. — Es war (so weit un¬
sere Kenntniß der Sachlage uns ein Urtheil erlaubt) ein Fehler, zu mobilisiren vor
dem Abschluß mit Oestreich und dem Bund. — Dieser Fehler kann zum Guten ge¬
wandt werden. Die Armee wird der Anforderung Preußens einen großen Nachdruck
geben ; und Oestreich ist, obgleich es sich dagegen sträubt, in der Lage, Prcnficns
Hilfe um jeden Preis zu erkaufen. — Wenn nur Preußen gelernt hat, deutsch zu
reden; die Sache selbst ist so klar, daß sie nur deutlich und zusammenhangend dar¬
1 1' gestellt zu werden braucht, um völlig verstanden zu werden. —
Zu den Vorzügen der preußischen Wehrverfassung rechnete man
früher, daß sie eine sichere Bürgschaft sei, die Regierung werde keinen andern Krieg
unternehmen als einen Populären. Und was damit unmittelbar zusammenhängt-
Preußen werde überhaupt Bedenken tragen, sich in Streitfragen einzulassen,
die es nichts angehn. — In den Jahren 1763—86 war Preußen allerdings genö¬
thigt, jede Bewegung des Auslandes aufmerksam und mißtrauisch zu betrachte»,
und stets gerüstet zu sein, weil es die Rache gegen sich wach wußte. — Nach dem
Tode des großen Königs setzte man das aus Gewohnheit eine gute Weile fort, und
brachte den Staat dadurch in eine ziemlich unbequeme Situation, der man sich endlich
durch die faul? Neutralität von 1795 entzog.
Bis jetzt hat man es in der preußischen Geschichte seit 1815 immer rühmend
erwähnt, daß Preußen jeden Krieg vermieden habe; der innere Fortschritt des Lan¬
des in dieser Zeit ist unberechenbar. Jetzt ist der militärische Sinn — auf
dessen bevorstehende Blüte wir mit Schauder blicken — schon so weit entwickelt,
daß man Preußen gewissermaßen verpflichtet glaubt, sich an allen Händeln Europas
zu betheiligen, um seine Existenz geltend zu machen; daß man dem Bürgerstand, falls
er nicht derselben Ansicht ist, die Befähigung zum Antheil an der Staatslcitung
bezweifelt und ihn auf das Beispiel der feudalen Partei verweist. Und das geschieht
von Organen der „Volkspartei". Was wird erst geschehn, wenn der militärische
Geist durch lange Uebung genährt worden ist! Wir glaubten, die bürgerlichen
Gewohnheiten hätten grade das Bürgerthum auf die Stelle gehoben, die das mili¬
tärische Junkcrthum nicht behaupten konnte.
Das Beispiel von 1812—13 ist doch recht ungeschickt gewählt. Damals stürzte
das Volk zu den Waffen, es trieb die Regierung mit sich sort, es brachte seine
Ops?r We Jubel, mit Entzücken; es wußte ja,, was es galt.
Die Landwehr wird in jedem Krieg ihrem Kriegsherrn jenen Gehorsam zeigen,
welcher, die Grundlage des preußischen Staatslebens ist — gegen Rußland, gegen
Frankreich, gegen wen es sei. — Aber wenn es sich darum handelt, Italien den
Oestreichern zu unterwerfen, wird dieser Gehorsam wenigstens nicht von einem so
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