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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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merklich nachgelassen hatte, ist derselbe im gegenwärtigen Jahr aufs neue
wieder recht lebhast geworden, und sind von Januar bis einschließlich März
schon wieder über 24 Millionen Thaler Silber aus Southampton dahin ver¬
schifft worden. Die Anschaffung dieses Silbers ist übrigens nur durch Er¬
höhung des Silbcrpreiscs, der im Durchschnitt des vorigen Jahres in London
VlV" Pence per Standardunze stand, auf 62"/" Pence ermöglicht worden.
Was wäre hiernach zu erwarten, wenn nun noch Frankreich zur Wiederher¬
stellung der Silbervaluta im Verlaufe weniger Jahre für circa 400--500
Millionen Thaler Silber anschaffen wollte! In solchem Falle würde allerdings
die Hypothese einer möglichen Herabdrückung der Wcrthrelation des Goldes
zum Silber von 1:15-72 auf 1:8 aufhören, den Charakter der UnWahrschein¬
lichkeit zu tragen, allein die damit verknüpfte, in ihren Consequenzen nicht zu
übersehende Störung in allen Werthverhältnissen wird die französische Regie¬
rung sicherlich abhalten, auf ein solches Auskunftsmittel einzugehen. Die
Rücksicht auf die Verzinsung der Staatsschuld von etwa 8000 Millionen
Franken wird hierbei schwerer ins Gewicht fallen, als alle aus der Theorie
und den Motiven der Münzgesetzgebung des Jahres 1803 abgeleiteten Gründe.
Die Beseitigung der Goldwährung in Frankreich erscheint uns, grade heraus
gesagt, als eine praktische Unmöglichkeit.

Wollte man einwenden, der Uebergang vom jetzigen System zur alleinigen
Silberwährung brauche nicht so ganz plötzlich zu sein, man werde zweckmäßige
Uebergangsbestimmungen treffen können, etwa in der Weise, daß das Gold
einstweilen noch das hauptsächliche Circulationsmittel bleibe, wenn auch nicht
zu einem dauernd festen Werthe, doch zu der halbjährlich oder selbst monat¬
lich allgemein festzusetzenden oder doch für die Staatskassen verbindlichen
Werthrelation, so erscheint bei näherer Ueberlegung diese Modalität selbst noch
schlimmer, als ein rascher einmaliger Uebergnng. Wird das Princip der
Demonetisation des Goldes in Frankreich beliebt und die Goldausmünzung
der pariser Münze eingestellt, so kann eine tief eingreifende Rückwirkung da¬
von auf den Silberprcis doch nicht ausbleiben. Würde nun in Frankreich
der periodisch bekannt gemachte Werth der Goldmünzen im gesetzlichen Silber¬
münzfuße successive sich der Werthverringerung auf dem Weltmarkt nähern,
j" bliebe im Ganzen die Wirkung dieselbe und es träte nur noch eine wieder¬
kehrende Unzuträglichkeit der lästigsten Art für alle Transnctionen während
der länger dauernden Uebergangsperiode hinzu. Wenn die Annahme von
Goldmünzen der freien Vereinbarung überlassen würde und nur die Staats¬
kasse dieselben zu dem öffentlich angezeigten Werthe anzunehmen verpflichtet
^arc, s" würde natürlich jeder einzelne Privatmann sich auf alle Weise sträu¬
ben, Goldmünzen in Zahlung zu nehmen, welche voraussichtlich nach Ablauf
der bestimmten Periode einer neuen Reduction unterworfen werden; -- andrer-


merklich nachgelassen hatte, ist derselbe im gegenwärtigen Jahr aufs neue
wieder recht lebhast geworden, und sind von Januar bis einschließlich März
schon wieder über 24 Millionen Thaler Silber aus Southampton dahin ver¬
schifft worden. Die Anschaffung dieses Silbers ist übrigens nur durch Er¬
höhung des Silbcrpreiscs, der im Durchschnitt des vorigen Jahres in London
VlV« Pence per Standardunze stand, auf 62"/» Pence ermöglicht worden.
Was wäre hiernach zu erwarten, wenn nun noch Frankreich zur Wiederher¬
stellung der Silbervaluta im Verlaufe weniger Jahre für circa 400—500
Millionen Thaler Silber anschaffen wollte! In solchem Falle würde allerdings
die Hypothese einer möglichen Herabdrückung der Wcrthrelation des Goldes
zum Silber von 1:15-72 auf 1:8 aufhören, den Charakter der UnWahrschein¬
lichkeit zu tragen, allein die damit verknüpfte, in ihren Consequenzen nicht zu
übersehende Störung in allen Werthverhältnissen wird die französische Regie¬
rung sicherlich abhalten, auf ein solches Auskunftsmittel einzugehen. Die
Rücksicht auf die Verzinsung der Staatsschuld von etwa 8000 Millionen
Franken wird hierbei schwerer ins Gewicht fallen, als alle aus der Theorie
und den Motiven der Münzgesetzgebung des Jahres 1803 abgeleiteten Gründe.
Die Beseitigung der Goldwährung in Frankreich erscheint uns, grade heraus
gesagt, als eine praktische Unmöglichkeit.

Wollte man einwenden, der Uebergang vom jetzigen System zur alleinigen
Silberwährung brauche nicht so ganz plötzlich zu sein, man werde zweckmäßige
Uebergangsbestimmungen treffen können, etwa in der Weise, daß das Gold
einstweilen noch das hauptsächliche Circulationsmittel bleibe, wenn auch nicht
zu einem dauernd festen Werthe, doch zu der halbjährlich oder selbst monat¬
lich allgemein festzusetzenden oder doch für die Staatskassen verbindlichen
Werthrelation, so erscheint bei näherer Ueberlegung diese Modalität selbst noch
schlimmer, als ein rascher einmaliger Uebergnng. Wird das Princip der
Demonetisation des Goldes in Frankreich beliebt und die Goldausmünzung
der pariser Münze eingestellt, so kann eine tief eingreifende Rückwirkung da¬
von auf den Silberprcis doch nicht ausbleiben. Würde nun in Frankreich
der periodisch bekannt gemachte Werth der Goldmünzen im gesetzlichen Silber¬
münzfuße successive sich der Werthverringerung auf dem Weltmarkt nähern,
j" bliebe im Ganzen die Wirkung dieselbe und es träte nur noch eine wieder¬
kehrende Unzuträglichkeit der lästigsten Art für alle Transnctionen während
der länger dauernden Uebergangsperiode hinzu. Wenn die Annahme von
Goldmünzen der freien Vereinbarung überlassen würde und nur die Staats¬
kasse dieselben zu dem öffentlich angezeigten Werthe anzunehmen verpflichtet
^arc, s» würde natürlich jeder einzelne Privatmann sich auf alle Weise sträu¬
ben, Goldmünzen in Zahlung zu nehmen, welche voraussichtlich nach Ablauf
der bestimmten Periode einer neuen Reduction unterworfen werden; — andrer-


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[0239] merklich nachgelassen hatte, ist derselbe im gegenwärtigen Jahr aufs neue wieder recht lebhast geworden, und sind von Januar bis einschließlich März schon wieder über 24 Millionen Thaler Silber aus Southampton dahin ver¬ schifft worden. Die Anschaffung dieses Silbers ist übrigens nur durch Er¬ höhung des Silbcrpreiscs, der im Durchschnitt des vorigen Jahres in London VlV« Pence per Standardunze stand, auf 62"/» Pence ermöglicht worden. Was wäre hiernach zu erwarten, wenn nun noch Frankreich zur Wiederher¬ stellung der Silbervaluta im Verlaufe weniger Jahre für circa 400—500 Millionen Thaler Silber anschaffen wollte! In solchem Falle würde allerdings die Hypothese einer möglichen Herabdrückung der Wcrthrelation des Goldes zum Silber von 1:15-72 auf 1:8 aufhören, den Charakter der UnWahrschein¬ lichkeit zu tragen, allein die damit verknüpfte, in ihren Consequenzen nicht zu übersehende Störung in allen Werthverhältnissen wird die französische Regie¬ rung sicherlich abhalten, auf ein solches Auskunftsmittel einzugehen. Die Rücksicht auf die Verzinsung der Staatsschuld von etwa 8000 Millionen Franken wird hierbei schwerer ins Gewicht fallen, als alle aus der Theorie und den Motiven der Münzgesetzgebung des Jahres 1803 abgeleiteten Gründe. Die Beseitigung der Goldwährung in Frankreich erscheint uns, grade heraus gesagt, als eine praktische Unmöglichkeit. Wollte man einwenden, der Uebergang vom jetzigen System zur alleinigen Silberwährung brauche nicht so ganz plötzlich zu sein, man werde zweckmäßige Uebergangsbestimmungen treffen können, etwa in der Weise, daß das Gold einstweilen noch das hauptsächliche Circulationsmittel bleibe, wenn auch nicht zu einem dauernd festen Werthe, doch zu der halbjährlich oder selbst monat¬ lich allgemein festzusetzenden oder doch für die Staatskassen verbindlichen Werthrelation, so erscheint bei näherer Ueberlegung diese Modalität selbst noch schlimmer, als ein rascher einmaliger Uebergnng. Wird das Princip der Demonetisation des Goldes in Frankreich beliebt und die Goldausmünzung der pariser Münze eingestellt, so kann eine tief eingreifende Rückwirkung da¬ von auf den Silberprcis doch nicht ausbleiben. Würde nun in Frankreich der periodisch bekannt gemachte Werth der Goldmünzen im gesetzlichen Silber¬ münzfuße successive sich der Werthverringerung auf dem Weltmarkt nähern, j" bliebe im Ganzen die Wirkung dieselbe und es träte nur noch eine wieder¬ kehrende Unzuträglichkeit der lästigsten Art für alle Transnctionen während der länger dauernden Uebergangsperiode hinzu. Wenn die Annahme von Goldmünzen der freien Vereinbarung überlassen würde und nur die Staats¬ kasse dieselben zu dem öffentlich angezeigten Werthe anzunehmen verpflichtet ^arc, s» würde natürlich jeder einzelne Privatmann sich auf alle Weise sträu¬ ben, Goldmünzen in Zahlung zu nehmen, welche voraussichtlich nach Ablauf der bestimmten Periode einer neuen Reduction unterworfen werden; — andrer-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/239>, abgerufen am 22.12.2024.