Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.daß sie uns nicht blos für Preußen, sondern für ganz Deutschland als die zweck¬ Daß die letztere nicht unmöglich sei, ergibt sich am deutlichsten aus den Erklä¬ Wie steht es nun mit England, der einzigen Macht, die im Allgemeinen M daß sie uns nicht blos für Preußen, sondern für ganz Deutschland als die zweck¬ Daß die letztere nicht unmöglich sei, ergibt sich am deutlichsten aus den Erklä¬ Wie steht es nun mit England, der einzigen Macht, die im Allgemeinen M <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0207" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107254"/> <p xml:id="ID_597" prev="#ID_596"> daß sie uns nicht blos für Preußen, sondern für ganz Deutschland als die zweck¬<lb/> mäßigste erscheint, und daß auch Oestreich insofern damit zufrieden sein kann, als<lb/> sie ihm den Rücken deckt: sowol gegen einen Angriff Frankreichs auf sein Bundes¬<lb/> gebiet als gegen eine zweideutige Wendung Rußlands.</p><lb/> <p xml:id="ID_598"> Daß die letztere nicht unmöglich sei, ergibt sich am deutlichsten aus den Erklä¬<lb/> rungen der englischen Minister. Daß Rußland — aus Abneigung gegen Oestreich<lb/> ^- seit langer Zeit mit Frankreich denselben Weg verfolgt, war bereits ans den<lb/> verschiedenen Phasen der orientalischen Frage bekannt, in denen die beiden Mächte<lb/> einander stets fecundirt haben. Noch sind, trotz der pariser Conferenz, die Zwistig-<lb/> keiten in Bezug auf die Walachei und Serbien nicht geschlichtet, noch immer hat<lb/> Nußland entschiedenes Interesse daran, daß Oestreich nach dieser Seite nicht freie<lb/> Hand gewinne. Indessen nahm man an, daß es zu sehr mit seiner innern Ent¬<lb/> wicklung zu thun habe, um eine Erschütterung des Friedens zu wünschen: daß es<lb/> nicht in der Lage sei, sich mit voller Macht an einem europäischen Krieg zu bethei-<lb/> ligen. Man nahm daher um, der bekannte, von England und Frankreich sofort<lb/> angenommene Antrag eines Kongresses zur Erledigung der italienischen Frage sei in<lb/> der Hauptsache mit der Sendung des Lord Cooley übereinstimmend gewesen. Lord<lb/> Derby belehrt uns nun vom Gegentheil: der Antrag Rußlands war eine Contre-<lb/> minc, und ihm hauptsächlich schiebt die Regierung der Königin Victoria das Schei¬<lb/> tern der Vermittlung zur Last. — Eine Nachricht der — in dieser Beziehung sonst<lb/> gut unterrichteten — Kreuzzeitung meldet die Kriegsbereitschaft eines russischen Armee-<lb/> corps: „Das Petersburger Cabinet habe erklärt, daß es seine. Truppen nicht vor¬<lb/> schieben werde, so lange dergleichen auch in Deutschland nicht geschehe, andernfalls<lb/> werde es ein Obscrvationscorps aufstellen an der östreichischen Grenze und also die¬<lb/> selbe beobachtende Stellung einnehmen, wie Oestreich während des orientalischen<lb/> Krieges." — Wenn die Nachricht auch nicht officiell sein sollte: daß derart wirklich<lb/> die Gesinnung des Petersburger Cabinets beschaffen ist, darüber kann kein Zweifel<lb/> stattfinden. Und wenn es ihm zum Ueberfluß noch einfallen sollte, auch die Dänen<lb/> aufzubieten, fo werden es diese an sich nicht fehlen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_599" next="#ID_600"> Wie steht es nun mit England, der einzigen Macht, die im Allgemeinen M<lb/> Oestreich und Deutschland wohlgesinnt ist? Leider ist die Regierung nicht in der<lb/> Lage, einen entscheidenden Schritt zu thun, weil ihre Existenz — Dank den Intri¬<lb/> guen der Whigs! —- nur provisorisch ist; weil sich die öffentliche Meinung, trotz<lb/> >hrcr Abneigung gegen den Friedensstörer Napoleon, auf das entschiedenste gegen<lb/> jede Betheiligung an dem Contincntalkrieg ausspricht, und weil jede Intervention<lb/> w Italien, zu Gunsten des Absolutismus, unpopulär sein würde. -- Die Minister<lb/> sind über zwei Punkte einig: 1) daß Oestreich völlig im Rechte ist, 2) daß es höchst<lb/> unweise handelt (in Beziehung aus die Verträge mit den italienischen Staaten), auf<lb/> seinem Recht zu bestehen. In beiden Punkten stimmt wol alle Welt mit ihnen<lb/> überein. Nun sagte Lord Derby, bevor die Antwort auf seinen letzten Vermitt¬<lb/> lungsvorschlag eingelaufen war: „England wird nun bald erklären müssen, daß es<lb/> sich von jeder weiteren Dazwischenkunft zurückziehe und für die Zukunft freie Hand<lb/> 'lassen muß." „Der Krieg wird uicht auf Italien beschränkt bleiben. Es wird ein<lb/> sehr blutiger Krieg, weil ein Principicnkampf, ein Kampf voll Leidenschaft sein;<lb/> uicht ein Kampf zwischen zwei großen Staaten zu einem bestimmten Zweck geführt,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0207]
daß sie uns nicht blos für Preußen, sondern für ganz Deutschland als die zweck¬
mäßigste erscheint, und daß auch Oestreich insofern damit zufrieden sein kann, als
sie ihm den Rücken deckt: sowol gegen einen Angriff Frankreichs auf sein Bundes¬
gebiet als gegen eine zweideutige Wendung Rußlands.
Daß die letztere nicht unmöglich sei, ergibt sich am deutlichsten aus den Erklä¬
rungen der englischen Minister. Daß Rußland — aus Abneigung gegen Oestreich
^- seit langer Zeit mit Frankreich denselben Weg verfolgt, war bereits ans den
verschiedenen Phasen der orientalischen Frage bekannt, in denen die beiden Mächte
einander stets fecundirt haben. Noch sind, trotz der pariser Conferenz, die Zwistig-
keiten in Bezug auf die Walachei und Serbien nicht geschlichtet, noch immer hat
Nußland entschiedenes Interesse daran, daß Oestreich nach dieser Seite nicht freie
Hand gewinne. Indessen nahm man an, daß es zu sehr mit seiner innern Ent¬
wicklung zu thun habe, um eine Erschütterung des Friedens zu wünschen: daß es
nicht in der Lage sei, sich mit voller Macht an einem europäischen Krieg zu bethei-
ligen. Man nahm daher um, der bekannte, von England und Frankreich sofort
angenommene Antrag eines Kongresses zur Erledigung der italienischen Frage sei in
der Hauptsache mit der Sendung des Lord Cooley übereinstimmend gewesen. Lord
Derby belehrt uns nun vom Gegentheil: der Antrag Rußlands war eine Contre-
minc, und ihm hauptsächlich schiebt die Regierung der Königin Victoria das Schei¬
tern der Vermittlung zur Last. — Eine Nachricht der — in dieser Beziehung sonst
gut unterrichteten — Kreuzzeitung meldet die Kriegsbereitschaft eines russischen Armee-
corps: „Das Petersburger Cabinet habe erklärt, daß es seine. Truppen nicht vor¬
schieben werde, so lange dergleichen auch in Deutschland nicht geschehe, andernfalls
werde es ein Obscrvationscorps aufstellen an der östreichischen Grenze und also die¬
selbe beobachtende Stellung einnehmen, wie Oestreich während des orientalischen
Krieges." — Wenn die Nachricht auch nicht officiell sein sollte: daß derart wirklich
die Gesinnung des Petersburger Cabinets beschaffen ist, darüber kann kein Zweifel
stattfinden. Und wenn es ihm zum Ueberfluß noch einfallen sollte, auch die Dänen
aufzubieten, fo werden es diese an sich nicht fehlen lassen.
Wie steht es nun mit England, der einzigen Macht, die im Allgemeinen M
Oestreich und Deutschland wohlgesinnt ist? Leider ist die Regierung nicht in der
Lage, einen entscheidenden Schritt zu thun, weil ihre Existenz — Dank den Intri¬
guen der Whigs! —- nur provisorisch ist; weil sich die öffentliche Meinung, trotz
>hrcr Abneigung gegen den Friedensstörer Napoleon, auf das entschiedenste gegen
jede Betheiligung an dem Contincntalkrieg ausspricht, und weil jede Intervention
w Italien, zu Gunsten des Absolutismus, unpopulär sein würde. -- Die Minister
sind über zwei Punkte einig: 1) daß Oestreich völlig im Rechte ist, 2) daß es höchst
unweise handelt (in Beziehung aus die Verträge mit den italienischen Staaten), auf
seinem Recht zu bestehen. In beiden Punkten stimmt wol alle Welt mit ihnen
überein. Nun sagte Lord Derby, bevor die Antwort auf seinen letzten Vermitt¬
lungsvorschlag eingelaufen war: „England wird nun bald erklären müssen, daß es
sich von jeder weiteren Dazwischenkunft zurückziehe und für die Zukunft freie Hand
'lassen muß." „Der Krieg wird uicht auf Italien beschränkt bleiben. Es wird ein
sehr blutiger Krieg, weil ein Principicnkampf, ein Kampf voll Leidenschaft sein;
uicht ein Kampf zwischen zwei großen Staaten zu einem bestimmten Zweck geführt,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |