Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

des obenerwähnten simbniinischcn Höhenzugs und zwar an dem nämlichen
Berge, ans welchem oben über der heiligen Höhle (saero sxeoo) des Eremiten
das. heutige Kloster San Benedetto oder Sacro S.veco erbaut ist. Er¬
steres Kloster, das wir zu unserm nächsten Aufenthaltsort bestimmt hatten,
kam uns nicht eher in Sicht, als bis unsre Straße die letzte Wendung machte,
um an den von ihr überbrückten Teverone herunterzusteigen. Unweit der
Brücke erhebt sich jenseits der Weg zu der hellgrauen Masse der Klostergebäu-
lichkeiten. Noch eine Viertelstunde und wir standen nach beinahe zwölfstündi-
gem, zwar sehr ermüdendem, aber auch sehr lohnendem Ritt an der Einlaß-
Pforte.

Während wir in. den andern Klöstern, welche wir besuchten, alsbald in die
M Aufnahme der Fremden bestimmten Zimmer geführt worden waren, brachte
man uns in Santa Scolastica zunächst in ein gleich am Eingang gelegnes
Sprechzimmer (Mrl-iwrio). Hier erschien, nachdem der Pförtner mit unsern
Wünschen bekannt gemacht war, der Prior, ein kleiner blonder jugendlicher
Mann mit Brille als Vertreter des Abtes. Sein Benehmen war grade
nicht übermäßig zuvorkommend, er meinte, es seien noch sieben Fremde an-
gemeldet, er hoffe aber doch, daß wir noch Unterkunft finden würden, und
brachte uns hierauf in die Fremdenzimmer (torestieria), von wo er uns bald
zur e<ma abholte. Diese wurde von den Klosterbewohnern und von den Frem¬
den, wie ich es nirgend gesunden hatte, gemeinsam im Refectorium gehalten,
und sie gab nur gleich Gelegenheit zu verstehen, was einer meiner frühern Reise¬
gefährten, ein deutscher Jesuit, damit hatte sagen wollen, ich würde in Suv-
jaco kennen lernen, was echte. Benedictiner seien, und wie deren Regel müsse
gehandhabt werden. Den enorm weiten oblongen Raum desRcfectoriums erhellten
Zwei matte, von der Decke herabhängende Oellamven, ringsum an den Wänden
war etwa sechs Fuß hoch vom Boden braun angestrichenes Holzgetüsel. davor
stand in Hufeisenform eine zusammenhangende weißgedeckte ungeheure Tasel,
und an dieser mit dem Rücken gelehnt. Mönch an Mönch, über hundert an
Zahl, alle in der schwarzen Benedictinertracht und mit dem Gesicht dem Innern
des Rcfectoriums zugewandt. In feierlichster Stille schritten wir. dem Prior
folgend, mitten durch die Länge des Saals, kein Laut ließ sich hören, und
keine Bewegung wahrnehmen, als unsere leisen Schritte; oben hatte der Abt
"der sein Stellvertreter seinen Platz , zu seiner Rechten schlossen sich die Fremden
°n. Zunächst hatten wir uns mit in die Reihe der Klostergenossen vor den
T'sah zu stellen, der Prior stimmte einen lateinischen Benedictionsgesang an,
woran, das ganze Klostcrpcrsvnal sich betheiligte; dann schloß ein Paternoster
und das übliche Kreuzschlagcn die Ceremonie, und man setzte sich an die Tische;
stumm wurden uns vom Prior unsere Plätze angewiesen; während der ganzen
Mahlzeit wurde strenges Silentium, wie es mit großen goldenen Buchstaben


des obenerwähnten simbniinischcn Höhenzugs und zwar an dem nämlichen
Berge, ans welchem oben über der heiligen Höhle (saero sxeoo) des Eremiten
das. heutige Kloster San Benedetto oder Sacro S.veco erbaut ist. Er¬
steres Kloster, das wir zu unserm nächsten Aufenthaltsort bestimmt hatten,
kam uns nicht eher in Sicht, als bis unsre Straße die letzte Wendung machte,
um an den von ihr überbrückten Teverone herunterzusteigen. Unweit der
Brücke erhebt sich jenseits der Weg zu der hellgrauen Masse der Klostergebäu-
lichkeiten. Noch eine Viertelstunde und wir standen nach beinahe zwölfstündi-
gem, zwar sehr ermüdendem, aber auch sehr lohnendem Ritt an der Einlaß-
Pforte.

