Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.befreundeten Zeitschriften sich als Deutschlands größten Dichter feiern zu las¬ Die Kritik dieses Bandes im vorigen Jahrgang unserer Zeitschrift be¬ Um nun jene Scene deutlich zu machen, rufen wir folgende Umstände ins befreundeten Zeitschriften sich als Deutschlands größten Dichter feiern zu las¬ Die Kritik dieses Bandes im vorigen Jahrgang unserer Zeitschrift be¬ Um nun jene Scene deutlich zu machen, rufen wir folgende Umstände ins <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107325"/> <p xml:id="ID_795" prev="#ID_794"> befreundeten Zeitschriften sich als Deutschlands größten Dichter feiern zu las¬<lb/> sen und seine Kritiker zu schelten, benutzt er jetzt einen vieldeutigen Passus<lb/> des Preßgesetzes, als „Berichtigung" seine Neclamen auch unabhängigen Zeit¬<lb/> schriften zu insinuiren. — Die Grenzboten sind nicht das einzige Blatt, mit<lb/> dem er das versucht. Vielleicht wäre es eine Pflicht gegen die Presse, die<lb/> Art und Weise dieser Reclamenmcmufactur näher aufzudecken, und wir werden<lb/> uns dieser Pflicht vielleicht nicht entziehen dürfen; heute beschränken wir uns<lb/> auf die Abwehr seines Angriffs, d. h. auf den Nachweis, daß die Grenz¬<lb/> boten die Farbe des „Zauberers von Rom" nicht greller als sie wirklich ist,<lb/> sondern noch gemildert wiedergegeben haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_796"> Die Kritik dieses Bandes im vorigen Jahrgang unserer Zeitschrift be¬<lb/> schränkte sich auf ein gedrängtes Nesum6 der hauptsächlichen Thatsachen, die<lb/> nach unserer Ueberzeugung für sich selber sprechen mußten. Um unsere Em¬<lb/> pfindung diesen Thatsachen gegenüber nicht in Zweifel zu lassen, fügten wir<lb/> ein Citat aus Heine hinzu, da dieser Dichter einmal das Privilegium hat,<lb/> manches bestimmt auszusprechen, was man sonst nur andeutet, und da die<lb/> beständigen Citate aus Heine und verwandten Dichtern im Zauberer von<lb/> Rom uns unwillkürlich diese Stelle ins Gedächtniß riefen. Um nun aber<lb/> dem Verlangen des Dichters Genüge zu leisten, sind wir bereit, diese that¬<lb/> sächliche Darstellung durch eine Analyse näher zu begründen. Am einfachsten<lb/> wird es geschehn können, indem wir diejenige Stelle des Romans, auf welche<lb/> sich die im vorigen Heft mitgetheilte „Berichtigung" bezieht, das Trinkgelage<lb/> zwischen Klingsohr und Lucinde, mit den eigenen Worten des Romanschreibers<lb/> dem Leser vorführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_797" next="#ID_798"> Um nun jene Scene deutlich zu machen, rufen wir folgende Umstände ins<lb/> Gedächtniß zurück. Zwei ehemalige Freunde, ein adeliger Kronsyndicus und<lb/> ein bürgerlicher Deichgraf, leben seit längerer Zeit in tödtlicher Fehde; auch<lb/> ihre beiden Söhne, die sich früher sehr liebten, sind dadurch einander entfrem¬<lb/> det. Der Sohn des Kronsyndicus, Jerome, ist halb verrückt und hat sich in<lb/> einem sehr aufgeregten Zustand in ein junges Mädchen Namens Lucinde ver¬<lb/> liebt, die aus verschiedenen Gründen in der Welt vagabundirt; theils um<lb/> seines Sohnes willen, theils weil sie ihm persönlich gefällt, hatte der alte<lb/> liederliche Kronsyndicus sie zu sich auf sein Schloß genommen. Dort lernt<lb/> sie in der Nähe den Dr. Heinrich Klingsohr kennen, den Sohn jenes Deichgrasen,<lb/> nach dem Zeugniß des Dr. Gutzkow, der es doch wissen muß, ein sehr ge¬<lb/> nialer Mensch, nur etwas excentrisch. Sie verabreden ein Zusammentreffen<lb/> auf dem Schloß selbst. An demselben Tage hat der Kronsyndicus den Deich¬<lb/> grafen erstochen, die nähern Umstünde dieses Todschlages haben sich im Lauf<lb/> des Romans noch nicht herausgestellt. Er kommt fürchterlich aufgeregt in<lb/> das Schloß zurück, verbrennt seine Kleider, um die Spuren des Verbrechens</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
befreundeten Zeitschriften sich als Deutschlands größten Dichter feiern zu las¬
sen und seine Kritiker zu schelten, benutzt er jetzt einen vieldeutigen Passus
des Preßgesetzes, als „Berichtigung" seine Neclamen auch unabhängigen Zeit¬
schriften zu insinuiren. — Die Grenzboten sind nicht das einzige Blatt, mit
dem er das versucht. Vielleicht wäre es eine Pflicht gegen die Presse, die
Art und Weise dieser Reclamenmcmufactur näher aufzudecken, und wir werden
uns dieser Pflicht vielleicht nicht entziehen dürfen; heute beschränken wir uns
auf die Abwehr seines Angriffs, d. h. auf den Nachweis, daß die Grenz¬
boten die Farbe des „Zauberers von Rom" nicht greller als sie wirklich ist,
sondern noch gemildert wiedergegeben haben.
Die Kritik dieses Bandes im vorigen Jahrgang unserer Zeitschrift be¬
schränkte sich auf ein gedrängtes Nesum6 der hauptsächlichen Thatsachen, die
nach unserer Ueberzeugung für sich selber sprechen mußten. Um unsere Em¬
pfindung diesen Thatsachen gegenüber nicht in Zweifel zu lassen, fügten wir
ein Citat aus Heine hinzu, da dieser Dichter einmal das Privilegium hat,
manches bestimmt auszusprechen, was man sonst nur andeutet, und da die
beständigen Citate aus Heine und verwandten Dichtern im Zauberer von
Rom uns unwillkürlich diese Stelle ins Gedächtniß riefen. Um nun aber
dem Verlangen des Dichters Genüge zu leisten, sind wir bereit, diese that¬
sächliche Darstellung durch eine Analyse näher zu begründen. Am einfachsten
wird es geschehn können, indem wir diejenige Stelle des Romans, auf welche
sich die im vorigen Heft mitgetheilte „Berichtigung" bezieht, das Trinkgelage
zwischen Klingsohr und Lucinde, mit den eigenen Worten des Romanschreibers
dem Leser vorführen.
Um nun jene Scene deutlich zu machen, rufen wir folgende Umstände ins
Gedächtniß zurück. Zwei ehemalige Freunde, ein adeliger Kronsyndicus und
ein bürgerlicher Deichgraf, leben seit längerer Zeit in tödtlicher Fehde; auch
ihre beiden Söhne, die sich früher sehr liebten, sind dadurch einander entfrem¬
det. Der Sohn des Kronsyndicus, Jerome, ist halb verrückt und hat sich in
einem sehr aufgeregten Zustand in ein junges Mädchen Namens Lucinde ver¬
liebt, die aus verschiedenen Gründen in der Welt vagabundirt; theils um
seines Sohnes willen, theils weil sie ihm persönlich gefällt, hatte der alte
liederliche Kronsyndicus sie zu sich auf sein Schloß genommen. Dort lernt
sie in der Nähe den Dr. Heinrich Klingsohr kennen, den Sohn jenes Deichgrasen,
nach dem Zeugniß des Dr. Gutzkow, der es doch wissen muß, ein sehr ge¬
nialer Mensch, nur etwas excentrisch. Sie verabreden ein Zusammentreffen
auf dem Schloß selbst. An demselben Tage hat der Kronsyndicus den Deich¬
grafen erstochen, die nähern Umstünde dieses Todschlages haben sich im Lauf
des Romans noch nicht herausgestellt. Er kommt fürchterlich aufgeregt in
das Schloß zurück, verbrennt seine Kleider, um die Spuren des Verbrechens
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