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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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einigten Staaten und Europa vor allem nährt, so daß man mit dem trefflichen säch¬
sischen Statistiker or. Engel wol sagen kann : "England und die Vereinigten Staa¬
ten sind durch einen Baumwollfaden miteinander verbunden, der, so schwach und
gebrechlich er scheinen mag. doch stärker ist, als ein eisernes Tau."

Seit den großen Erfindungen von Arkwright. Whale und Whitney ist d.c Ver¬
arbeitung des Rohmaterials immer leichter und wohlfeiler geworden, und doch erhöht
sich der Werth keines Stoffes so sehr durch die Verarbeitung als der der Baumwolle.
Der der Wolle steigt im Verhältniß von 8:13. der der Baumwolle um das vier- ins
siebenfache, sie ist auch mehr als alle andern Materien fähig, die verschiedenste Gestalt
anzunehmen, die wärmsten und dicksten Stoffe werden jetzt daraus in Manchester
und Gladbach gemacht, die luftigsten Ballkleider in Tarare. Erst durch die Baum¬
wollenindustrie ist es möglich geworden, sich, ansprechend, paradcmäßig und doch sehr
billig zu kleiden, sie ist deshalb von größter Wichtigkeit sür die arbeitenden Classen
und die Frage der genügenden Zufuhr für den immer wachsenden Bedarf beschäftigt
mit Recht die besten nationalökonomischen Köpfe, vor allem in den Vereinigten Staa¬
ten als dem Hauptculturland.

Um über den Verbrauch der Baumwolle in Europa zuverlässige Angaben zu
erhalten, hatte deshalb der amerikanische Kongreß im vorigen Jahre Herrn John
Claibvrne beauftragt, sich nach Europa zu begeben und dort durch eigne Anschauung
sich genau über den Stand der Frage zu unterrichten. In seiner Instruction war
er angewiesen, den Ballen Baumwolle, der aus den Händen des Pflanzers kommt,
bis zum Uebergang in den wirklichen Verbrauch zu verfolgen. "Jede Meile." heißt es
hier, "um welche dieser Weg abgekürzt werden kann, jedes Hinderniß, das zu behelligen
oder zu vermeiden ist. jeder Cent, der erspart werden kann, sind Vortheile, welche
den beiden Individuen zu Gute kommen müssen, welche an den Enden dieser Kette
stehn und Angebot wie Verbrauch vermehren werden." Der Kommissar wird daher
angewiesen zu erforschen:

1) Die Masse der in den verschiedenen Ländern Europas verbrauchten Baum¬
wolle, das in den Etablissements angelegte Capital, die Zahl der Spindeln und
Stühle, den Durchschnittspreis'der Löhne.

2) Die Quellen, woher das Rohmaterial bezogen wird und den raschesten
Bczugswcg von den Vereinigten Staaten.

3) Welch" Güter dafür nach der Union zurückgehen oder zurückgehen könnten.

4) In welchem Verhältniß die verschiedenen Fabriken Baumwollcngewcbe oder
blos Garn liefern.

5) Die'Zölle und Unkosten auf das Rohmaterial u. s. w.

Der Bericht des Hrn. Claiborne ist dem Congreß in seiner diesjährigen Sitzung
vorgelegt, es ist zu bedauern, daß die Zeit für seine Nachforschungen viel zu knapp
zugemessen war. und daß er vor allem England, das wichtigste Land für diese In¬
dustrie, nicht näher hat bereisen können. Indeß ist grade über Englands Baum¬
wollenfabrikation vieles geschrieben, und die Mittheilungen, welche uns der Bericht
über den Stand der Industrie auf dem europäischen Festlande gibt, sind so inter¬
essant, daß wir unsern Lesern sür die wichtigsten Länder einige Hauptergebnisse da¬
raus vorlegen möchten. '

Aus einer englischen Tabelle ersehen wir zunächst, daß in der Periode von


einigten Staaten und Europa vor allem nährt, so daß man mit dem trefflichen säch¬
sischen Statistiker or. Engel wol sagen kann : „England und die Vereinigten Staa¬
ten sind durch einen Baumwollfaden miteinander verbunden, der, so schwach und
gebrechlich er scheinen mag. doch stärker ist, als ein eisernes Tau."

Seit den großen Erfindungen von Arkwright. Whale und Whitney ist d.c Ver¬
arbeitung des Rohmaterials immer leichter und wohlfeiler geworden, und doch erhöht
sich der Werth keines Stoffes so sehr durch die Verarbeitung als der der Baumwolle.
Der der Wolle steigt im Verhältniß von 8:13. der der Baumwolle um das vier- ins
siebenfache, sie ist auch mehr als alle andern Materien fähig, die verschiedenste Gestalt
anzunehmen, die wärmsten und dicksten Stoffe werden jetzt daraus in Manchester
und Gladbach gemacht, die luftigsten Ballkleider in Tarare. Erst durch die Baum¬
wollenindustrie ist es möglich geworden, sich, ansprechend, paradcmäßig und doch sehr
billig zu kleiden, sie ist deshalb von größter Wichtigkeit sür die arbeitenden Classen
und die Frage der genügenden Zufuhr für den immer wachsenden Bedarf beschäftigt
mit Recht die besten nationalökonomischen Köpfe, vor allem in den Vereinigten Staa¬
ten als dem Hauptculturland.

Um über den Verbrauch der Baumwolle in Europa zuverlässige Angaben zu
erhalten, hatte deshalb der amerikanische Kongreß im vorigen Jahre Herrn John
Claibvrne beauftragt, sich nach Europa zu begeben und dort durch eigne Anschauung
sich genau über den Stand der Frage zu unterrichten. In seiner Instruction war
er angewiesen, den Ballen Baumwolle, der aus den Händen des Pflanzers kommt,
bis zum Uebergang in den wirklichen Verbrauch zu verfolgen. „Jede Meile." heißt es
hier, „um welche dieser Weg abgekürzt werden kann, jedes Hinderniß, das zu behelligen
oder zu vermeiden ist. jeder Cent, der erspart werden kann, sind Vortheile, welche
den beiden Individuen zu Gute kommen müssen, welche an den Enden dieser Kette
stehn und Angebot wie Verbrauch vermehren werden." Der Kommissar wird daher
angewiesen zu erforschen:

1) Die Masse der in den verschiedenen Ländern Europas verbrauchten Baum¬
wolle, das in den Etablissements angelegte Capital, die Zahl der Spindeln und
Stühle, den Durchschnittspreis'der Löhne.

2) Die Quellen, woher das Rohmaterial bezogen wird und den raschesten
Bczugswcg von den Vereinigten Staaten.

3) Welch« Güter dafür nach der Union zurückgehen oder zurückgehen könnten.

4) In welchem Verhältniß die verschiedenen Fabriken Baumwollcngewcbe oder
blos Garn liefern.

5) Die'Zölle und Unkosten auf das Rohmaterial u. s. w.

Der Bericht des Hrn. Claiborne ist dem Congreß in seiner diesjährigen Sitzung
vorgelegt, es ist zu bedauern, daß die Zeit für seine Nachforschungen viel zu knapp
zugemessen war. und daß er vor allem England, das wichtigste Land für diese In¬
dustrie, nicht näher hat bereisen können. Indeß ist grade über Englands Baum¬
wollenfabrikation vieles geschrieben, und die Mittheilungen, welche uns der Bericht
über den Stand der Industrie auf dem europäischen Festlande gibt, sind so inter¬
essant, daß wir unsern Lesern sür die wichtigsten Länder einige Hauptergebnisse da¬
raus vorlegen möchten. '

Aus einer englischen Tabelle ersehen wir zunächst, daß in der Periode von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/45>, abgerufen am 26.07.2024.