Während wir in. den andern Klöstern, welche wir besuchten, alsbald in die
M Aufnahme der Fremden bestimmten Zimmer geführt worden waren, brachte
man uns in Santa Scolastica zunächst in ein gleich am Eingang gelegnes
Sprechzimmer (Mrl-iwrio). Hier erschien, nachdem der Pförtner mit unsern
Wünschen bekannt gemacht war, der Prior, ein kleiner blonder jugendlicher
Mann mit Brille als Vertreter des Abtes. Sein Benehmen war grade
nicht übermäßig zuvorkommend, er meinte, es seien noch sieben Fremde an-
gemeldet, er hoffe aber doch, daß wir noch Unterkunft finden würden, und
brachte uns hierauf in die Fremdenzimmer (torestieria), von wo er uns bald
zur e<ma abholte. Diese wurde von den Klosterbewohnern und von den Frem¬
den, wie ich es nirgend gesunden hatte, gemeinsam im Refectorium gehalten,
und sie gab nur gleich Gelegenheit zu verstehen, was einer meiner frühern Reise¬
gefährten, ein deutscher Jesuit, damit hatte sagen wollen, ich würde in Suv-
jaco kennen lernen, was echte. Benedictiner seien, und wie deren Regel müsse
gehandhabt werden. Den enorm weiten oblongen Raum desRcfectoriums erhellten
Zwei matte, von der Decke herabhängende Oellamven, ringsum an den Wänden
war etwa sechs Fuß hoch vom Boden braun angestrichenes Holzgetüsel. davor
stand in Hufeisenform eine zusammenhangende weißgedeckte ungeheure Tasel,
und an dieser mit dem Rücken gelehnt. Mönch an Mönch, über hundert an
Zahl, alle in der schwarzen Benedictinertracht und mit dem Gesicht dem Innern
des Rcfectoriums zugewandt. In feierlichster Stille schritten wir. dem Prior
folgend, mitten durch die Länge des Saals, kein Laut ließ sich hören, und
keine Bewegung wahrnehmen, als unsere leisen Schritte; oben hatte der Abt
"der sein Stellvertreter seinen Platz , zu seiner Rechten schlossen sich die Fremden
°n. Zunächst hatten wir uns mit in die Reihe der Klostergenossen vor den
T'sah zu stellen, der Prior stimmte einen lateinischen Benedictionsgesang an,
woran, das ganze Klostcrpcrsvnal sich betheiligte; dann schloß ein Paternoster
und das übliche Kreuzschlagcn die Ceremonie, und man setzte sich an die Tische;
stumm wurden uns vom Prior unsere Plätze angewiesen; während der ganzen
Mahlzeit wurde strenges Silentium, wie es mit großen goldenen Buchstaben


