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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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deren Anstalten dos römischen Adels. Alle vornehmen und angesehenen Familien.,
der Römer waren damals zu großen Besitzungen in den Provinzen gelangt,
oder betheiligten sich an Bauten und Unternehmungen jeder Art. Sie hatten
daselbst ferner einen großen Anhang von Gastfreunden und Clienten, deren
Interessen sie als Schutzherren vor den römischen Behörden verirren. Man
war genöthigt, bis nach den entferntesten Orten hin sorgfältige Verbindungen
zu unterhalten. Daher besaßen denn auch die großen Familien ihre beson¬
deren Briefträger, und auch diese wurden von dem größeren Publicum. wenn
.schon im beschränkteren Maße, für die eigenen Bedürfnisse benutzt.

Außer diesem bestanden endlich die zahlreichen Gelegenheiten, welche die
Reisenden überhaupt, und insbesondere die kleineren Körperschaften des ge¬
werblichen Lebens, die Schiffer, die Kaufleute, die Hirten, die Fuhrleute, selbst
die sehr gchäbigen Schwemehändler und andere in reichlichem Maße dar¬
boten. Alle dich beförderten Briefe und Gepäck, und obschon ihre Wande¬
rungen nach genau festgestellten Zielen gerichtet waren, oder nur geringe
Gebiete umfaßten, so wurden sie grade deswegen in oft sehr entlegene und
wenig besuchte Gegenden geführt, und füllten damit die Lücken aus. welche
die größeren Anstalten übrigließen. Auf diese Weise gelangten damals
Brese und Gepäck von den Ufern des Euphrat bis zu dem gallischen See¬
hafen Bononia. von dem Fuße des Atlas bis zu den Ufern der Donau. Die
Weltverbindung jener Zeit steht einzig in ihrer Art da. und wird immerhin für alle
Zeiten staunenswürdig bleiben, wenn man erwägt, daß die Schwierigkeiten, welche
die Natur entgegenstellte, nicht durch die zahlreichen technischen Erfindungen der
Jetztzeit, sondern nur durch ungeheure Anstrengung, namentlich durch einen über¬
mäßigen Verbrauch der körperlichen Kräfte von Menschen und Thieren überwun¬
den werden sonnten. Indessen war von allen diesen Anstalten des öffentlichen
Verkehrs keine einzige zu einer'Anstalt der gesammten Gesellschaft erhoben;
Behörden. Körperschaften und Privatpersonen, schufen neue Mittel, und be-
. nutzten nach Möglichkeit und Willkür die ihnen dargebotenen. In dieses
bunte Gewirr von Verkehrsmitteln brachte die kaiserliche Zeit eine einseitige
und gewaltsame Abänderung.

Um nämlich von allen Vorgängen in den Provinzen möglichst schnelle
und genaue Nachrichten zu erhalten, bestellte Augustus junge, rüstige Leute
als öffentliche Läufer, welche die ihnen übergebenen Briefschaften schnell von
einem'Orte zum andern beförderten, bis sie in die kaiserlichen Hände gelangt
waren. Diese Einrichtung erhielt bald eine Abänderung. Es scheint, daß
die brieflichen Mittheilungen dem sorglichen Sinne des Augustus nicht immer
genügten; er wünschte auch mündliche Erkundigungen einziehen zu können.
Deshalb wurde verordnet, daß an-allen Rasten auf Kosten des Staates
Wagen in Bereitschaft gehalten werden sollten, aus welchen die gleichen


deren Anstalten dos römischen Adels. Alle vornehmen und angesehenen Familien.,
der Römer waren damals zu großen Besitzungen in den Provinzen gelangt,
oder betheiligten sich an Bauten und Unternehmungen jeder Art. Sie hatten
daselbst ferner einen großen Anhang von Gastfreunden und Clienten, deren
Interessen sie als Schutzherren vor den römischen Behörden verirren. Man
war genöthigt, bis nach den entferntesten Orten hin sorgfältige Verbindungen
zu unterhalten. Daher besaßen denn auch die großen Familien ihre beson¬
deren Briefträger, und auch diese wurden von dem größeren Publicum. wenn
.schon im beschränkteren Maße, für die eigenen Bedürfnisse benutzt.

Außer diesem bestanden endlich die zahlreichen Gelegenheiten, welche die
Reisenden überhaupt, und insbesondere die kleineren Körperschaften des ge¬
werblichen Lebens, die Schiffer, die Kaufleute, die Hirten, die Fuhrleute, selbst
die sehr gchäbigen Schwemehändler und andere in reichlichem Maße dar¬
boten. Alle dich beförderten Briefe und Gepäck, und obschon ihre Wande¬
rungen nach genau festgestellten Zielen gerichtet waren, oder nur geringe
Gebiete umfaßten, so wurden sie grade deswegen in oft sehr entlegene und
wenig besuchte Gegenden geführt, und füllten damit die Lücken aus. welche
die größeren Anstalten übrigließen. Auf diese Weise gelangten damals
Brese und Gepäck von den Ufern des Euphrat bis zu dem gallischen See¬
hafen Bononia. von dem Fuße des Atlas bis zu den Ufern der Donau. Die
Weltverbindung jener Zeit steht einzig in ihrer Art da. und wird immerhin für alle
Zeiten staunenswürdig bleiben, wenn man erwägt, daß die Schwierigkeiten, welche
die Natur entgegenstellte, nicht durch die zahlreichen technischen Erfindungen der
Jetztzeit, sondern nur durch ungeheure Anstrengung, namentlich durch einen über¬
mäßigen Verbrauch der körperlichen Kräfte von Menschen und Thieren überwun¬
den werden sonnten. Indessen war von allen diesen Anstalten des öffentlichen
Verkehrs keine einzige zu einer'Anstalt der gesammten Gesellschaft erhoben;
Behörden. Körperschaften und Privatpersonen, schufen neue Mittel, und be-
. nutzten nach Möglichkeit und Willkür die ihnen dargebotenen. In dieses
bunte Gewirr von Verkehrsmitteln brachte die kaiserliche Zeit eine einseitige
und gewaltsame Abänderung.

Um nämlich von allen Vorgängen in den Provinzen möglichst schnelle
und genaue Nachrichten zu erhalten, bestellte Augustus junge, rüstige Leute
als öffentliche Läufer, welche die ihnen übergebenen Briefschaften schnell von
einem'Orte zum andern beförderten, bis sie in die kaiserlichen Hände gelangt
waren. Diese Einrichtung erhielt bald eine Abänderung. Es scheint, daß
die brieflichen Mittheilungen dem sorglichen Sinne des Augustus nicht immer
genügten; er wünschte auch mündliche Erkundigungen einziehen zu können.
Deshalb wurde verordnet, daß an-allen Rasten auf Kosten des Staates
Wagen in Bereitschaft gehalten werden sollten, aus welchen die gleichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/39>, abgerufen am 26.07.2024.