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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Volk belehren und begeistern soll, erscheint das offene Urtheil Pflicht. Ein
strenges Urtheil aber ist bei einem Künstler von Steinles reicher Wirksamkeit
und glänzender Begabung gewiß gestattet, es wird überdies herausgefordert
durch die unbeschränkte Lobspende, die auch'diesem Werke gezollt wurde und
dasselbe als eine hervorragende Schöpfung unserer Zeit pries.

Ein durch Gemeinsinn ausgezeichneter kölner Bürger. Hr. Nichartz, schenkte
bekanntlich vor einigen Jahren seiner Baterstadt die zum Neubau eines
Museums erforderliche Geldsumme, er vermehrte sie bereitwillig, als die erste
Dotation nicht ausreichte, und beschloß auch die Kosten der innern malerischen
Ausschmückung zu tragen. Das Treppenhaus sollte mit einer Reihe von
Frescobiloern geziert werden. Ihre Ausführung wurde dem im Rheinlande
beliebten und bekannten Maler Ed. Seelilie aus Frankfurt übertragen, als
Motiv der Darstellung die kölnische Kunstgeschichte bestimmt. Eine schlimmere
Wahl konnte man nicht treffen. Wir wiederholen hier nicht die grundsätz¬
lichen Bedenken gegen das Einschmuggeln abstracter Borstellungskreise in das
Reich der bildenden Kunst. Sie wurden an einem andern Orte ausführlich
vorgebracht, von andern ausgenommen, bald noch weiter ausgedehnt, bald
heftig bestritten, so daß vom allgemeinen Standpunkt nicht füglich Neues da¬
rüber gesagt werden kann. Da es für unfern Zweck völlig gleichgültig er¬
scheint, ob wir reinen Berstnndcsproducten das Recht der bildlichen Verkörperung
im Princip zusprechen oder abstreiten,, so wollen wir unsern Gegnern alte
denkbaren Zugeständnisse machen und gemalte Kunst- und Literaturgeschichten
und wenn sie wollen auch Handelsgeschichten und Gewerbgeschichten als durch¬
aus zulässig ansehen. Selbst in diesem Falle bleibt dennoch der Borwurf
einer kölnischen Kunstgeschichte für die malerische Darstellung höchst unglücklich
zu nennen.

Die kölnische Kunst befilzt vor jener der modernen deutschen Städte den
großen Borzug einer ziemlich stetigen Entwicklung. Hildesheim spielt nur in
der Zeit des Bischofs Bernward eine hervorragende Rolle, die kunstgeschicht¬
liche Bedeutung der sächsischen Städte überhaupt tritt bereits nach dem Aus-
gange des sächsischen Kaiserhauses zurück, jene der schwäbischen Städte und
insbesondere Nürnbergs beginnt erst gegen das Ende des Mittelalters. Köln
dagegen, «und in ähnlicher Weise Regensburg) offenbart in seinen Denk¬
mälern Zeugnisse für die deutsche Kimstchätigkeit jedes Jahrhunderts und jeder
Slilpcriode und spiegelt die Wandlungen der deutschen Kunst treu und voll¬
ständig im eigenen Bilde ab. Das ist ein beneidenswerther Borzug, welcher
besonders bei Forschern und Gelehrten dies kölnische Kunstleben in hohe
Gunst gebracht hat. Aber auch die Schattenseite fehlt nicht. 'Vergebens sieht
man sich nach inhaltreichen Persönlichkeiten, nach dramatischen Motiven
um. vergebens lenkt man den Blick fragend von den zahlreich uns erhaltenen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/450>, abgerufen am 29.12.2024.