Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.Monumentalrcstcn nach den lebendigen Schöpfern derselben, .Keine Ant¬ 56"
Monumentalrcstcn nach den lebendigen Schöpfern derselben, .Keine Ant¬ 56"
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0451" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186864"/> <p xml:id="ID_1018" prev="#ID_1017" next="#ID_1019"> Monumentalrcstcn nach den lebendigen Schöpfern derselben, .Keine Ant¬<lb/> wort wird uns zu Theil. Die kölnische Kunstgeschichte kennt keine Namen,<lb/> und wo ausnahmsweise solche auftauchen, sind es eben leere Namen ohne Sub¬<lb/> stanz, hinter welchen auch die kühnste Phantasie kein persönliches, volles Leben<lb/> zu errathen vermag. Der Laie (oder Laienbruder) Albero, der im I. 1219<lb/> die Apostelkirche wölbte, der Goldschmied Eilbertus. der im zwölften Jahr¬<lb/> hundert einen kleinen Altar (in der Schlohfapelle zu Hannover) cmaillirte. das<lb/> ist so ziemlich die ganze Ausbeute von Künstlernachrichten aus der romanischen<lb/> Periode. Wer hat die großartig belebte Choranlnge in der Kirche Maria aus<lb/> dem Capitol zuerst gedacht, wer der kölnischen Architektur am Schlüsse des<lb/> zwölften Jahrhunderts die glänzende äußere Decoration verliehen? Weichen<lb/> genialen Künstler verdanken wir die Wandgemälde zu Schwarzerheindorf, zu<lb/> Vrauweiler und in andern Kirchen des kölnischen Kunsttreiscs? Wir wissen<lb/> darüber so wenig, wie über den ersten Dombaumeister und die näheren Um¬<lb/> stände, welche die Dombaustiftung begleiteten. Das gleiche Dunkel herrscht über<lb/> die kölnische Malerschule des fünfzehnten Jahrhunderts. Blößen Zufall ver¬<lb/> dauten wir die .Kenntniß der Namen i Meister Wilhelm und Stephan. Das<lb/> Resultat einer Combination ist die Beziehung des letzten Namens auf das<lb/> Dombild, keineswegs noch sicher gestellt die Identität des Dombildschöpfers<lb/> mit dem aus Eonstanz gebürtigen Stephan Lorthener, der im Jahr 1452 im<lb/> Hospitale verstarb. Und wäre dieselbe auch gewiß, für die persönliche Wür¬<lb/> digung des Mannes brächte das geringe» Gewinn. Drei ziemlich willkürlich<lb/> ersonnene Collectivncnnen endlich fassen die ganze Kenntniß in sich, die wir<lb/> von den Nachfolgern des Meister Stephan besitzen. Auch wenn wir die Kunde<lb/> von dem Erbauer des Straßburger Münsterthurmes- Johannes Hültz aus Köln<lb/> und von dem in Burgos wirksamen Architekten Johann von.Köln heranziehen,<lb/> wird unsere Anschauung von dem kölnische» Künstlerleben nicht greifbarer. Es ist<lb/> stets em bloßes Geschehen, keine lebendige Thaten, die wir erfahren; an die<lb/> Stelle der sinnlich ansprechende» Erzählung tritt die mühselige Analyse der<lb/> uus überdies oft nur fragmentarisch erhaltenen Denkmäler. Wer sich mit der<lb/> Vergangenheit Kölns eingehend beschäftigt hat, weiß wie wir. daß, um einen<lb/> glücklich gewühlten Ausdruck zu wiederholen, die kölnischen Monumente den<lb/> Palimpsesten gleichen, deren verschiedene Schichten zu trennen und nach Zeit<lb/> und Charakter richtig zu bestimmen, erst unseren Tagen gelungen ist, und ihre<lb/> historische Erkenntniß zeichnet sich durch unmittelbare Anschaulichkeit keines¬<lb/> wegs aus. Will man in sinnlichen Bildern das alte kölnische Kunstleben uns<lb/> vorführen, so bleibt nichts Anderes übrig, als zu zeigen, einmal, daß man<lb/> baute, das andremal. daß man malte. Man kann den Bau verschieden schil¬<lb/> dern, ihm bald romanische, bald gothische Formen verleihen, man kann in den<lb/> Gegenständen der malerischen Thätigkeit einen Wechsel eintreten lassen, hier</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 56"</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0451]
