Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.schön aussehen. Ja selbst Myrtill und Daphne^ die frommen Schäfer, schlie߬ Diese repräsentative Kunst der Hauptzopfperiode hätte aber begreiflich Der Anfang der französischen Revolution ist anch das Ende des Zopfes und Diese totale Veränderung des Inhalts, das rasche Ergreifen der neuen W,e Schiller fängt auch Cornelius mit einer gewissen naturalistischen 3 *
schön aussehen. Ja selbst Myrtill und Daphne^ die frommen Schäfer, schlie߬ Diese repräsentative Kunst der Hauptzopfperiode hätte aber begreiflich Der Anfang der französischen Revolution ist anch das Ende des Zopfes und Diese totale Veränderung des Inhalts, das rasche Ergreifen der neuen W,e Schiller fängt auch Cornelius mit einer gewissen naturalistischen 3 *
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186439"/> <p xml:id="ID_61" prev="#ID_60"> schön aussehen. Ja selbst Myrtill und Daphne^ die frommen Schäfer, schlie߬<lb/> lich selbst ihre Schafe müssen Attitüden machen, um die innere Leere zu ver¬<lb/> bergen ^</p><lb/> <p xml:id="ID_62"> Diese repräsentative Kunst der Hauptzopfperiode hätte aber begreiflich<lb/> nicht so lange dauern 'können, wenn sie nicht mit der politischen Reaction, mit<lb/> der Entwicklung des Absolutismus durch Richelieu und Louis XIV. gleichen<lb/> Schritt gehalten, ihr eigentlicher Ausdruck gewesen wäre, ganz so wie die<lb/> Erscheinung des Raphael, Titian und Leonardo, des Halben und Dürer voll¬<lb/> ständig eine Frucht jenes Jahrhunderts der Aufklärung ist, des Wiederanfblühcns<lb/> der Wissenschaften, dessen letzte bewunderungswürdige Wirkung die Refor-<lb/> mation war, wie Dante, Giotto, Nicolo Pisano, Orcagna, Brunalleschi<lb/> eben so die Erstarkung der italienischen republikanischen Freiheit, der nach dem<lb/> Untergang der Hohenstaufen wieder gewonnenen nationalen Unabhängigkeit<lb/> bezeichnen, wie der große Nicolo Pisano in einer Aufschrift am Brunnen zu<lb/> Perugia selbst ausspricht, ein merkwürdiger Beweis von der Geistesklarheit<lb/> dieses Mannes. Auch entspricht jene Periode 1250-—1?V0 genau der Er¬<lb/> scheinung der demokratischen Gestaltung das Städtewesens in Deutschland,<lb/> und dem Aufschwung, den die Kunst auch bei uns damals nahm. Wie man<lb/> denn bekanntlich die Kunstentwicklung niemals verstehen kann, wenn man sie<lb/> nicht mit der politischen zusammenheilt.</p><lb/> <p xml:id="ID_63"> Der Anfang der französischen Revolution ist anch das Ende des Zopfes und<lb/> es wurde derselbe vorläufig durch den antikifirendcn Stil Davids ersetzt, der auch<lb/> in Deutschland an Earstens, Wächter, Wagner, Mathäi, Füger, sehlt seine<lb/> Vertreter fand, und dessen affectirte Einfachheit gegen das falsche Pathos des<lb/> Zopfs allerdings ein Fortschritt zur Natur, aber nur ein geringer war,<lb/> da alle diese Künstler, selbst der beste unter ihnen, Earstens, durchaus nicht<lb/> von der Rnrur. sondern mir von natürlicheren Kunstwerken inspirirt sind. —<lb/> Statt der erlogenen Welt des Zopfs bringen erst Cornelius, Overbek, Veith,<lb/> Führich u, f. w. eine ganz neue, die durchaus der Abdruck der damaligen<lb/> Zeit ist (bei Cornelius des wiedererlangten männlichen Bewußtseins, der deut-<lb/> sehen Reaction gegen die Fremdherrschaft, also ganz ähnlich wie bei Giotto<lb/> und Nicolo Pisano) und der Bewegung der Literatur unsrer classischen Periode<lb/> entspricht, wie denn auch die Aehnlichkeit Cornelius' mit Schiller ganz un¬<lb/> verkennbar in die Augen springt.</p><lb/> <p xml:id="ID_64"> Diese totale Veränderung des Inhalts, das rasche Ergreifen der neuen<lb/> Ideale und Anschauungen, die die damalige Zeit bewegten, ist denn auch der<lb/> Hanptcharatterzug, das Hauptverdienst der neuen Schule.</p><lb/> <p xml:id="ID_65" next="#ID_66"> W,e Schiller fängt auch Cornelius mit einer gewissen naturalistischen<lb/> Maßlosigkeit an, welche durch die der Dürcrschen nachgeahmte Forur nur wenig<lb/> maskirt wird, sich bald aber in Italien vom deutschen Rcckenthum lossagt,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 3 *</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
schön aussehen. Ja selbst Myrtill und Daphne^ die frommen Schäfer, schlie߬
lich selbst ihre Schafe müssen Attitüden machen, um die innere Leere zu ver¬
bergen ^
Diese repräsentative Kunst der Hauptzopfperiode hätte aber begreiflich
nicht so lange dauern 'können, wenn sie nicht mit der politischen Reaction, mit
der Entwicklung des Absolutismus durch Richelieu und Louis XIV. gleichen
Schritt gehalten, ihr eigentlicher Ausdruck gewesen wäre, ganz so wie die
Erscheinung des Raphael, Titian und Leonardo, des Halben und Dürer voll¬
ständig eine Frucht jenes Jahrhunderts der Aufklärung ist, des Wiederanfblühcns
der Wissenschaften, dessen letzte bewunderungswürdige Wirkung die Refor-
mation war, wie Dante, Giotto, Nicolo Pisano, Orcagna, Brunalleschi
eben so die Erstarkung der italienischen republikanischen Freiheit, der nach dem
Untergang der Hohenstaufen wieder gewonnenen nationalen Unabhängigkeit
bezeichnen, wie der große Nicolo Pisano in einer Aufschrift am Brunnen zu
Perugia selbst ausspricht, ein merkwürdiger Beweis von der Geistesklarheit
dieses Mannes. Auch entspricht jene Periode 1250-—1?V0 genau der Er¬
scheinung der demokratischen Gestaltung das Städtewesens in Deutschland,
und dem Aufschwung, den die Kunst auch bei uns damals nahm. Wie man
denn bekanntlich die Kunstentwicklung niemals verstehen kann, wenn man sie
nicht mit der politischen zusammenheilt.
Der Anfang der französischen Revolution ist anch das Ende des Zopfes und
es wurde derselbe vorläufig durch den antikifirendcn Stil Davids ersetzt, der auch
in Deutschland an Earstens, Wächter, Wagner, Mathäi, Füger, sehlt seine
Vertreter fand, und dessen affectirte Einfachheit gegen das falsche Pathos des
Zopfs allerdings ein Fortschritt zur Natur, aber nur ein geringer war,
da alle diese Künstler, selbst der beste unter ihnen, Earstens, durchaus nicht
von der Rnrur. sondern mir von natürlicheren Kunstwerken inspirirt sind. —
Statt der erlogenen Welt des Zopfs bringen erst Cornelius, Overbek, Veith,
Führich u, f. w. eine ganz neue, die durchaus der Abdruck der damaligen
Zeit ist (bei Cornelius des wiedererlangten männlichen Bewußtseins, der deut-
sehen Reaction gegen die Fremdherrschaft, also ganz ähnlich wie bei Giotto
und Nicolo Pisano) und der Bewegung der Literatur unsrer classischen Periode
entspricht, wie denn auch die Aehnlichkeit Cornelius' mit Schiller ganz un¬
verkennbar in die Augen springt.
Diese totale Veränderung des Inhalts, das rasche Ergreifen der neuen
Ideale und Anschauungen, die die damalige Zeit bewegten, ist denn auch der
Hanptcharatterzug, das Hauptverdienst der neuen Schule.
W,e Schiller fängt auch Cornelius mit einer gewissen naturalistischen
Maßlosigkeit an, welche durch die der Dürcrschen nachgeahmte Forur nur wenig
maskirt wird, sich bald aber in Italien vom deutschen Rcckenthum lossagt,
3 *
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |