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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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seits aber würde, wofern die Annahme des Goldes zu dem bekannt gemach¬
ten Werthe auch im Privatverkehr verbindlich wäre, der jetzige Uebelstand im
Wesentlichen fortbestehen, und beim Herannahen des Termins, wo man zu
einer neuen Stufe der Devalvation hinabsteigt, unleidliche Mißverhältnisse
und Differenzen aller Art vorkommen.

Das angemessenste Auskunftsmittel für Frankreich, um zu einer dringend
nothwendig gewordenen neuen Regulirung seines Münzwesens zu gelangen,
dürfte darin bestehen, dem Vorgange der Bereinigten Staaten zu folgen.
Hiernach würde, ohne den bisherigen geschlichen Silbermünzfuß jetzt schon
förmlich aufzuheben, der durch die Macht der gegebenen Umstände zur allge¬
meinen praktischen Geltung gekommenen Goldwährung auch serner freier
Spielraum gelassen werden und die Negierung sich darauf zu beschränken
haben, unter Einstellung der Ausmünzung von grober Silbermünze nach dem
bisherigen Münzfüße, ein neues Silbergeld von geringerem Gehalt, als eine
Art Scheidemünze zu Zahlungen bis zu einem gewissen Betrage, zu schaffen,
dessen Einschmelzung sich von selbst verbietet.

Zum Schluß noch ein paar Worte über die bei der mit großer Wahr¬
scheinlichkeit eintretenden progressiven Wcrthverringcrung des Goldes und dem-
gcmäßen Wcrthstcigerung des Silbers in Betracht kommenden deutschen Zu¬
stände. Unserer Ansicht nach wäre es eine außerordentliche Wohlthat für
Deutschland gewesen, wenn in Uebereinstimmung mit der ursprünglichen An¬
regung Oestreichs durch die wiener Münzconvention (1853) die Goldwährung
eingeführt und dem Silbergeld, wie in Großbritannien, der Charakter einer
Scheidemünze beigelegt wäre. In der damaligen Zeit, als Frankreich noch
durch seine Doppelwährung und Fülle an Silbermünze die Werthrelation
einstweilen nicht nnter l i lSV- sinken ließ, wodurch also für die Convertirung
der Silbcrvalnta in die Goldvaluta ein fester Anhaltpunkt gegeben war,
ließ sich der Uebergang zur Goldwährung mit verhältnißmäßiger Leichtigkeit
vollziehen, und Deutschland würde den Vortheil erlangt haben, daß es mit
seinem Münzvorrath, so weit derselbe zum Verkehr im Innern und zu den
kleineren, aber in der Gesammtheit wichtigsten täglichen Transactionen ge¬
braucht wird, gegen die störenden Einwirkungen der großen internationalen
Edelmetallströinungcn geschützt worden wäre. Was damals bei der wiener
Münzconvention versäumt worden, wird später einmal deutlich erkannt werden,
allein es ist nun einmal geschehen und der neue Dreißigthalerfuß eine gege¬
bene Thatsache, welcher die Silberwährung neu gekräftigt hat. Welche
Gründe auch immer zu Gunsten der Einführung der Goldwährung noch geltend
gemacht werden möchten, kein Sachverständiger wird sich darüber täuschen,
daß vorläufig eine solche Maßregel schwerlich in ernstliche Erwägung
kommen wird, und daß erst ein nachhaltiger, vielseitiger Druck allgemein


seits aber würde, wofern die Annahme des Goldes zu dem bekannt gemach¬
ten Werthe auch im Privatverkehr verbindlich wäre, der jetzige Uebelstand im
Wesentlichen fortbestehen, und beim Herannahen des Termins, wo man zu
einer neuen Stufe der Devalvation hinabsteigt, unleidliche Mißverhältnisse
und Differenzen aller Art vorkommen.

Das angemessenste Auskunftsmittel für Frankreich, um zu einer dringend
nothwendig gewordenen neuen Regulirung seines Münzwesens zu gelangen,
dürfte darin bestehen, dem Vorgange der Bereinigten Staaten zu folgen.
Hiernach würde, ohne den bisherigen geschlichen Silbermünzfuß jetzt schon
förmlich aufzuheben, der durch die Macht der gegebenen Umstände zur allge¬
meinen praktischen Geltung gekommenen Goldwährung auch serner freier
Spielraum gelassen werden und die Negierung sich darauf zu beschränken
haben, unter Einstellung der Ausmünzung von grober Silbermünze nach dem
bisherigen Münzfüße, ein neues Silbergeld von geringerem Gehalt, als eine
Art Scheidemünze zu Zahlungen bis zu einem gewissen Betrage, zu schaffen,
dessen Einschmelzung sich von selbst verbietet.

Zum Schluß noch ein paar Worte über die bei der mit großer Wahr¬
scheinlichkeit eintretenden progressiven Wcrthverringcrung des Goldes und dem-
gcmäßen Wcrthstcigerung des Silbers in Betracht kommenden deutschen Zu¬
stände. Unserer Ansicht nach wäre es eine außerordentliche Wohlthat für
Deutschland gewesen, wenn in Uebereinstimmung mit der ursprünglichen An¬
regung Oestreichs durch die wiener Münzconvention (1853) die Goldwährung
eingeführt und dem Silbergeld, wie in Großbritannien, der Charakter einer
Scheidemünze beigelegt wäre. In der damaligen Zeit, als Frankreich noch
durch seine Doppelwährung und Fülle an Silbermünze die Werthrelation
einstweilen nicht nnter l i lSV- sinken ließ, wodurch also für die Convertirung
der Silbcrvalnta in die Goldvaluta ein fester Anhaltpunkt gegeben war,
ließ sich der Uebergang zur Goldwährung mit verhältnißmäßiger Leichtigkeit
vollziehen, und Deutschland würde den Vortheil erlangt haben, daß es mit
seinem Münzvorrath, so weit derselbe zum Verkehr im Innern und zu den
kleineren, aber in der Gesammtheit wichtigsten täglichen Transactionen ge¬
braucht wird, gegen die störenden Einwirkungen der großen internationalen
Edelmetallströinungcn geschützt worden wäre. Was damals bei der wiener
Münzconvention versäumt worden, wird später einmal deutlich erkannt werden,
allein es ist nun einmal geschehen und der neue Dreißigthalerfuß eine gege¬
bene Thatsache, welcher die Silberwährung neu gekräftigt hat. Welche
Gründe auch immer zu Gunsten der Einführung der Goldwährung noch geltend
gemacht werden möchten, kein Sachverständiger wird sich darüber täuschen,
daß vorläufig eine solche Maßregel schwerlich in ernstliche Erwägung
kommen wird, und daß erst ein nachhaltiger, vielseitiger Druck allgemein


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/240>, abgerufen am 22.12.2024.