Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.knüpfen die Wiedergeburt der nationalen Kunst an die Romantiker an, feiern knüpfen die Wiedergeburt der nationalen Kunst an die Romantiker an, feiern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0016" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/265825"/> <p xml:id="ID_13" prev="#ID_12" next="#ID_14"> knüpfen die Wiedergeburt der nationalen Kunst an die Romantiker an, feiern<lb/> in den Nibelungen- und Faustillustrationen patriotische Thaten, welche uns erst<lb/> wieder eine eigenthümliche Kunst schenkten und denken gering von der frühern<lb/> deutschen Künstlerkraft.. Einen scheinbaren Vorwand dazu gibt noch die un¬<lb/> leugbare Berührung deutscher und französischer Kunst am Schlüsse des vorigen<lb/> Jahrhunderts. Wir können aber nur wiederholen, daß keine Abhängigkeit<lb/> von der nationalen französischen Kunst beabsichtigt wurde, daß vielmehr die<lb/> Uebereinstimmung in dem antiken Cultus diese Verwandtschaft hervorrief. Wir<lb/> bemerken in einzelnen Fällen ein Zusammentreffen mit der Kunstweise Davids,<lb/> wo wir keine Spuren unmittelbarer Beziehungen zu dem französischen Alt¬<lb/> meister nachweisen können. Es lag eben diese Richtung in der Luft und theilte<lb/> sich unwillkürlich allen Strebenden mit. Wenn wir billig sind, werden wir<lb/> eingestehen, daß bei Schick und Wächter die Phantasie, die specielle male¬<lb/> rische Begabung ungleich höher entwickelt war, als bei den meisten Gro߬<lb/> meistern der gegenwärtigen Kunst. Zum Ausdruck ihrer Gedanken brauchten<lb/> sie freilich nicht so große Maschinen, wie die Franzosen spöttisch unsere mo¬<lb/> numentale Malerei nennen, aber in dem beschränkten Raume zeigen sie eine<lb/> Fülle malerischer Reize, eine Gewalt über plastische Formen, einen Sinn für<lb/> reine Schönheit, Hoheit und Anmuth, wie wir sie bei unsern Zeitgenossen ost<lb/> schmerzlich genug vermissen. Es wäre nicht schwer, auch bei Carstens die<lb/> buonarottische Inspiration, bei Schick eine Rafaels würdige Grazie nachzu¬<lb/> weisen. Hält man vollends mit ihren Werken die älteren Schöpfungen der<lb/> Neurömer, die Anfangsarbeiten Schuorrs, Overbecks, u. a. zusammen,<lb/> dann empfängt man unwillkürlich das Gefühl, als würde man mit einem<lb/> Zauberschlage aus dem Sitze hoher Civilisation in eine Urwildniß versetzt.<lb/> Auch diese Rohheit und Unförmlichkeit hat ihr historisches Recht. Wir wollten<lb/> überhaupt nicht unsern gegenwärtigen Künstlern zu nahe treten und halten<lb/> für ihre Eigenthümlichkeit den gleichen empfänglichen Sinn bereit. Nur mei¬<lb/> nen wir, es sei nicht rathsam, für unsere jüngste Gegenwart stets nur das<lb/> sechzehnte Jahrhundert zum Vergleiche heranzuziehen und unbillig, die Außen¬<lb/> stehenden glauben zu machen, als wäre erst mit dem Jahre 1810 oder 1812<lb/> das Licht in die Welt gekommen. Der Hellenismus in der Malerei fand in<lb/> dem erweiterten Gedankenkreise eine nothwendige Schranke, er besitzt nur sür<lb/> eine abgeschlossene Ideenwelt die entsprechenden Formen, über jene hinaus<lb/> sinkt er zur leidigen Manier herab. Man sehe nur in dem Bilde des jungem<lb/> Tischbein: Conradin von Schwaben wird das Todesurtheil verkündigt, welche<lb/> Caricaturen mißverstandene Klassicität schasst. Auch das geben wir zu, daß der<lb/> Hellenismus namentlich durch die Wahl fernliegender Motive die Kunst vom<lb/> Leben trennte nöt ausschließlich an einen Kreis der Eingeweihten sich wen¬<lb/> dete. Wer nicht Freimaurerei in künstlerischen Dingen trieb, höhere Grade</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0016]
