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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Generale und Offiziere, tief verstimmt sahen sie ans den Kongreß und selbst
Paez wurde überrascht von dessen entschlossenem Gebühren. Indeß er bewährte
sich auch hier als Patriot. Respectirt von vielen ob seiner langjährigen
Waffenthaten, geliebt von andern wegen seiner Biederkeit und Leutseligkeit,
bot er allen ihm nur möglichen Einfluß auf. bald verheißend, bald drohend,
um das Heer zur Entsagung seiner Ansprüche und Anerkennung der neuen ge¬
setzlichen Ordnung zu bewegen. Er hatte sogar die unsinnigsten Projecte zu
bekämpfen, so groß war die Aufregung einzelner Unzufriedenen. Es gelang
ihm vollständig; und ruhig konnte der Kongreß seine Arbeit fortsetzen und am
22. Septbr. die Konstitution proclamiren. Ein sehr freisinniges Wahlgesetz
bildete die Basis. Die Muuicipalverwaltung erhielt größeren Einfluß zum
Besten der Provinzen, die legislativ und richterlich relative Selbstständigkeit
haben sollten. Diesen föderativem Principien gegenüber wurde zu angemesse¬
ner Centralisation die executive, legislative und richterliche Obergewalt ein¬
gesetzt und jede in ihrem Kreise scharf begrenzt.

Unmittelbar darauf folgten die Wahlen. Wie sich erwarten ließ, Pacz
einstimmig gewählt, eröffnete die erste constitutionelle Periode. Kaum hatte
er im Jan. AI den Präsidentensitz eingenommen, als sich schon im Osten des
Landes eine gefährliche Militärinsurrection unter dem Schilde Kolumbiens und
Bolivars erhob. An der Spitze stand -- der General Iosv Tadeo Monagas,
schon damals ein Usurpator und Feind der Konstitution, aus die er doch eben
mit geschworen hatte. Wüthend schnell verbreitete sich der Aufstand in den
östlichen Provinzen, der Bürgerkrieg flammte schon auf- da auf einmal kam
die entmuthigende Nachricht von Bolivars Tod. Zugleich eilte Pnez herbei
und unterdrückte die Bewegung mit kräftiger Hand. Seiner Großmuth hatte
Monagas zu danken, daß er Verzeihung erhielt und in seinen militärischen,
Ehren blieb. Der eben versammelte Congreß lobte den Präsidenten und ver¬
sprach ihm ewige Dankbarkeit. Einen andern wichtigen Dienst, der mindere
Aussicht auf Ruhm bot, leistete er dem öffentlichen Wohl dadurch, daß er die
fruchtbaren Thäler des Tun von einem Manne befreite, der zwar unter dem
Banner Spaniens, aber mehr Bandit als politischer Feind seit l82t die Be¬
völkerung mit Raub und Mord heimgesucht und allen Ackerbau in trostlosen
Zustand versetzt hatte. Ihn zu fangen, war schon viel Blut geflossen, viel
Geld vom Staatsschatz verschleudert worden. Paez, überzeugt von der Frucht¬
losigkeit der Waffen, beschloß jeder Gefahr zu trotzen und mit dem schlauen
Feinde persönlich zu verhandeln. Fast ohne Bedeckung eilte er in die Ge¬
birge, die jenem als Schlupfwinkel dienten, erschien Plötzlich in dessen Lager,
freimüthig und leck gegenüber dem mißirauischeu Kisneros, der Präsident
gegenüber dem gefürchteten Räuber. Das flößte diesem Vertrauen ein und
nach langen Vorstellungen ließ er sich bereden, einem friedlicheren Leben Raum


Generale und Offiziere, tief verstimmt sahen sie ans den Kongreß und selbst
Paez wurde überrascht von dessen entschlossenem Gebühren. Indeß er bewährte
sich auch hier als Patriot. Respectirt von vielen ob seiner langjährigen
Waffenthaten, geliebt von andern wegen seiner Biederkeit und Leutseligkeit,
bot er allen ihm nur möglichen Einfluß auf. bald verheißend, bald drohend,
um das Heer zur Entsagung seiner Ansprüche und Anerkennung der neuen ge¬
setzlichen Ordnung zu bewegen. Er hatte sogar die unsinnigsten Projecte zu
bekämpfen, so groß war die Aufregung einzelner Unzufriedenen. Es gelang
ihm vollständig; und ruhig konnte der Kongreß seine Arbeit fortsetzen und am
22. Septbr. die Konstitution proclamiren. Ein sehr freisinniges Wahlgesetz
bildete die Basis. Die Muuicipalverwaltung erhielt größeren Einfluß zum
Besten der Provinzen, die legislativ und richterlich relative Selbstständigkeit
haben sollten. Diesen föderativem Principien gegenüber wurde zu angemesse¬
ner Centralisation die executive, legislative und richterliche Obergewalt ein¬
gesetzt und jede in ihrem Kreise scharf begrenzt.

Unmittelbar darauf folgten die Wahlen. Wie sich erwarten ließ, Pacz
einstimmig gewählt, eröffnete die erste constitutionelle Periode. Kaum hatte
er im Jan. AI den Präsidentensitz eingenommen, als sich schon im Osten des
Landes eine gefährliche Militärinsurrection unter dem Schilde Kolumbiens und
Bolivars erhob. An der Spitze stand — der General Iosv Tadeo Monagas,
schon damals ein Usurpator und Feind der Konstitution, aus die er doch eben
mit geschworen hatte. Wüthend schnell verbreitete sich der Aufstand in den
östlichen Provinzen, der Bürgerkrieg flammte schon auf- da auf einmal kam
die entmuthigende Nachricht von Bolivars Tod. Zugleich eilte Pnez herbei
und unterdrückte die Bewegung mit kräftiger Hand. Seiner Großmuth hatte
Monagas zu danken, daß er Verzeihung erhielt und in seinen militärischen,
Ehren blieb. Der eben versammelte Congreß lobte den Präsidenten und ver¬
sprach ihm ewige Dankbarkeit. Einen andern wichtigen Dienst, der mindere
Aussicht auf Ruhm bot, leistete er dem öffentlichen Wohl dadurch, daß er die
fruchtbaren Thäler des Tun von einem Manne befreite, der zwar unter dem
Banner Spaniens, aber mehr Bandit als politischer Feind seit l82t die Be¬
völkerung mit Raub und Mord heimgesucht und allen Ackerbau in trostlosen
Zustand versetzt hatte. Ihn zu fangen, war schon viel Blut geflossen, viel
Geld vom Staatsschatz verschleudert worden. Paez, überzeugt von der Frucht¬
losigkeit der Waffen, beschloß jeder Gefahr zu trotzen und mit dem schlauen
Feinde persönlich zu verhandeln. Fast ohne Bedeckung eilte er in die Ge¬
birge, die jenem als Schlupfwinkel dienten, erschien Plötzlich in dessen Lager,
freimüthig und leck gegenüber dem mißirauischeu Kisneros, der Präsident
gegenüber dem gefürchteten Räuber. Das flößte diesem Vertrauen ein und
nach langen Vorstellungen ließ er sich bereden, einem friedlicheren Leben Raum


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[0402] Generale und Offiziere, tief verstimmt sahen sie ans den Kongreß und selbst Paez wurde überrascht von dessen entschlossenem Gebühren. Indeß er bewährte sich auch hier als Patriot. Respectirt von vielen ob seiner langjährigen Waffenthaten, geliebt von andern wegen seiner Biederkeit und Leutseligkeit, bot er allen ihm nur möglichen Einfluß auf. bald verheißend, bald drohend, um das Heer zur Entsagung seiner Ansprüche und Anerkennung der neuen ge¬ setzlichen Ordnung zu bewegen. Er hatte sogar die unsinnigsten Projecte zu bekämpfen, so groß war die Aufregung einzelner Unzufriedenen. Es gelang ihm vollständig; und ruhig konnte der Kongreß seine Arbeit fortsetzen und am 22. Septbr. die Konstitution proclamiren. Ein sehr freisinniges Wahlgesetz bildete die Basis. Die Muuicipalverwaltung erhielt größeren Einfluß zum Besten der Provinzen, die legislativ und richterlich relative Selbstständigkeit haben sollten. Diesen föderativem Principien gegenüber wurde zu angemesse¬ ner Centralisation die executive, legislative und richterliche Obergewalt ein¬ gesetzt und jede in ihrem Kreise scharf begrenzt. Unmittelbar darauf folgten die Wahlen. Wie sich erwarten ließ, Pacz einstimmig gewählt, eröffnete die erste constitutionelle Periode. Kaum hatte er im Jan. AI den Präsidentensitz eingenommen, als sich schon im Osten des Landes eine gefährliche Militärinsurrection unter dem Schilde Kolumbiens und Bolivars erhob. An der Spitze stand — der General Iosv Tadeo Monagas, schon damals ein Usurpator und Feind der Konstitution, aus die er doch eben mit geschworen hatte. Wüthend schnell verbreitete sich der Aufstand in den östlichen Provinzen, der Bürgerkrieg flammte schon auf- da auf einmal kam die entmuthigende Nachricht von Bolivars Tod. Zugleich eilte Pnez herbei und unterdrückte die Bewegung mit kräftiger Hand. Seiner Großmuth hatte Monagas zu danken, daß er Verzeihung erhielt und in seinen militärischen, Ehren blieb. Der eben versammelte Congreß lobte den Präsidenten und ver¬ sprach ihm ewige Dankbarkeit. Einen andern wichtigen Dienst, der mindere Aussicht auf Ruhm bot, leistete er dem öffentlichen Wohl dadurch, daß er die fruchtbaren Thäler des Tun von einem Manne befreite, der zwar unter dem Banner Spaniens, aber mehr Bandit als politischer Feind seit l82t die Be¬ völkerung mit Raub und Mord heimgesucht und allen Ackerbau in trostlosen Zustand versetzt hatte. Ihn zu fangen, war schon viel Blut geflossen, viel Geld vom Staatsschatz verschleudert worden. Paez, überzeugt von der Frucht¬ losigkeit der Waffen, beschloß jeder Gefahr zu trotzen und mit dem schlauen Feinde persönlich zu verhandeln. Fast ohne Bedeckung eilte er in die Ge¬ birge, die jenem als Schlupfwinkel dienten, erschien Plötzlich in dessen Lager, freimüthig und leck gegenüber dem mißirauischeu Kisneros, der Präsident gegenüber dem gefürchteten Räuber. Das flößte diesem Vertrauen ein und nach langen Vorstellungen ließ er sich bereden, einem friedlicheren Leben Raum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/402>, abgerufen am 22.12.2024.