Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.pel arabische Hütten, gleichwie Vogelnester, ja ein ganzes Dorf angebaut, das Es ist im Frühern von den sogenannten Atlanten und Karyatiden die Eine allerdings"dem gewöhnlichen Zweck entsprechende, aber doch nach pel arabische Hütten, gleichwie Vogelnester, ja ein ganzes Dorf angebaut, das Es ist im Frühern von den sogenannten Atlanten und Karyatiden die Eine allerdings"dem gewöhnlichen Zweck entsprechende, aber doch nach <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0229" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266038"/> <p xml:id="ID_586" prev="#ID_585"> pel arabische Hütten, gleichwie Vogelnester, ja ein ganzes Dorf angebaut, das<lb/> mit seinem Vieh, seinen Ställen und hundertjährigem Schutt einen widrigen<lb/> Maßstab für die auch aus solchem Schmuz noch siegend hervortretende Schön¬<lb/> heit des kolossalen Baues gibt.</p><lb/> <p xml:id="ID_587"> Es ist im Frühern von den sogenannten Atlanten und Karyatiden die<lb/> Rede gewesen, welche die Griechen öfter an Statt der gewöhnlichen Säule in<lb/> Anwendung brachten. In der ägyptischen Architektur findet sich ein ähnlicher<lb/> Gedanke ausgeführt. Es sind nämlich gigantische Götterfiguren, die nicht<lb/> selbst das Gesimse tragen, sondern nur an die Säulen lehnen und deren maje¬<lb/> stätische Miene und Haltung, wie die französischen Gelehrten sagen, dem<lb/> Nahenden ein unbeschreibliches, tief ergreifendes Gefühl der Ehrfurcht ein¬<lb/> flößt.</p><lb/> <p xml:id="ID_588" next="#ID_589"> Eine allerdings"dem gewöhnlichen Zweck entsprechende, aber doch nach<lb/> Entstehung und Zusammenhang verschiedene Anwendung fand die Säule in<lb/> den indischen Felsenarbeiten. — Mau könnte die Kunst der Excava-<lb/> tionen gewissermaßen als eine negative Architektur bezeichnen. Das Bauen<lb/> erfordert ein regelrechtes Aufrichten und Uebereinanderschichtcn früher beweg¬<lb/> lichen Materials, daß es in der ihm gegebenen Gestalt und Gesammtheit<lb/> nunmehr aus Beweglichen zu Festem werde. An der Stelle, wo vorher nichts<lb/> als Grund und' Boden war, erhebt sich eine neue Schöpfung von Menschen-^<lb/> Hand, indem der Baukünstler, Stein zu Steinen fügend, sich immer höher<lb/> in den freien Luftraum emporarbeitet. 'Diesem positiven Herbeischaffen und<lb/> Ordnen gegenüber hat die Kunst der Excavationen die Aufgabe, von dem be¬<lb/> reits an Ort und Stelle Bestehenden das Meiste wegzuschaffen und nur<lb/> weniges, dem Plane gemäß zu lassen. Solche Felsenarbeiten, die sich tief in<lb/> das volle, harte Gestein des Berges hineingruben und da Räume schufen,<lb/> wo die Natur alles felsenfest ausgefüllt, finden wir in mehren Ländern.<lb/> Hierher gehören die großartig angelegten Grabeskammern in Palästina, ferner<lb/> die schönen Königsgräber bei Persepolis, besonders aber die unzähligen An¬<lb/> lagen in der ägyptischen Thebais, mit welchen die libysche Felswand durch¬<lb/> brochen ist. Man hat keinen Anstand genommen, diese ägyptischen Kata¬<lb/> komben den dort über der Erde stehenden Werken an Größe und Pracht,<lb/> wie an Umfang gleich zu stellen. Da sind weite Säle, tief hinabgehende<lb/> Treppen, alles mit Malerei und Sculpturarbeiten überdeckt, so daß man in<lb/> einem der Gänge allein 22,000 hieroglyphische Zeichen zählte, worunter 180<lb/> Figuren in Lebensgröße. Diese unermeßlichen Räume, die in einer Strecke<lb/> von zwei Stunden sich an der Bergwand hinziehen, sind übrigens später von<lb/> Lebenden als Wohnung in Anspruch genommen worden und haben so in<lb/> ihren dunkeln Tiefen eine dreifache Bevölkerung wechseln gesehen. Zuerst<lb/> kamen die durch Jahrtausende von trauernden Aegyptern hierher getragenen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0229]
pel arabische Hütten, gleichwie Vogelnester, ja ein ganzes Dorf angebaut, das
mit seinem Vieh, seinen Ställen und hundertjährigem Schutt einen widrigen
Maßstab für die auch aus solchem Schmuz noch siegend hervortretende Schön¬
heit des kolossalen Baues gibt.
Es ist im Frühern von den sogenannten Atlanten und Karyatiden die
Rede gewesen, welche die Griechen öfter an Statt der gewöhnlichen Säule in
Anwendung brachten. In der ägyptischen Architektur findet sich ein ähnlicher
Gedanke ausgeführt. Es sind nämlich gigantische Götterfiguren, die nicht
selbst das Gesimse tragen, sondern nur an die Säulen lehnen und deren maje¬
stätische Miene und Haltung, wie die französischen Gelehrten sagen, dem
Nahenden ein unbeschreibliches, tief ergreifendes Gefühl der Ehrfurcht ein¬
flößt.
Eine allerdings"dem gewöhnlichen Zweck entsprechende, aber doch nach
Entstehung und Zusammenhang verschiedene Anwendung fand die Säule in
den indischen Felsenarbeiten. — Mau könnte die Kunst der Excava-
tionen gewissermaßen als eine negative Architektur bezeichnen. Das Bauen
erfordert ein regelrechtes Aufrichten und Uebereinanderschichtcn früher beweg¬
lichen Materials, daß es in der ihm gegebenen Gestalt und Gesammtheit
nunmehr aus Beweglichen zu Festem werde. An der Stelle, wo vorher nichts
als Grund und' Boden war, erhebt sich eine neue Schöpfung von Menschen-^
Hand, indem der Baukünstler, Stein zu Steinen fügend, sich immer höher
in den freien Luftraum emporarbeitet. 'Diesem positiven Herbeischaffen und
Ordnen gegenüber hat die Kunst der Excavationen die Aufgabe, von dem be¬
reits an Ort und Stelle Bestehenden das Meiste wegzuschaffen und nur
weniges, dem Plane gemäß zu lassen. Solche Felsenarbeiten, die sich tief in
das volle, harte Gestein des Berges hineingruben und da Räume schufen,
wo die Natur alles felsenfest ausgefüllt, finden wir in mehren Ländern.
Hierher gehören die großartig angelegten Grabeskammern in Palästina, ferner
die schönen Königsgräber bei Persepolis, besonders aber die unzähligen An¬
lagen in der ägyptischen Thebais, mit welchen die libysche Felswand durch¬
brochen ist. Man hat keinen Anstand genommen, diese ägyptischen Kata¬
komben den dort über der Erde stehenden Werken an Größe und Pracht,
wie an Umfang gleich zu stellen. Da sind weite Säle, tief hinabgehende
Treppen, alles mit Malerei und Sculpturarbeiten überdeckt, so daß man in
einem der Gänge allein 22,000 hieroglyphische Zeichen zählte, worunter 180
Figuren in Lebensgröße. Diese unermeßlichen Räume, die in einer Strecke
von zwei Stunden sich an der Bergwand hinziehen, sind übrigens später von
Lebenden als Wohnung in Anspruch genommen worden und haben so in
ihren dunkeln Tiefen eine dreifache Bevölkerung wechseln gesehen. Zuerst
kamen die durch Jahrtausende von trauernden Aegyptern hierher getragenen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |