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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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steirischen Verfassung in-Wegfall gekommen ist, auch nicht gegen das Bundes-
recht. Wäre es aber auch möglich, in diesem oder jenem unbedeutenden
Punkte im Vergleich mit der Bekanntmachung von 1852 und dem Bundes¬
rechte Grund zur Beschwerde zu finden, in den Hauptsachen kann man sich
weder auf dieses noch auf jene berufen. Wollte man sich daher im Stände¬
saal zu Itzehoe der Täuschung hingeben, durch wissenschaftliche Erörterung
oder diplomatische Feinheit aus gewissen Wendungen der Bekanntmachung,
aus denen z. B,, wo sie von selbstständigen und gleichberechtigten Landes-
theilen in der Monarchie spricht, die Verpflichtung der Regierung zu wesent¬
lichen Aenderungen in der bisherigen Stellung Holsteins abzuleiten, so würde
es den Dänen nicht schwer fallen, nachzuweisen, daß man den ganzen und
vollen Antheil an Selbststündigkeit und Gleichberechtigung bekommen habe,
den man in der so geschaffenen dänischen Monarchie beanspruchen könne.
In zweifelhaften Fällen aber würde die dänische Regierung für eine Deutung
zu Gunsten der Staatsraison, des nothwendigen Maßes von Centralisation
und der monarchischen Gewalt die Zustimmung der deutschen Mächte -- von
den nichtdeutschen zu schweigen -- erwarten dürfen.

Nachdem die Schrift in dieser Weise nachzuweisen versucht hat, daß die
Holsteiner, auch wenn sie ihre Wünsche nach einer Veränderung in ihren Ver-
sassungs- und Verwaltungsverhältnissen auf das bescheidenste Maß beschränk¬
ten, von den Dänen auf allen Punkten geschlagen werden würden, sährt sie
fort: Aber die Ständeversammlung wird nicht meinen, daß es ihre Aufgabe
sei, den Ruhm der Bescheidenheit zu ernten, sondern die Bedeutung des
Augenblicks ermessend, furchtlos die Wahrheit aussprechen: daß. wenn noch
ein Versuch gemacht werden soll, die Verhältnisse im Süden der cimbrischen
Halbinsel friedlich und dauernd, zu ordnen, dies nur durch Rückkehr zur
Personalunion zwischen Schleswig-Holstein einerseits und dem Königreich
Dänemark andererseits unter Fortentwicklung des bis 1 848 in Gel¬
tung gewesenen Verhältnisses auf Grundlage des Verfassungs¬
rechts der Herzogthümer und der neuerdings im Königreich ein¬
getretenen Verfassungsänderung geschehen kann. Von dem rechtlichen,
sittlichen und finanziellen Inhalt der Frage als bekannten Dingen absehend,
führt die Schrift für diese Behauptung vornehmlich drei Gründe der Zweck¬
mäßigkeit an:

1) Wie man sich auch einen dänischen Gesammtstaat vorstellen mag, kein
Unbefangener wird jetzt noch leugnen, daß dänische und deutsche Elemente,
Interessen und Bestrebungen in einem und demselben Staatswesen unver¬
träglich sind. Wer etwas Dauerndes in diesen Landen schaffen will, muß
vor allen Dingen die beiden Volksindividualitäten in demselben voneinander
fern halten,'jeder ihre freie nationale Entwicklung gewähren und es dem


el*

steirischen Verfassung in-Wegfall gekommen ist, auch nicht gegen das Bundes-
recht. Wäre es aber auch möglich, in diesem oder jenem unbedeutenden
Punkte im Vergleich mit der Bekanntmachung von 1852 und dem Bundes¬
rechte Grund zur Beschwerde zu finden, in den Hauptsachen kann man sich
weder auf dieses noch auf jene berufen. Wollte man sich daher im Stände¬
saal zu Itzehoe der Täuschung hingeben, durch wissenschaftliche Erörterung
oder diplomatische Feinheit aus gewissen Wendungen der Bekanntmachung,
aus denen z. B,, wo sie von selbstständigen und gleichberechtigten Landes-
theilen in der Monarchie spricht, die Verpflichtung der Regierung zu wesent¬
lichen Aenderungen in der bisherigen Stellung Holsteins abzuleiten, so würde
es den Dänen nicht schwer fallen, nachzuweisen, daß man den ganzen und
vollen Antheil an Selbststündigkeit und Gleichberechtigung bekommen habe,
den man in der so geschaffenen dänischen Monarchie beanspruchen könne.
In zweifelhaften Fällen aber würde die dänische Regierung für eine Deutung
zu Gunsten der Staatsraison, des nothwendigen Maßes von Centralisation
und der monarchischen Gewalt die Zustimmung der deutschen Mächte — von
den nichtdeutschen zu schweigen — erwarten dürfen.

Nachdem die Schrift in dieser Weise nachzuweisen versucht hat, daß die
Holsteiner, auch wenn sie ihre Wünsche nach einer Veränderung in ihren Ver-
sassungs- und Verwaltungsverhältnissen auf das bescheidenste Maß beschränk¬
ten, von den Dänen auf allen Punkten geschlagen werden würden, sährt sie
fort: Aber die Ständeversammlung wird nicht meinen, daß es ihre Aufgabe
sei, den Ruhm der Bescheidenheit zu ernten, sondern die Bedeutung des
Augenblicks ermessend, furchtlos die Wahrheit aussprechen: daß. wenn noch
ein Versuch gemacht werden soll, die Verhältnisse im Süden der cimbrischen
Halbinsel friedlich und dauernd, zu ordnen, dies nur durch Rückkehr zur
Personalunion zwischen Schleswig-Holstein einerseits und dem Königreich
Dänemark andererseits unter Fortentwicklung des bis 1 848 in Gel¬
tung gewesenen Verhältnisses auf Grundlage des Verfassungs¬
rechts der Herzogthümer und der neuerdings im Königreich ein¬
getretenen Verfassungsänderung geschehen kann. Von dem rechtlichen,
sittlichen und finanziellen Inhalt der Frage als bekannten Dingen absehend,
führt die Schrift für diese Behauptung vornehmlich drei Gründe der Zweck¬
mäßigkeit an:

1) Wie man sich auch einen dänischen Gesammtstaat vorstellen mag, kein
Unbefangener wird jetzt noch leugnen, daß dänische und deutsche Elemente,
Interessen und Bestrebungen in einem und demselben Staatswesen unver¬
träglich sind. Wer etwas Dauerndes in diesen Landen schaffen will, muß
vor allen Dingen die beiden Volksindividualitäten in demselben voneinander
fern halten,'jeder ihre freie nationale Entwicklung gewähren und es dem


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[0491] steirischen Verfassung in-Wegfall gekommen ist, auch nicht gegen das Bundes- recht. Wäre es aber auch möglich, in diesem oder jenem unbedeutenden Punkte im Vergleich mit der Bekanntmachung von 1852 und dem Bundes¬ rechte Grund zur Beschwerde zu finden, in den Hauptsachen kann man sich weder auf dieses noch auf jene berufen. Wollte man sich daher im Stände¬ saal zu Itzehoe der Täuschung hingeben, durch wissenschaftliche Erörterung oder diplomatische Feinheit aus gewissen Wendungen der Bekanntmachung, aus denen z. B,, wo sie von selbstständigen und gleichberechtigten Landes- theilen in der Monarchie spricht, die Verpflichtung der Regierung zu wesent¬ lichen Aenderungen in der bisherigen Stellung Holsteins abzuleiten, so würde es den Dänen nicht schwer fallen, nachzuweisen, daß man den ganzen und vollen Antheil an Selbststündigkeit und Gleichberechtigung bekommen habe, den man in der so geschaffenen dänischen Monarchie beanspruchen könne. In zweifelhaften Fällen aber würde die dänische Regierung für eine Deutung zu Gunsten der Staatsraison, des nothwendigen Maßes von Centralisation und der monarchischen Gewalt die Zustimmung der deutschen Mächte — von den nichtdeutschen zu schweigen — erwarten dürfen. Nachdem die Schrift in dieser Weise nachzuweisen versucht hat, daß die Holsteiner, auch wenn sie ihre Wünsche nach einer Veränderung in ihren Ver- sassungs- und Verwaltungsverhältnissen auf das bescheidenste Maß beschränk¬ ten, von den Dänen auf allen Punkten geschlagen werden würden, sährt sie fort: Aber die Ständeversammlung wird nicht meinen, daß es ihre Aufgabe sei, den Ruhm der Bescheidenheit zu ernten, sondern die Bedeutung des Augenblicks ermessend, furchtlos die Wahrheit aussprechen: daß. wenn noch ein Versuch gemacht werden soll, die Verhältnisse im Süden der cimbrischen Halbinsel friedlich und dauernd, zu ordnen, dies nur durch Rückkehr zur Personalunion zwischen Schleswig-Holstein einerseits und dem Königreich Dänemark andererseits unter Fortentwicklung des bis 1 848 in Gel¬ tung gewesenen Verhältnisses auf Grundlage des Verfassungs¬ rechts der Herzogthümer und der neuerdings im Königreich ein¬ getretenen Verfassungsänderung geschehen kann. Von dem rechtlichen, sittlichen und finanziellen Inhalt der Frage als bekannten Dingen absehend, führt die Schrift für diese Behauptung vornehmlich drei Gründe der Zweck¬ mäßigkeit an: 1) Wie man sich auch einen dänischen Gesammtstaat vorstellen mag, kein Unbefangener wird jetzt noch leugnen, daß dänische und deutsche Elemente, Interessen und Bestrebungen in einem und demselben Staatswesen unver¬ träglich sind. Wer etwas Dauerndes in diesen Landen schaffen will, muß vor allen Dingen die beiden Volksindividualitäten in demselben voneinander fern halten,'jeder ihre freie nationale Entwicklung gewähren und es dem el*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/491>, abgerufen am 22.07.2024.