Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.habe. Auch Pöllnitz wirft in seinen Memoiren mehrmals spöttische Seiten¬ Grumbkow war kein militärisches Genie und noch viel weniger ein Hau¬ Der Prinz stand in Opposition gegen den Luxus seines Vaters, liebte Grumbkow hatte sich nicht verrechnet. Kaum war Friedrich I. 1713 ge¬ 47*
habe. Auch Pöllnitz wirft in seinen Memoiren mehrmals spöttische Seiten¬ Grumbkow war kein militärisches Genie und noch viel weniger ein Hau¬ Der Prinz stand in Opposition gegen den Luxus seines Vaters, liebte Grumbkow hatte sich nicht verrechnet. Kaum war Friedrich I. 1713 ge¬ 47*
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habe. Auch Pöllnitz wirft in seinen Memoiren mehrmals spöttische Seiten¬
blicke auf Grumbkows Muth. Dennoch darf man wol nicht zu viel Gewicht
darauf legen.
Grumbkow war kein militärisches Genie und noch viel weniger ein Hau¬
degen, wie Leopold von Dessau, „der alte Schnurrbart", und seine Feinde
mögen deshalb gern solche Gerüchte verbreitet haben. In dem flandrischen
Feldzug des Jahres 1709 war er häusig in Gesellschaft mit dem Prinzen
Eugen und Marlborough, die gewiß einen Feigling nicht um sich geduldet hät¬
ten. Die Ehre solchen Umgangs hatten dem noch jungen Offizier seine schon
früher bei Hof bewiesene Feinheit und diplomatische Fertigkeit erworben; denn
er war als Militärbevollmächtigter des Königs den beiden Feldherrn bei¬
geordnet, und als solcher oft genug in einer schwierigen Stellung. Wichtiger
für Preußen als die Kriegserfolge, wurden die Bekanntschaften und freund¬
schaftlichen Verhältnisse, die sich hier entspannen. Nicht nur, daß Grumbkow
mit den östreichischen Generalen, dem Prinzen Eugen und dem Grafen
Seckendorff genauer bekannt, mit letzterem, einer verwandten Natur, wol
schon damals vertraut wurde, auch der preußische Kronprinz, Friedrich Wil¬
helm, der an dem Feldzug als Freiwilliger Theil nahm, schloß sich eng an
diesen Kreis an, und Grumbkows späterer Einfluß datirt von dieser Zeit her.
Der Prinz stand in Opposition gegen den Luxus seines Vaters, liebte
aber ein heitres Sichgehenlassen bei der Tafel. Beides konnte der schlaue
Grumbkow benutzen, um sich in die Gunst des zukünftigen Herrschers einzu¬
schmeicheln. Einladungen zu Gastmahlen erfolgten häufig im Lager, und
der Kronprinz und die Feldherren erwiesen Grumbkow mehrmals die Ehre
solchen Besuchs, bei welchen Gelegenheiten dessen Witz und sprudelnde Laune
sich genugsam geltend und angenehm machte.
Grumbkow hatte sich nicht verrechnet. Kaum war Friedrich I. 1713 ge¬
storben, als er von Friedrich Wilhelm zum Generallieutenant und Staats¬
minister ernannt wurde. Bei den großen Reformen und Veränderungen, die
den Thronwechsel begleiteten, war er mit der bedeutendste Rathgeber, und
diese Stelle behauptete er auch bis zu seinem Tod, wobei er alle möglichen
Intriguen und niedrigen Künste anwandte. Von nun an bewegte er sich
in den diplomatischen und Hofkreisen, in denen er sich am meisten heimisch
fühlte. Bald genug wurde er auch in die ärgerlichen Streitigkeiten derselben
verwickelt. Schon zur Zeit Friedrichs I. hatten die Schweden im Krieg ge¬
gen Rußland und Polen, die preußische Neutralität nicht achtend, die bran-
denburger Grenzen offen verletzt. Karl XII. weilte in der Türkei, während
seine Länder immer mehr bedroht wurden. Die eignen Besitzungen vor sol¬
chen Wirren zu schützen, schloß Friedrich Wilhelm 1713 den bekannten Ver¬
trag mit' den Schweden, wonach er im Verein mit dem Administrator von
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