Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.Sobald ihm die preußische Sommation zugestellt wird, bleiben ihm zwei Wege Der erste Weg hätte manche Vortheile. Wie wir schon im vorigen Hast be¬ Aber die andere Seite hat auch ihre Vortheile. Bisher war die östreichische Hier wäre nun von Wichtigkeit zu wissen, wie weit --salls die Sache über¬ Rußland hat in der bekannten Circularnote die Einmischung Deutschlands in Sobald ihm die preußische Sommation zugestellt wird, bleiben ihm zwei Wege Der erste Weg hätte manche Vortheile. Wie wir schon im vorigen Hast be¬ Aber die andere Seite hat auch ihre Vortheile. Bisher war die östreichische Hier wäre nun von Wichtigkeit zu wissen, wie weit —salls die Sache über¬ Rußland hat in der bekannten Circularnote die Einmischung Deutschlands in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107573"/> <p xml:id="ID_1700"> Sobald ihm die preußische Sommation zugestellt wird, bleiben ihm zwei Wege<lb/> übrig. Entweder sucht er Preußen so lange als möglich hinzuhalten, oder er gibt<lb/> schnell entschlossen die Idee der Localisirung auf, und beutet die Mittel aus, die ein<lb/> allgemeiner revolutionärer Krieg ihm gewährt. Um zu entscheiden, welches das<lb/> Wahrscheinlichere ist, müßte man seine Beziehungen zu Nußland genauer kennen. Die<lb/> Ablehnung des bolognesischen Pronunciamento deutet darauf hin, daß er noch<lb/> vermeiden möchte, zum Aeußersten zu greifen; daß er Kossuth ins Lager<lb/> kommen läßt, zeigt ebenso deutlich, daß er auch diese Eventualität ernstlich ins<lb/> Auge saßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1701"> Der erste Weg hätte manche Vortheile. Wie wir schon im vorigen Hast be¬<lb/> merkt haben, kommt es ihm jetzt hauptsächlich darauf an, in Italien Soldaten auf-<lb/> zuheben und sie in die Cadres der französischen und piemontesischen Armee einzu¬<lb/> reihen, um dann die Oestreicher hauptsächlich durch diese neugebildete italienische<lb/> Armee, vielleicht durch zwei französische Armeecorps unterstützt, in Schach zu halten,<lb/> und sich mit der Hauptmacht nach dem Rhein zu werfen. >— Dazu gehört einige<lb/> Zeit; aber in der Conscription sind die Franzosen behend genug, und etwas ist<lb/> doch auf den Patriotismus der Italiener zu rechnen. — Die Diplomatie hinzuhal¬<lb/> ten, wird ihm nicht schwer fallen. In der Anforderung Preußens wird nothwendig<lb/> einiges Unbestimmte sein, und wenn wir richtig rechnen, könnte sie der Kaiser —<lb/> pure acceptiren, und die Ablehnung — den Oestreichern überlassen. — Aber wenn<lb/> das auch nicht der Fall ist, so müssen auf die deutschen Bundcsvcrhandlungen, auf<lb/> die Mvbilisirung der „reindeutschen" Bundestruppen u. s. w. immer einige Wo¬<lb/> chen gerechnet werden, wo für die Disciplinirung Italiens viel geschehen kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1702"> Aber die andere Seite hat auch ihre Vortheile. Bisher war die östreichische<lb/> Armee durch die Neutralität des Bundes im Rücken gedeckt und sie konnte über<lb/> Botzen unbegrenzte Verstärkung an sich ziehn. Vielleicht macht Napoleon den Ver¬<lb/> such, durch Ueberschreiten der Bundesgrenzc diele Verbindungslinie abzuschneiden,<lb/> und durch gleichzeitige Einnahme von Venedig — vielleicht von Trieft — die öst¬<lb/> reichische Armee in eine ähnliche Lage zu setzen, wie die von Ulm 1805.</p><lb/> <p xml:id="ID_1703"> Hier wäre nun von Wichtigkeit zu wissen, wie weit —salls die Sache über¬<lb/> haupt möglich wäre — eine Jnsurrection in Ungarn und ein Angriff der Walachen,<lb/> Serben, Montenegriner ze. auf russischen Beistand zu rechnen hätte. — Bei Magcnta<lb/> fiel die Zahl der östreichischen Gefangenen auf, und einzelne Stimmen haben Ueber-<lb/> läufer (Ungarn oder Italiener) vermuthet; wir glauben entschieden nicht daran,<lb/> denn ti^c Sache wäre von so ungeheurer Bedeutung, daß sie von der bonaparti-<lb/> stischen Presse gewiß ausgebeutet sein würde. — Anders wäre es freilich bei einer<lb/> wirklichen Niederlage der östreichischen Armee- ans die ungarischen und italienischen<lb/> Regimenter wäre dann kaum zu zählen, und dieser Umstand wird auf die militä¬<lb/> rische Haltung nicht unwesentlich einwirken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1704" next="#ID_1705"> Rußland hat in der bekannten Circularnote die Einmischung Deutschlands in<lb/> die östreichisch-französischen Händel ziemlich deutlich als einen Fall bezeichnet, der<lb/> seinerseits eine „bewaffnete" Intervention zur Folge haben könnte. Wir glauben<lb/> nicht, daß diese in erster Linie gegen Preußen gerichtet sein würde, man würde die¬<lb/> ses möglichst zu schönen suchen; aber so große Schwächungen die Russen vor fünf<lb/> Jahren erlitten haben mögen — so viel Streitkräfte werden sie noch immer besitzen, UM</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
Sobald ihm die preußische Sommation zugestellt wird, bleiben ihm zwei Wege
übrig. Entweder sucht er Preußen so lange als möglich hinzuhalten, oder er gibt
schnell entschlossen die Idee der Localisirung auf, und beutet die Mittel aus, die ein
allgemeiner revolutionärer Krieg ihm gewährt. Um zu entscheiden, welches das
Wahrscheinlichere ist, müßte man seine Beziehungen zu Nußland genauer kennen. Die
Ablehnung des bolognesischen Pronunciamento deutet darauf hin, daß er noch
vermeiden möchte, zum Aeußersten zu greifen; daß er Kossuth ins Lager
kommen läßt, zeigt ebenso deutlich, daß er auch diese Eventualität ernstlich ins
Auge saßt.
Der erste Weg hätte manche Vortheile. Wie wir schon im vorigen Hast be¬
merkt haben, kommt es ihm jetzt hauptsächlich darauf an, in Italien Soldaten auf-
zuheben und sie in die Cadres der französischen und piemontesischen Armee einzu¬
reihen, um dann die Oestreicher hauptsächlich durch diese neugebildete italienische
Armee, vielleicht durch zwei französische Armeecorps unterstützt, in Schach zu halten,
und sich mit der Hauptmacht nach dem Rhein zu werfen. >— Dazu gehört einige
Zeit; aber in der Conscription sind die Franzosen behend genug, und etwas ist
doch auf den Patriotismus der Italiener zu rechnen. — Die Diplomatie hinzuhal¬
ten, wird ihm nicht schwer fallen. In der Anforderung Preußens wird nothwendig
einiges Unbestimmte sein, und wenn wir richtig rechnen, könnte sie der Kaiser —
pure acceptiren, und die Ablehnung — den Oestreichern überlassen. — Aber wenn
das auch nicht der Fall ist, so müssen auf die deutschen Bundcsvcrhandlungen, auf
die Mvbilisirung der „reindeutschen" Bundestruppen u. s. w. immer einige Wo¬
chen gerechnet werden, wo für die Disciplinirung Italiens viel geschehen kann.
Aber die andere Seite hat auch ihre Vortheile. Bisher war die östreichische
Armee durch die Neutralität des Bundes im Rücken gedeckt und sie konnte über
Botzen unbegrenzte Verstärkung an sich ziehn. Vielleicht macht Napoleon den Ver¬
such, durch Ueberschreiten der Bundesgrenzc diele Verbindungslinie abzuschneiden,
und durch gleichzeitige Einnahme von Venedig — vielleicht von Trieft — die öst¬
reichische Armee in eine ähnliche Lage zu setzen, wie die von Ulm 1805.
Hier wäre nun von Wichtigkeit zu wissen, wie weit —salls die Sache über¬
haupt möglich wäre — eine Jnsurrection in Ungarn und ein Angriff der Walachen,
Serben, Montenegriner ze. auf russischen Beistand zu rechnen hätte. — Bei Magcnta
fiel die Zahl der östreichischen Gefangenen auf, und einzelne Stimmen haben Ueber-
läufer (Ungarn oder Italiener) vermuthet; wir glauben entschieden nicht daran,
denn ti^c Sache wäre von so ungeheurer Bedeutung, daß sie von der bonaparti-
stischen Presse gewiß ausgebeutet sein würde. — Anders wäre es freilich bei einer
wirklichen Niederlage der östreichischen Armee- ans die ungarischen und italienischen
Regimenter wäre dann kaum zu zählen, und dieser Umstand wird auf die militä¬
rische Haltung nicht unwesentlich einwirken.
Rußland hat in der bekannten Circularnote die Einmischung Deutschlands in
die östreichisch-französischen Händel ziemlich deutlich als einen Fall bezeichnet, der
seinerseits eine „bewaffnete" Intervention zur Folge haben könnte. Wir glauben
nicht, daß diese in erster Linie gegen Preußen gerichtet sein würde, man würde die¬
ses möglichst zu schönen suchen; aber so große Schwächungen die Russen vor fünf
Jahren erlitten haben mögen — so viel Streitkräfte werden sie noch immer besitzen, UM
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