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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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deutenden Umfang erst dann, als die Römer mit ihren Eroberungen über die
Grenzen Italiens hinausgingen. Die Nachrichten aus dieser Zeit sind es
auch, welche uns einen ersten richtigen Blick in die ursprünglichen Einrichtungen
gestatten. Da die Statthalter der römischen Provinzen in größerem oder ge¬
ringerem Umfange die Macht und das Ansehen der römischen Behörden da¬
selbst zu vertreten hatten und demnach 'mit den Vollmachten dieser letzteren
ausgerüstet waren, so wurde auch der öffentliche Verkehr nach demselben
Maßstabe hier wie dort behandelt. Insbesondere unterhielten die Obrigkeiten
ti;r Provinzen durch ihre Bediensteten, durch ihre Statoren, Cursoren, oder
^welchen Namen sie immer tragen mochten, eine äußerst lebhafte Verbindung.
Neben den amtlichen Berichten und Depeschen übernahmen diese öffentlichen
Diener auch die Beförderung von Gegenständen und Briefen zu Gunsten aller"
Personen, welche zu den obrigkeitlichen Kreisen in näheren Beziehungen
standen.

Weit ausgedehnter als die Beförderung von Briefen und Gepäck, welche
die Weibel und Boten der römischen Statthalter übernehmen konnten, war
die weitverzweigte Fergung, welche durch die Körperschaft der Pächter in das
Werk gesetzt wurde. Es ist bekannt, daß sich mit der wachsenden Zunahme
des Reiches allmälig eine meist aus den Gliedern des ehemaligen Ritter-
standes bestehende Genossenschaft gebildet hatte, welche die öffentlichen Lände-
reien so ore die auf den Grundstücken lastenden Zehnten. Gefällt und Steuern
in Pacht nahm. Die Gesellschaft hatte in allen bedeutenden Städten der
Provinzen große Niederlagen von Getreide und Landcscrzeugnisscn. die von
diesen Punkten aus in den Handel gebracht wurden. Schon die Bestreitung
der Borschüsse an den Staat erheischte fortwährend große Baarschaften; diese
wurden noch durch die Ergiebigkeit des Unternehmens fortwährend vermehrt.
Die Gelder der Gesellschaft waren bis in die entferntesten Gegenden in zahlreichen
Kassen niedergelegt, woselbst sie durch Zinsgeschäfte. Darlehen. UmWechsel und
anderweitige Unternehmungen der mannigfaltigsten Art fortwährend umgesetzt
wurden. Ein so weitverzweigtes Unternehnren machte die schnellste gegenseitige
Mittheilung zur Nothwendigkeit. Die Gesellschaft hatte daher bis in die kleinsten
Städte hinein Briefträger (wbellarii) bestellt, welche die ihnen übergebenen Brich
schaften, Befehle und Weisungen regelmäßig nach allen Seiten hin beförderten.
Dieselben übernahmen aber auch die Besorgung aller Briefschaften von Pri¬
vaten, und -die letzteren machten von dieser Bereitwilligkeit einen sehr aus¬
gedehnten Gebrauch, da einestheils die Verbindungen der Pächter bis in die
kleinsten Orte reichten, anderntheils die Briefe selbst, 'bei der Heftigkeit der
bürgerlichen Unruhen, den> Nachspürereien der Parteien wenigstens nicht un¬
mittelbar ausgesetzt waren.

Zu den genannten Arten der Beförderung kamen aber noch die beson-


deutenden Umfang erst dann, als die Römer mit ihren Eroberungen über die
Grenzen Italiens hinausgingen. Die Nachrichten aus dieser Zeit sind es
auch, welche uns einen ersten richtigen Blick in die ursprünglichen Einrichtungen
gestatten. Da die Statthalter der römischen Provinzen in größerem oder ge¬
ringerem Umfange die Macht und das Ansehen der römischen Behörden da¬
selbst zu vertreten hatten und demnach 'mit den Vollmachten dieser letzteren
ausgerüstet waren, so wurde auch der öffentliche Verkehr nach demselben
Maßstabe hier wie dort behandelt. Insbesondere unterhielten die Obrigkeiten
ti;r Provinzen durch ihre Bediensteten, durch ihre Statoren, Cursoren, oder
^welchen Namen sie immer tragen mochten, eine äußerst lebhafte Verbindung.
Neben den amtlichen Berichten und Depeschen übernahmen diese öffentlichen
Diener auch die Beförderung von Gegenständen und Briefen zu Gunsten aller"
Personen, welche zu den obrigkeitlichen Kreisen in näheren Beziehungen
standen.

Weit ausgedehnter als die Beförderung von Briefen und Gepäck, welche
die Weibel und Boten der römischen Statthalter übernehmen konnten, war
die weitverzweigte Fergung, welche durch die Körperschaft der Pächter in das
Werk gesetzt wurde. Es ist bekannt, daß sich mit der wachsenden Zunahme
des Reiches allmälig eine meist aus den Gliedern des ehemaligen Ritter-
standes bestehende Genossenschaft gebildet hatte, welche die öffentlichen Lände-
reien so ore die auf den Grundstücken lastenden Zehnten. Gefällt und Steuern
in Pacht nahm. Die Gesellschaft hatte in allen bedeutenden Städten der
Provinzen große Niederlagen von Getreide und Landcscrzeugnisscn. die von
diesen Punkten aus in den Handel gebracht wurden. Schon die Bestreitung
der Borschüsse an den Staat erheischte fortwährend große Baarschaften; diese
wurden noch durch die Ergiebigkeit des Unternehmens fortwährend vermehrt.
Die Gelder der Gesellschaft waren bis in die entferntesten Gegenden in zahlreichen
Kassen niedergelegt, woselbst sie durch Zinsgeschäfte. Darlehen. UmWechsel und
anderweitige Unternehmungen der mannigfaltigsten Art fortwährend umgesetzt
wurden. Ein so weitverzweigtes Unternehnren machte die schnellste gegenseitige
Mittheilung zur Nothwendigkeit. Die Gesellschaft hatte daher bis in die kleinsten
Städte hinein Briefträger (wbellarii) bestellt, welche die ihnen übergebenen Brich
schaften, Befehle und Weisungen regelmäßig nach allen Seiten hin beförderten.
Dieselben übernahmen aber auch die Besorgung aller Briefschaften von Pri¬
vaten, und -die letzteren machten von dieser Bereitwilligkeit einen sehr aus¬
gedehnten Gebrauch, da einestheils die Verbindungen der Pächter bis in die
kleinsten Orte reichten, anderntheils die Briefe selbst, 'bei der Heftigkeit der
bürgerlichen Unruhen, den> Nachspürereien der Parteien wenigstens nicht un¬
mittelbar ausgesetzt waren.

Zu den genannten Arten der Beförderung kamen aber noch die beson-


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[0038] deutenden Umfang erst dann, als die Römer mit ihren Eroberungen über die Grenzen Italiens hinausgingen. Die Nachrichten aus dieser Zeit sind es auch, welche uns einen ersten richtigen Blick in die ursprünglichen Einrichtungen gestatten. Da die Statthalter der römischen Provinzen in größerem oder ge¬ ringerem Umfange die Macht und das Ansehen der römischen Behörden da¬ selbst zu vertreten hatten und demnach 'mit den Vollmachten dieser letzteren ausgerüstet waren, so wurde auch der öffentliche Verkehr nach demselben Maßstabe hier wie dort behandelt. Insbesondere unterhielten die Obrigkeiten ti;r Provinzen durch ihre Bediensteten, durch ihre Statoren, Cursoren, oder ^welchen Namen sie immer tragen mochten, eine äußerst lebhafte Verbindung. Neben den amtlichen Berichten und Depeschen übernahmen diese öffentlichen Diener auch die Beförderung von Gegenständen und Briefen zu Gunsten aller" Personen, welche zu den obrigkeitlichen Kreisen in näheren Beziehungen standen. Weit ausgedehnter als die Beförderung von Briefen und Gepäck, welche die Weibel und Boten der römischen Statthalter übernehmen konnten, war die weitverzweigte Fergung, welche durch die Körperschaft der Pächter in das Werk gesetzt wurde. Es ist bekannt, daß sich mit der wachsenden Zunahme des Reiches allmälig eine meist aus den Gliedern des ehemaligen Ritter- standes bestehende Genossenschaft gebildet hatte, welche die öffentlichen Lände- reien so ore die auf den Grundstücken lastenden Zehnten. Gefällt und Steuern in Pacht nahm. Die Gesellschaft hatte in allen bedeutenden Städten der Provinzen große Niederlagen von Getreide und Landcscrzeugnisscn. die von diesen Punkten aus in den Handel gebracht wurden. Schon die Bestreitung der Borschüsse an den Staat erheischte fortwährend große Baarschaften; diese wurden noch durch die Ergiebigkeit des Unternehmens fortwährend vermehrt. Die Gelder der Gesellschaft waren bis in die entferntesten Gegenden in zahlreichen Kassen niedergelegt, woselbst sie durch Zinsgeschäfte. Darlehen. UmWechsel und anderweitige Unternehmungen der mannigfaltigsten Art fortwährend umgesetzt wurden. Ein so weitverzweigtes Unternehnren machte die schnellste gegenseitige Mittheilung zur Nothwendigkeit. Die Gesellschaft hatte daher bis in die kleinsten Städte hinein Briefträger (wbellarii) bestellt, welche die ihnen übergebenen Brich schaften, Befehle und Weisungen regelmäßig nach allen Seiten hin beförderten. Dieselben übernahmen aber auch die Besorgung aller Briefschaften von Pri¬ vaten, und -die letzteren machten von dieser Bereitwilligkeit einen sehr aus¬ gedehnten Gebrauch, da einestheils die Verbindungen der Pächter bis in die kleinsten Orte reichten, anderntheils die Briefe selbst, 'bei der Heftigkeit der bürgerlichen Unruhen, den> Nachspürereien der Parteien wenigstens nicht un¬ mittelbar ausgesetzt waren. Zu den genannten Arten der Beförderung kamen aber noch die beson-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/38>, abgerufen am 26.07.2024.