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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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bezweifeln, daß, wenn Deutschland einmal zu Kräften gekommen sein wird, sich
mit Unwiderstehlichkeit die.Ueberzeugung Bahn brechen muß, daß es für die
Ehre einer großen Nation vollkommen unerträglich sei, die Stipulationen für
die Zukunft anzuerkennen, durch welche die transalbingischen Lande mit-allen
deutschen Interessen, welche sich an ihre Küsten und Häfen knüpfen, an die
Dänen abgetreten wurden, ohne daß auch nur eine einzige Feldschlackst ver-
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Zunächst -- so lesen wir bei Beseler zwischen den Zeilen -- kommt alles
darauf an, daß Preußen innerlich erstarke, dadurch in Deutschland moralisch
erobere, Deutschland mit sich emporhebe, und die Stellung und. Geltung wieder
erlange, die ihm unter den europäischen Machten gebührt. Dazu bedarf es
aber Zeit, und so werden sich die Holste-mer noch eine Weile gedulden müssen.
Sie werden, wenn sie ihre Lage begreifen und mit uns fröhlich in Hoffnung sind,
die Dänen und ihre etwaigen Vorschläge, die sicher auf keine wirkliche Ent¬
lassung anch nur Holsteins aus dem Gesammtstaat hinauslaufen werden, mit
der oben angedeuteten Forderung zurückweisen und für jetzt nichts erlan¬
gen, sich aber die Zukunft gerettet haben, die sie mit ihrer robusten
moralischen Constitution recht wohl erwarten können. Die Schrift selbst führt
dann fort: An Veranlassungen, die Sache Schleswig-Holsteins aufs Neue vor¬
zunehmen, wird es nicht fehlen, und die europäische Konstellation, die jetzt schon
eine sehr andere als 1852 ist. so wie die Stimmung der fünf Großmächte kann
dann leicht eine günstigere für uns sein. Die Dänen können dann die Wahrheit zu
hören bekommen. Es kann ihnen von verschiedenen Seiten gesagt werden, der
Bogen sei zu stark gespannt worden, man dürfe dem gesunden Deutschland nicht
zumuthen. was man dem kranken abgedrungen, und zudem habe die Erfahrung
gelehrt, daß man sich in den Mitteln vergriffen, daß die damalige Erledigung des
dänisch-deutschen Streits keine Erledigung, sondern eine Verewigung gewesen,
daß statt Ruhe und Frieden vielmehr Unruhe, Unfrieden und die starke Gefahr
schwerer europäischer Verwickelungen auf die engere Verbindung Schleswig-
Holsteins und Dänemark gefolgt sei, daß die dänische Monarchie statt auf
diesem Wege im Interesse des europäischen Gleichgewichts zu erstarken, nur
hilfloser geworden, nur mehr aus fremden Beistand angewiesen sei. und daß
man. seinen Irrthum einsehend, nach andern Grundsätzen verfahren müsse.
So dürfte namentlich England einmal sich äußern, welches durch kein wirk¬
liches Interesse, sondern lediglich, weil Deutschland sich schwächer zeigte, als
man in London erwartet, das londoner Protokoll herbeiführen half.

Beseler kommt sodann auf Oestreich zu sprechen. Als im verflossenen
Herbst deutsche Bundesgenerale bei Rendsburg das Holstein-lauenburgische
Contingent inspicirten, soll ein östreichischer General den Dänen erklärt
haben, nichts hindere den König Friedrich VII., zu geruhen, daß vier-


bezweifeln, daß, wenn Deutschland einmal zu Kräften gekommen sein wird, sich
mit Unwiderstehlichkeit die.Ueberzeugung Bahn brechen muß, daß es für die
Ehre einer großen Nation vollkommen unerträglich sei, die Stipulationen für
die Zukunft anzuerkennen, durch welche die transalbingischen Lande mit-allen
deutschen Interessen, welche sich an ihre Küsten und Häfen knüpfen, an die
Dänen abgetreten wurden, ohne daß auch nur eine einzige Feldschlackst ver-
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Zunächst — so lesen wir bei Beseler zwischen den Zeilen — kommt alles
darauf an, daß Preußen innerlich erstarke, dadurch in Deutschland moralisch
erobere, Deutschland mit sich emporhebe, und die Stellung und. Geltung wieder
erlange, die ihm unter den europäischen Machten gebührt. Dazu bedarf es
aber Zeit, und so werden sich die Holste-mer noch eine Weile gedulden müssen.
Sie werden, wenn sie ihre Lage begreifen und mit uns fröhlich in Hoffnung sind,
die Dänen und ihre etwaigen Vorschläge, die sicher auf keine wirkliche Ent¬
lassung anch nur Holsteins aus dem Gesammtstaat hinauslaufen werden, mit
der oben angedeuteten Forderung zurückweisen und für jetzt nichts erlan¬
gen, sich aber die Zukunft gerettet haben, die sie mit ihrer robusten
moralischen Constitution recht wohl erwarten können. Die Schrift selbst führt
dann fort: An Veranlassungen, die Sache Schleswig-Holsteins aufs Neue vor¬
zunehmen, wird es nicht fehlen, und die europäische Konstellation, die jetzt schon
eine sehr andere als 1852 ist. so wie die Stimmung der fünf Großmächte kann
dann leicht eine günstigere für uns sein. Die Dänen können dann die Wahrheit zu
hören bekommen. Es kann ihnen von verschiedenen Seiten gesagt werden, der
Bogen sei zu stark gespannt worden, man dürfe dem gesunden Deutschland nicht
zumuthen. was man dem kranken abgedrungen, und zudem habe die Erfahrung
gelehrt, daß man sich in den Mitteln vergriffen, daß die damalige Erledigung des
dänisch-deutschen Streits keine Erledigung, sondern eine Verewigung gewesen,
daß statt Ruhe und Frieden vielmehr Unruhe, Unfrieden und die starke Gefahr
schwerer europäischer Verwickelungen auf die engere Verbindung Schleswig-
Holsteins und Dänemark gefolgt sei, daß die dänische Monarchie statt auf
diesem Wege im Interesse des europäischen Gleichgewichts zu erstarken, nur
hilfloser geworden, nur mehr aus fremden Beistand angewiesen sei. und daß
man. seinen Irrthum einsehend, nach andern Grundsätzen verfahren müsse.
So dürfte namentlich England einmal sich äußern, welches durch kein wirk¬
liches Interesse, sondern lediglich, weil Deutschland sich schwächer zeigte, als
man in London erwartet, das londoner Protokoll herbeiführen half.

Beseler kommt sodann auf Oestreich zu sprechen. Als im verflossenen
Herbst deutsche Bundesgenerale bei Rendsburg das Holstein-lauenburgische
Contingent inspicirten, soll ein östreichischer General den Dänen erklärt
haben, nichts hindere den König Friedrich VII., zu geruhen, daß vier-


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[0495] bezweifeln, daß, wenn Deutschland einmal zu Kräften gekommen sein wird, sich mit Unwiderstehlichkeit die.Ueberzeugung Bahn brechen muß, daß es für die Ehre einer großen Nation vollkommen unerträglich sei, die Stipulationen für die Zukunft anzuerkennen, durch welche die transalbingischen Lande mit-allen deutschen Interessen, welche sich an ihre Küsten und Häfen knüpfen, an die Dänen abgetreten wurden, ohne daß auch nur eine einzige Feldschlackst ver- !«iWMr«^-t- ,!' '!,(!,;,',.'-im? ?1Ü7.e Zunächst — so lesen wir bei Beseler zwischen den Zeilen — kommt alles darauf an, daß Preußen innerlich erstarke, dadurch in Deutschland moralisch erobere, Deutschland mit sich emporhebe, und die Stellung und. Geltung wieder erlange, die ihm unter den europäischen Machten gebührt. Dazu bedarf es aber Zeit, und so werden sich die Holste-mer noch eine Weile gedulden müssen. Sie werden, wenn sie ihre Lage begreifen und mit uns fröhlich in Hoffnung sind, die Dänen und ihre etwaigen Vorschläge, die sicher auf keine wirkliche Ent¬ lassung anch nur Holsteins aus dem Gesammtstaat hinauslaufen werden, mit der oben angedeuteten Forderung zurückweisen und für jetzt nichts erlan¬ gen, sich aber die Zukunft gerettet haben, die sie mit ihrer robusten moralischen Constitution recht wohl erwarten können. Die Schrift selbst führt dann fort: An Veranlassungen, die Sache Schleswig-Holsteins aufs Neue vor¬ zunehmen, wird es nicht fehlen, und die europäische Konstellation, die jetzt schon eine sehr andere als 1852 ist. so wie die Stimmung der fünf Großmächte kann dann leicht eine günstigere für uns sein. Die Dänen können dann die Wahrheit zu hören bekommen. Es kann ihnen von verschiedenen Seiten gesagt werden, der Bogen sei zu stark gespannt worden, man dürfe dem gesunden Deutschland nicht zumuthen. was man dem kranken abgedrungen, und zudem habe die Erfahrung gelehrt, daß man sich in den Mitteln vergriffen, daß die damalige Erledigung des dänisch-deutschen Streits keine Erledigung, sondern eine Verewigung gewesen, daß statt Ruhe und Frieden vielmehr Unruhe, Unfrieden und die starke Gefahr schwerer europäischer Verwickelungen auf die engere Verbindung Schleswig- Holsteins und Dänemark gefolgt sei, daß die dänische Monarchie statt auf diesem Wege im Interesse des europäischen Gleichgewichts zu erstarken, nur hilfloser geworden, nur mehr aus fremden Beistand angewiesen sei. und daß man. seinen Irrthum einsehend, nach andern Grundsätzen verfahren müsse. So dürfte namentlich England einmal sich äußern, welches durch kein wirk¬ liches Interesse, sondern lediglich, weil Deutschland sich schwächer zeigte, als man in London erwartet, das londoner Protokoll herbeiführen half. Beseler kommt sodann auf Oestreich zu sprechen. Als im verflossenen Herbst deutsche Bundesgenerale bei Rendsburg das Holstein-lauenburgische Contingent inspicirten, soll ein östreichischer General den Dänen erklärt haben, nichts hindere den König Friedrich VII., zu geruhen, daß vier-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/495>, abgerufen am 05.07.2024.