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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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sich selbst flankircn, als auch die Außen- und Jnncmhede und den Hafen mit
kreuzenden Feuer bestreichen, und die Citadelle la Route kann ihre Geschiitz-
massen auf jeden beliebigen Punkt richten. -- Der Ausgangspunkt der Eisen¬
bahn mit seinen Etablissements liegt am Fuße dieses Felsens, gänzlich unter
dem Feuer der Batterien der Citadelle. Ebenso wie Cherbourg durch diese
mit Paris, ist Portsmouth durch eine solche mit London verbunden und kann
namentlich dadurch, daß diese nahe an dem Lager von Aldershott vorüber¬
führt, von da rasch Truppen zu seiner Verstärkung heranziehen. Indeß hat
die Verbindung mit London darum weniger Werth als die Chcrbourgs mit
Paris, weil letzteres befestigt und ein militärischer Centralpunkt ist. während
London, eine offene Stadt, Schutz und Hilfe von seinen Festungen verlangt,
diesen aber leine Unterstützung zu gewähren vermag. Wir komnTen hier
auf den Werth von Centralfestungen zurück, ohne welche Secscstungeu bedeu¬
tend am Werthe verlieren. Immer sind diese, mögen sie noch so stark be¬
festigt sein, überlegenen feindlichen Angriffen ausgesetzt, und werden denselben
endlich unterliegen, wenn sie nicht vom Lande aus gehörig unterstützt wer¬
den. -- Hierfür ist die Belagerung von Sebastopol das beste Beispiel; es
wurde sogar trotz dieser Unterstützung, die stets von der nordöstlichen Seite
aus erfolgte, genommen. Fehlen nun Centmifestnngen gänzlich, wie hierin
England, so muß der Fall einer Scesestung von den traurigsten Folgen be¬
gleitet sein. Das Land liegt alsdann den Fortschritten des Feindes offen,
eine Verlorne Feldschlacht gibt es dem Feinde Preis, denn die geschlagene
Armee findet keinen geschützten Sammelplatz, keine befestigten Depots, um
ihre Verluste an Mannschaft und Kriegsmaterial zu ersetzen, und es ist unter
diesen Umständen nur zu leicht möglich, daß'sie gänzlich vernichtet wird. Der
Einwand, daß im Jahre 1806 die Festungen Preußen durchaus nicht geschützt
hätten, ist nicht maßgebend, denn sie wurden größtenteils gar nicht, oder
sehr schlecht vertheidigt; nnr wenige machten davon eine rühmliche Ausnahme.
Napoleon I. wußte dies sehr wohl und deshalb mußte Carnot sein Werk über
Vertheidigung von Festungen schreiben. -- Die vorspringende Landzunge, auf
welcher Cherbourg liegt, bildet die östliche Grenze der Bucht von Se. Michel,
in deren Hintergrund das stark befestigte Se. Malo liegt, das nothwendig ist.
um die Bucht selbst zu decken und die vorspringende Landzunge der Bretagne
zu flankiren. Dieser Bucht gegenüber liegt der zweite groHe britische Kriegs¬
hafen. Plymouth. Die Mündung des Pipa und Tamar bilden hier eine
breite Bucht, welche befestigt als Hafen benutzt wird. Vor dieser liegen die
5-^0 Fuß langen Molen, welche, da sich auf ihnen keine Forts befinden,
nur den Zweck haben, die Rhede vor Sturmfluten zu schützen. Der über eine
englische Meile breite Hafen dürfte einer feindlichen Flotte schwerlich,, ohne Unter¬
stützung der eignen, bedeutenden Widerstand leisten, er ist mehr eine Flottcn-


Grenzbotm IV. 18os. 10

sich selbst flankircn, als auch die Außen- und Jnncmhede und den Hafen mit
kreuzenden Feuer bestreichen, und die Citadelle la Route kann ihre Geschiitz-
massen auf jeden beliebigen Punkt richten. — Der Ausgangspunkt der Eisen¬
bahn mit seinen Etablissements liegt am Fuße dieses Felsens, gänzlich unter
dem Feuer der Batterien der Citadelle. Ebenso wie Cherbourg durch diese
mit Paris, ist Portsmouth durch eine solche mit London verbunden und kann
namentlich dadurch, daß diese nahe an dem Lager von Aldershott vorüber¬
führt, von da rasch Truppen zu seiner Verstärkung heranziehen. Indeß hat
die Verbindung mit London darum weniger Werth als die Chcrbourgs mit
Paris, weil letzteres befestigt und ein militärischer Centralpunkt ist. während
London, eine offene Stadt, Schutz und Hilfe von seinen Festungen verlangt,
diesen aber leine Unterstützung zu gewähren vermag. Wir komnTen hier
auf den Werth von Centralfestungen zurück, ohne welche Secscstungeu bedeu¬
tend am Werthe verlieren. Immer sind diese, mögen sie noch so stark be¬
festigt sein, überlegenen feindlichen Angriffen ausgesetzt, und werden denselben
endlich unterliegen, wenn sie nicht vom Lande aus gehörig unterstützt wer¬
den. — Hierfür ist die Belagerung von Sebastopol das beste Beispiel; es
wurde sogar trotz dieser Unterstützung, die stets von der nordöstlichen Seite
aus erfolgte, genommen. Fehlen nun Centmifestnngen gänzlich, wie hierin
England, so muß der Fall einer Scesestung von den traurigsten Folgen be¬
gleitet sein. Das Land liegt alsdann den Fortschritten des Feindes offen,
eine Verlorne Feldschlacht gibt es dem Feinde Preis, denn die geschlagene
Armee findet keinen geschützten Sammelplatz, keine befestigten Depots, um
ihre Verluste an Mannschaft und Kriegsmaterial zu ersetzen, und es ist unter
diesen Umständen nur zu leicht möglich, daß'sie gänzlich vernichtet wird. Der
Einwand, daß im Jahre 1806 die Festungen Preußen durchaus nicht geschützt
hätten, ist nicht maßgebend, denn sie wurden größtenteils gar nicht, oder
sehr schlecht vertheidigt; nnr wenige machten davon eine rühmliche Ausnahme.
Napoleon I. wußte dies sehr wohl und deshalb mußte Carnot sein Werk über
Vertheidigung von Festungen schreiben. — Die vorspringende Landzunge, auf
welcher Cherbourg liegt, bildet die östliche Grenze der Bucht von Se. Michel,
in deren Hintergrund das stark befestigte Se. Malo liegt, das nothwendig ist.
um die Bucht selbst zu decken und die vorspringende Landzunge der Bretagne
zu flankiren. Dieser Bucht gegenüber liegt der zweite groHe britische Kriegs¬
hafen. Plymouth. Die Mündung des Pipa und Tamar bilden hier eine
breite Bucht, welche befestigt als Hafen benutzt wird. Vor dieser liegen die
5-^0 Fuß langen Molen, welche, da sich auf ihnen keine Forts befinden,
nur den Zweck haben, die Rhede vor Sturmfluten zu schützen. Der über eine
englische Meile breite Hafen dürfte einer feindlichen Flotte schwerlich,, ohne Unter¬
stützung der eignen, bedeutenden Widerstand leisten, er ist mehr eine Flottcn-


Grenzbotm IV. 18os. 10
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/81>, abgerufen am 06.02.2025.