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0297" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107344"/>
          <p xml:id="ID_873" prev="#ID_872"> des obenerwähnten simbniinischcn Höhenzugs und zwar an dem nämlichen<lb/>
Berge, ans welchem oben über der heiligen Höhle (saero sxeoo) des Eremiten<lb/>
das. heutige Kloster San Benedetto oder Sacro S.veco erbaut ist. Er¬<lb/>
steres Kloster, das wir zu unserm nächsten Aufenthaltsort bestimmt hatten,<lb/>
kam uns nicht eher in Sicht, als bis unsre Straße die letzte Wendung machte,<lb/>
um an den von ihr überbrückten Teverone herunterzusteigen. Unweit der<lb/>
Brücke erhebt sich jenseits der Weg zu der hellgrauen Masse der Klostergebäu-<lb/>
lichkeiten. Noch eine Viertelstunde und wir standen nach beinahe zwölfstündi-<lb/>
gem, zwar sehr ermüdendem, aber auch sehr lohnendem Ritt an der Einlaß-<lb/>
Pforte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_874" next="#ID_875"> Während wir in. den andern Klöstern, welche wir besuchten, alsbald in die<lb/>
M Aufnahme der Fremden bestimmten Zimmer geführt worden waren, brachte<lb/>
man uns in Santa Scolastica zunächst in ein gleich am Eingang gelegnes<lb/>
Sprechzimmer (Mrl-iwrio). Hier erschien, nachdem der Pförtner mit unsern<lb/>
Wünschen bekannt gemacht war, der Prior, ein kleiner blonder jugendlicher<lb/>
Mann mit Brille als Vertreter des Abtes. Sein Benehmen war grade<lb/>
nicht übermäßig zuvorkommend, er meinte, es seien noch sieben Fremde an-<lb/>
gemeldet, er hoffe aber doch, daß wir noch Unterkunft finden würden, und<lb/>
brachte uns hierauf in die Fremdenzimmer (torestieria), von wo er uns bald<lb/>
zur e&lt;ma abholte. Diese wurde von den Klosterbewohnern und von den Frem¬<lb/>
den, wie ich es nirgend gesunden hatte, gemeinsam im Refectorium gehalten,<lb/>
und sie gab nur gleich Gelegenheit zu verstehen, was einer meiner frühern Reise¬<lb/>
gefährten, ein deutscher Jesuit, damit hatte sagen wollen, ich würde in Suv-<lb/>
jaco kennen lernen, was echte. Benedictiner seien, und wie deren Regel müsse<lb/>
gehandhabt werden. Den enorm weiten oblongen Raum desRcfectoriums erhellten<lb/>
Zwei matte, von der Decke herabhängende Oellamven, ringsum an den Wänden<lb/>
war etwa sechs Fuß hoch vom Boden braun angestrichenes Holzgetüsel. davor<lb/>
stand in Hufeisenform eine zusammenhangende weißgedeckte ungeheure Tasel,<lb/>
und an dieser mit dem Rücken gelehnt. Mönch an Mönch, über hundert an<lb/>
Zahl, alle in der schwarzen Benedictinertracht und mit dem Gesicht dem Innern<lb/>
des Rcfectoriums zugewandt. In feierlichster Stille schritten wir. dem Prior<lb/>
folgend, mitten durch die Länge des Saals, kein Laut ließ sich hören, und<lb/>
keine Bewegung wahrnehmen, als unsere leisen Schritte; oben hatte der Abt<lb/>
"der sein Stellvertreter seinen Platz , zu seiner Rechten schlossen sich die Fremden<lb/>
°n. Zunächst hatten wir uns mit in die Reihe der Klostergenossen vor den<lb/>
T'sah zu stellen, der Prior stimmte einen lateinischen Benedictionsgesang an,<lb/>
woran, das ganze Klostcrpcrsvnal sich betheiligte; dann schloß ein Paternoster<lb/>
und das übliche Kreuzschlagcn die Ceremonie, und man setzte sich an die Tische;<lb/>
stumm wurden uns vom Prior unsere Plätze angewiesen; während der ganzen<lb/>
Mahlzeit wurde strenges Silentium, wie es mit großen goldenen Buchstaben</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0297] des obenerwähnten simbniinischcn Höhenzugs und zwar an dem nämlichen Berge, ans welchem oben über der heiligen Höhle (saero sxeoo) des Eremiten das. heutige Kloster San Benedetto oder Sacro S.veco erbaut ist. Er¬ steres Kloster, das wir zu unserm nächsten Aufenthaltsort bestimmt hatten, kam uns nicht eher in Sicht, als bis unsre Straße die letzte Wendung machte, um an den von ihr überbrückten Teverone herunterzusteigen. Unweit der Brücke erhebt sich jenseits der Weg zu der hellgrauen Masse der Klostergebäu- lichkeiten. Noch eine Viertelstunde und wir standen nach beinahe zwölfstündi- gem, zwar sehr ermüdendem, aber auch sehr lohnendem Ritt an der Einlaß- Pforte. Während wir in. den andern Klöstern, welche wir besuchten, alsbald in die M Aufnahme der Fremden bestimmten Zimmer geführt worden waren, brachte man uns in Santa Scolastica zunächst in ein gleich am Eingang gelegnes Sprechzimmer (Mrl-iwrio). Hier erschien, nachdem der Pförtner mit unsern Wünschen bekannt gemacht war, der Prior, ein kleiner blonder jugendlicher Mann mit Brille als Vertreter des Abtes. Sein Benehmen war grade nicht übermäßig zuvorkommend, er meinte, es seien noch sieben Fremde an- gemeldet, er hoffe aber doch, daß wir noch Unterkunft finden würden, und brachte uns hierauf in die Fremdenzimmer (torestieria), von wo er uns bald zur e<ma abholte. Diese wurde von den Klosterbewohnern und von den Frem¬ den, wie ich es nirgend gesunden hatte, gemeinsam im Refectorium gehalten, und sie gab nur gleich Gelegenheit zu verstehen, was einer meiner frühern Reise¬ gefährten, ein deutscher Jesuit, damit hatte sagen wollen, ich würde in Suv- jaco kennen lernen, was echte. Benedictiner seien, und wie deren Regel müsse gehandhabt werden. Den enorm weiten oblongen Raum desRcfectoriums erhellten Zwei matte, von der Decke herabhängende Oellamven, ringsum an den Wänden war etwa sechs Fuß hoch vom Boden braun angestrichenes Holzgetüsel. davor stand in Hufeisenform eine zusammenhangende weißgedeckte ungeheure Tasel, und an dieser mit dem Rücken gelehnt. Mönch an Mönch, über hundert an Zahl, alle in der schwarzen Benedictinertracht und mit dem Gesicht dem Innern des Rcfectoriums zugewandt. In feierlichster Stille schritten wir. dem Prior folgend, mitten durch die Länge des Saals, kein Laut ließ sich hören, und keine Bewegung wahrnehmen, als unsere leisen Schritte; oben hatte der Abt "der sein Stellvertreter seinen Platz , zu seiner Rechten schlossen sich die Fremden °n. Zunächst hatten wir uns mit in die Reihe der Klostergenossen vor den T'sah zu stellen, der Prior stimmte einen lateinischen Benedictionsgesang an, woran, das ganze Klostcrpcrsvnal sich betheiligte; dann schloß ein Paternoster und das übliche Kreuzschlagcn die Ceremonie, und man setzte sich an die Tische; stumm wurden uns vom Prior unsere Plätze angewiesen; während der ganzen Mahlzeit wurde strenges Silentium, wie es mit großen goldenen Buchstaben

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/297
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/297>, abgerufen am 22.12.2024.