Monumentalrcstcn nach den lebendigen Schöpfern derselben, .Keine Ant¬
wort wird uns zu Theil. Die kölnische Kunstgeschichte kennt keine Namen,
und wo ausnahmsweise solche auftauchen, sind es eben leere Namen ohne Sub¬
stanz, hinter welchen auch die kühnste Phantasie kein persönliches, volles Leben
zu errathen vermag. Der Laie (oder Laienbruder) Albero, der im I. 1219
die Apostelkirche wölbte, der Goldschmied Eilbertus. der im zwölften Jahr¬
hundert einen kleinen Altar (in der Schlohfapelle zu Hannover) cmaillirte. das
ist so ziemlich die ganze Ausbeute von Künstlernachrichten aus der romanischen
Periode. Wer hat die großartig belebte Choranlnge in der Kirche Maria aus
dem Capitol zuerst gedacht, wer der kölnischen Architektur am Schlüsse des
zwölften Jahrhunderts die glänzende äußere Decoration verliehen? Weichen
genialen Künstler verdanken wir die Wandgemälde zu Schwarzerheindorf, zu
Vrauweiler und in andern Kirchen des kölnischen Kunsttreiscs? Wir wissen
darüber so wenig, wie über den ersten Dombaumeister und die näheren Um¬
stände, welche die Dombaustiftung begleiteten. Das gleiche Dunkel herrscht über
die kölnische Malerschule des fünfzehnten Jahrhunderts. Blößen Zufall ver¬
dauten wir die .Kenntniß der Namen i Meister Wilhelm und Stephan. Das
Resultat einer Combination ist die Beziehung des letzten Namens auf das
Dombild, keineswegs noch sicher gestellt die Identität des Dombildschöpfers
mit dem aus Eonstanz gebürtigen Stephan Lorthener, der im Jahr 1452 im
Hospitale verstarb. Und wäre dieselbe auch gewiß, für die persönliche Wür¬
digung des Mannes brächte das geringe» Gewinn. Drei ziemlich willkürlich
ersonnene Collectivncnnen endlich fassen die ganze Kenntniß in sich, die wir
von den Nachfolgern des Meister Stephan besitzen. Auch wenn wir die Kunde
von dem Erbauer des Straßburger Münsterthurmes- Johannes Hültz aus Köln
und von dem in Burgos wirksamen Architekten Johann von.Köln heranziehen,
wird unsere Anschauung von dem kölnische» Künstlerleben nicht greifbarer. Es ist
stets em bloßes Geschehen, keine lebendige Thaten, die wir erfahren; an die
Stelle der sinnlich ansprechende» Erzählung tritt die mühselige Analyse der
uus überdies oft nur fragmentarisch erhaltenen Denkmäler. Wer sich mit der
Vergangenheit Kölns eingehend beschäftigt hat, weiß wie wir. daß, um einen
glücklich gewühlten Ausdruck zu wiederholen, die kölnischen Monumente den
Palimpsesten gleichen, deren verschiedene Schichten zu trennen und nach Zeit
und Charakter richtig zu bestimmen, erst unseren Tagen gelungen ist, und ihre
historische Erkenntniß zeichnet sich durch unmittelbare Anschaulichkeit keines¬
wegs aus. Will man in sinnlichen Bildern das alte kölnische Kunstleben uns
vorführen, so bleibt nichts Anderes übrig, als zu zeigen, einmal, daß man
baute, das andremal. daß man malte. Man kann den Bau verschieden schil¬
dern, ihm bald romanische, bald gothische Formen verleihen, man kann in den
Gegenständen der malerischen Thätigkeit einen Wechsel eintreten lassen, hier
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