knüpfen die Wiedergeburt der nationalen Kunst an die Romantiker an, feiern
in den Nibelungen- und Faustillustrationen patriotische Thaten, welche uns erst
wieder eine eigenthümliche Kunst schenkten und denken gering von der frühern
deutschen Künstlerkraft.. Einen scheinbaren Vorwand dazu gibt noch die un¬
leugbare Berührung deutscher und französischer Kunst am Schlüsse des vorigen
Jahrhunderts. Wir können aber nur wiederholen, daß keine Abhängigkeit
von der nationalen französischen Kunst beabsichtigt wurde, daß vielmehr die
Uebereinstimmung in dem antiken Cultus diese Verwandtschaft hervorrief. Wir
bemerken in einzelnen Fällen ein Zusammentreffen mit der Kunstweise Davids,
wo wir keine Spuren unmittelbarer Beziehungen zu dem französischen Alt¬
meister nachweisen können. Es lag eben diese Richtung in der Luft und theilte
sich unwillkürlich allen Strebenden mit. Wenn wir billig sind, werden wir
eingestehen, daß bei Schick und Wächter die Phantasie, die specielle male¬
rische Begabung ungleich höher entwickelt war, als bei den meisten Gro߬
meistern der gegenwärtigen Kunst. Zum Ausdruck ihrer Gedanken brauchten
sie freilich nicht so große Maschinen, wie die Franzosen spöttisch unsere mo¬
numentale Malerei nennen, aber in dem beschränkten Raume zeigen sie eine
Fülle malerischer Reize, eine Gewalt über plastische Formen, einen Sinn für
reine Schönheit, Hoheit und Anmuth, wie wir sie bei unsern Zeitgenossen ost
schmerzlich genug vermissen. Es wäre nicht schwer, auch bei Carstens die
buonarottische Inspiration, bei Schick eine Rafaels würdige Grazie nachzu¬
weisen. Hält man vollends mit ihren Werken die älteren Schöpfungen der
Neurömer, die Anfangsarbeiten Schuorrs, Overbecks, u. a. zusammen,
dann empfängt man unwillkürlich das Gefühl, als würde man mit einem
Zauberschlage aus dem Sitze hoher Civilisation in eine Urwildniß versetzt.
Auch diese Rohheit und Unförmlichkeit hat ihr historisches Recht. Wir wollten
überhaupt nicht unsern gegenwärtigen Künstlern zu nahe treten und halten
für ihre Eigenthümlichkeit den gleichen empfänglichen Sinn bereit. Nur mei¬
nen wir, es sei nicht rathsam, für unsere jüngste Gegenwart stets nur das
sechzehnte Jahrhundert zum Vergleiche heranzuziehen und unbillig, die Außen¬
stehenden glauben zu machen, als wäre erst mit dem Jahre 1810 oder 1812
das Licht in die Welt gekommen. Der Hellenismus in der Malerei fand in
dem erweiterten Gedankenkreise eine nothwendige Schranke, er besitzt nur sür
eine abgeschlossene Ideenwelt die entsprechenden Formen, über jene hinaus
sinkt er zur leidigen Manier herab. Man sehe nur in dem Bilde des jungem
Tischbein: Conradin von Schwaben wird das Todesurtheil verkündigt, welche
Caricaturen mißverstandene Klassicität schasst. Auch das geben wir zu, daß der
Hellenismus namentlich durch die Wahl fernliegender Motive die Kunst vom
Leben trennte nöt ausschließlich an einen Kreis der Eingeweihten sich wen¬
dete. Wer nicht Freimaurerei in künstlerischen Dingen trieb, höhere Grade
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