Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.Macht der Fürsten, ihre Rechtsansprüche und ihre idealen Motive behandelt 35*
Macht der Fürsten, ihre Rechtsansprüche und ihre idealen Motive behandelt 35*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186695"/> <p xml:id="ID_642" prev="#ID_641" next="#ID_643"> Macht der Fürsten, ihre Rechtsansprüche und ihre idealen Motive behandelt<lb/> er mit gebührenden? Spott. Auch im Sturz der Jesuiten sieht er nur einen<lb/> neuen Sieg der rohen weltlichen Gewalt über die geistigen Interessen. Endlich<lb/> am 2K. September des I772sten Jahrs, in dem l2Wsten, seit nach dem Unter-<lb/> gange des abendländischen Kaiserthums ein System zusammen eristirender<lb/> Staaten sich in Europa zu bilden begann, wurde-den Grundsätzen und Ver¬<lb/> trägen, auf welche ihr Dasein und ihr Gleichgewicht nach und nach gegründet<lb/> worden, der erste Hauptstoß beigebracht." Es war die Theilung Polens, deren<lb/> Geschichte er mit den Worten schließt „Gott wollte damals die Moralität der<lb/> Großen zeigen." Kann man sich eine treffendere Satire vorstellen, als die<lb/> Geschichte der Revolution, welche Gustav 3. in Schwede» durchsetzt. „Der<lb/> Reichstag wurde versammelt; die Garnison und Garde umgaben das Haus;<lb/> der König im Ornat und der Krone, mit Gustav Adolphs silbernem Hammer<lb/> in seiner Hand, erschien, trat aus und redete: von der Gefahr der Parteiungen.<lb/> von der Tyrannei der Aristokraten, von dem Fluch, den sie auf das Land<lb/> bringe (man erkenne ihn in der Theurung des Brotes), von alten Rettern der<lb/> Nation und wie er ihr zweiter Gustav Wasa sein wolle; er gedenke nach<lb/> Gesetzen zu regieren, er hasse die Willkür. Die neuen Gesetze wurden ver¬<lb/> lesen: der Senat solle künftig von dem König ernannt, von dem König der<lb/> Reichstag berufen und aufgelöst werden; der König soll die Macht haben,<lb/> altbewilligte Auflagen ferners zu erheben, im Nothfall neue zu bestimmen.<lb/> Alle Macht, sowol zu Wasser als zu Lande, Krieg, Friede und Tractaten<lb/> hängen von dem König ab: von ihm werden alle Aemter und Würden ver¬<lb/> geben." — So hat überall der Absolutismus gesiegt. Wir sahen in den pol¬<lb/> nischen Händeln, was der militärische Despotismus gegen die heiligsten Rechte<lb/> der Nation vermag, in dem türkischen Kriege, wie sehr selbst brave Milizen<lb/> disciplinirten Heeren nachstehn und in der Sache der baienschen Erbfolge,<lb/> daß- die Sicherheit mittelmäßiger Staaten in der That von dem Umstände<lb/> abhängt: ob die gröbern sich vereinigen können oder nicht, sich dieselben zu¬<lb/> zueignen. Die Betrachtung dieser für die Menschheit mißtröstlichen Lage der<lb/> öffentlichen Moralität und Machtverhältniß leitet aus den Gedanken der Hoff¬<lb/> nungen, welche die neue Welt vielen darzubieten scheint. Die Leidenschaften<lb/> sind so alt als das menschliche Herz und Ungerechtigkeit war mit de; Ueber¬<lb/> macht auch vor Zeiten verbunden; aber die neue Organisirung des Systems<lb/> der militärischen Mächte erregt für alle nicht durch sich gewaltige Staaten<lb/> die gedoppelte Apprehension, daß zwei oder drei durch scheinbaren Bortheil<lb/> gegen sie vereinigt in kurzem allen nacheinander ihren Willen zum Gesetz<lb/> machen dürften, oder daß die Heere, unwillig um geringen Sold Werkzeuge<lb/> der Willkür zu sein, Forderungen erregen möchten, welche entweder neue Lasten<lb/> der Völker, oder die Auflösung der Ordnung herbeiführen dürften. Solche</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 35*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0283]
Macht der Fürsten, ihre Rechtsansprüche und ihre idealen Motive behandelt
er mit gebührenden? Spott. Auch im Sturz der Jesuiten sieht er nur einen
neuen Sieg der rohen weltlichen Gewalt über die geistigen Interessen. Endlich
am 2K. September des I772sten Jahrs, in dem l2Wsten, seit nach dem Unter-
gange des abendländischen Kaiserthums ein System zusammen eristirender
Staaten sich in Europa zu bilden begann, wurde-den Grundsätzen und Ver¬
trägen, auf welche ihr Dasein und ihr Gleichgewicht nach und nach gegründet
worden, der erste Hauptstoß beigebracht." Es war die Theilung Polens, deren
Geschichte er mit den Worten schließt „Gott wollte damals die Moralität der
Großen zeigen." Kann man sich eine treffendere Satire vorstellen, als die
Geschichte der Revolution, welche Gustav 3. in Schwede» durchsetzt. „Der
Reichstag wurde versammelt; die Garnison und Garde umgaben das Haus;
der König im Ornat und der Krone, mit Gustav Adolphs silbernem Hammer
in seiner Hand, erschien, trat aus und redete: von der Gefahr der Parteiungen.
von der Tyrannei der Aristokraten, von dem Fluch, den sie auf das Land
bringe (man erkenne ihn in der Theurung des Brotes), von alten Rettern der
Nation und wie er ihr zweiter Gustav Wasa sein wolle; er gedenke nach
Gesetzen zu regieren, er hasse die Willkür. Die neuen Gesetze wurden ver¬
lesen: der Senat solle künftig von dem König ernannt, von dem König der
Reichstag berufen und aufgelöst werden; der König soll die Macht haben,
altbewilligte Auflagen ferners zu erheben, im Nothfall neue zu bestimmen.
Alle Macht, sowol zu Wasser als zu Lande, Krieg, Friede und Tractaten
hängen von dem König ab: von ihm werden alle Aemter und Würden ver¬
geben." — So hat überall der Absolutismus gesiegt. Wir sahen in den pol¬
nischen Händeln, was der militärische Despotismus gegen die heiligsten Rechte
der Nation vermag, in dem türkischen Kriege, wie sehr selbst brave Milizen
disciplinirten Heeren nachstehn und in der Sache der baienschen Erbfolge,
daß- die Sicherheit mittelmäßiger Staaten in der That von dem Umstände
abhängt: ob die gröbern sich vereinigen können oder nicht, sich dieselben zu¬
zueignen. Die Betrachtung dieser für die Menschheit mißtröstlichen Lage der
öffentlichen Moralität und Machtverhältniß leitet aus den Gedanken der Hoff¬
nungen, welche die neue Welt vielen darzubieten scheint. Die Leidenschaften
sind so alt als das menschliche Herz und Ungerechtigkeit war mit de; Ueber¬
macht auch vor Zeiten verbunden; aber die neue Organisirung des Systems
der militärischen Mächte erregt für alle nicht durch sich gewaltige Staaten
die gedoppelte Apprehension, daß zwei oder drei durch scheinbaren Bortheil
gegen sie vereinigt in kurzem allen nacheinander ihren Willen zum Gesetz
machen dürften, oder daß die Heere, unwillig um geringen Sold Werkzeuge
der Willkür zu sein, Forderungen erregen möchten, welche entweder neue Lasten
der Völker, oder die Auflösung der Ordnung herbeiführen dürften. Solche
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