Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.mußten also eigentlich alles thun -- nur war dies kein freiwillig gewähltes, Die Lage Italiens. Das Attentat auf den Kaiser hat die Folge gehabt, die Thätigkeit der Die Fortification wird wahrscheinlich in der Zukunft kräftiger in die Kriegführung ein¬
greifen. Vanban gab der alten Schule die Regeln zum Angriff und Vertheidigung bei sehr ungleichen Kräften. Der Kampf um Sebastopol mit besseren Feuerwaffen und größerem Acti- vemeut geführt, zeigt der neuen Schule die Mittel, um entscheidende Punkte von wichtiger strategisch-taktischer Lage und versehen mit schnell zur Wehr geeigneten mobilen und immobilem Kräften anch i" kurzer Zeit gegen jeden Augriff als verschanzte Lager in den Stand zu setzen. Dresden und Leipzig würden dann 1813 von weit größerer Bedeutung gewesen sein, der Feldzug selbst einen andern Ausgang genommen haben. Nur die Schwierigkeit der Pro- viantirnng ist bei Plätzen erheblich, die nicht an der See, an großen Flüssen oder in unfrucht¬ barer Gegend liegen. mußten also eigentlich alles thun — nur war dies kein freiwillig gewähltes, Die Lage Italiens. Das Attentat auf den Kaiser hat die Folge gehabt, die Thätigkeit der Die Fortification wird wahrscheinlich in der Zukunft kräftiger in die Kriegführung ein¬
greifen. Vanban gab der alten Schule die Regeln zum Angriff und Vertheidigung bei sehr ungleichen Kräften. Der Kampf um Sebastopol mit besseren Feuerwaffen und größerem Acti- vemeut geführt, zeigt der neuen Schule die Mittel, um entscheidende Punkte von wichtiger strategisch-taktischer Lage und versehen mit schnell zur Wehr geeigneten mobilen und immobilem Kräften anch i» kurzer Zeit gegen jeden Augriff als verschanzte Lager in den Stand zu setzen. Dresden und Leipzig würden dann 1813 von weit größerer Bedeutung gewesen sein, der Feldzug selbst einen andern Ausgang genommen haben. Nur die Schwierigkeit der Pro- viantirnng ist bei Plätzen erheblich, die nicht an der See, an großen Flüssen oder in unfrucht¬ barer Gegend liegen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0261" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186673"/> <p xml:id="ID_601" prev="#ID_600"> mußten also eigentlich alles thun — nur war dies kein freiwillig gewähltes,<lb/> sondern ein durch die Ungunst der Verhältnisse aufgezwungenes System,<lb/> zu dessen endlich glücklicher Durchführung es eines Friedrichs bedürfte, ')</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Lage Italiens.</head><lb/> <p xml:id="ID_602" next="#ID_603"> Das Attentat auf den Kaiser hat die Folge gehabt, die Thätigkeit der<lb/> französischen Politik in dem Vaterlande der Verschwörer zum Gegenstand all¬<lb/> gemeiner Aufmerksamkeit zu machen. Es ist möglich, daß der Brief, welchen<lb/> Orsini aus dem Kerker an den Mann schrieb, den er kurz vorher hatte todten<lb/> wollen, dem Kaiser zunächst kein andres Gefühl eingeflößt hat, als das der<lb/> Verachtung. Jedenfalls war Napoleon III. vorzugsweise geeignet, das Hohle<lb/> der Phrasen und das Lächerliche der Wärme zu empfinden, womit der Mörder<lb/> ihn zur Rettung Italiens aufrief, ihn, der wenige Tage vorher als unleid¬<lb/> liches Scheusal von der Erde hatte vertilgt werden sollen. Doch es war ein<lb/> Romane, der den Brief schrieb, und ein Romane, der ihn benutzte. Unter<lb/> den Deutschen, wo Mord aus politischem Haß kaum einmal einem Regen¬<lb/> ten nahe getreten ist, wäre ein Brief Orfinis schwer möglich. Kein Sand<lb/> würde sich entschlossen haben, seinem nur verwundeten Kotzebue wohlwollende<lb/> politische Lehren zu geben. Hätte aber irgend ein Individuum in solcher<lb/> Lage dergleichen gethan, die Deutschen würden bei ihrem vorzugsweise leb¬<lb/> haften Gefühl für Charakter sich über das Unlogische solches Beginnens<lb/> geärgert haben. Orsini mit seinem Rathgeber freilich kümmerte sich weniger<lb/> um die Empfindungen, welche der Brief dem Kaiser selbst machen werde,<lb/> er hoffte, daß die tönenden Worte doch in irgend einer Weise publicirt<lb/> werden und die Italiener aufregen würden. Der Kaiser aber, wie er auch<lb/> selbst die Phrasen des Briefes ansah, gewann allmälig die Ansicht, daß die<lb/> Zeilen Orsinis ein gutes Agitationsmittel seien, um sich den Italienern zu</p><lb/> <note xml:id="FID_65" place="foot"> Die Fortification wird wahrscheinlich in der Zukunft kräftiger in die Kriegführung ein¬<lb/> greifen. Vanban gab der alten Schule die Regeln zum Angriff und Vertheidigung bei sehr<lb/> ungleichen Kräften. Der Kampf um Sebastopol mit besseren Feuerwaffen und größerem Acti-<lb/> vemeut geführt, zeigt der neuen Schule die Mittel, um entscheidende Punkte von wichtiger<lb/> strategisch-taktischer Lage und versehen mit schnell zur Wehr geeigneten mobilen und immobilem<lb/> Kräften anch i» kurzer Zeit gegen jeden Augriff als verschanzte Lager in den Stand zu<lb/> setzen. Dresden und Leipzig würden dann 1813 von weit größerer Bedeutung gewesen sein,<lb/> der Feldzug selbst einen andern Ausgang genommen haben. Nur die Schwierigkeit der Pro-<lb/> viantirnng ist bei Plätzen erheblich, die nicht an der See, an großen Flüssen oder in unfrucht¬<lb/> barer Gegend liegen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0261]
mußten also eigentlich alles thun — nur war dies kein freiwillig gewähltes,
sondern ein durch die Ungunst der Verhältnisse aufgezwungenes System,
zu dessen endlich glücklicher Durchführung es eines Friedrichs bedürfte, ')
Die Lage Italiens.
Das Attentat auf den Kaiser hat die Folge gehabt, die Thätigkeit der
französischen Politik in dem Vaterlande der Verschwörer zum Gegenstand all¬
gemeiner Aufmerksamkeit zu machen. Es ist möglich, daß der Brief, welchen
Orsini aus dem Kerker an den Mann schrieb, den er kurz vorher hatte todten
wollen, dem Kaiser zunächst kein andres Gefühl eingeflößt hat, als das der
Verachtung. Jedenfalls war Napoleon III. vorzugsweise geeignet, das Hohle
der Phrasen und das Lächerliche der Wärme zu empfinden, womit der Mörder
ihn zur Rettung Italiens aufrief, ihn, der wenige Tage vorher als unleid¬
liches Scheusal von der Erde hatte vertilgt werden sollen. Doch es war ein
Romane, der den Brief schrieb, und ein Romane, der ihn benutzte. Unter
den Deutschen, wo Mord aus politischem Haß kaum einmal einem Regen¬
ten nahe getreten ist, wäre ein Brief Orfinis schwer möglich. Kein Sand
würde sich entschlossen haben, seinem nur verwundeten Kotzebue wohlwollende
politische Lehren zu geben. Hätte aber irgend ein Individuum in solcher
Lage dergleichen gethan, die Deutschen würden bei ihrem vorzugsweise leb¬
haften Gefühl für Charakter sich über das Unlogische solches Beginnens
geärgert haben. Orsini mit seinem Rathgeber freilich kümmerte sich weniger
um die Empfindungen, welche der Brief dem Kaiser selbst machen werde,
er hoffte, daß die tönenden Worte doch in irgend einer Weise publicirt
werden und die Italiener aufregen würden. Der Kaiser aber, wie er auch
selbst die Phrasen des Briefes ansah, gewann allmälig die Ansicht, daß die
Zeilen Orsinis ein gutes Agitationsmittel seien, um sich den Italienern zu
Die Fortification wird wahrscheinlich in der Zukunft kräftiger in die Kriegführung ein¬
greifen. Vanban gab der alten Schule die Regeln zum Angriff und Vertheidigung bei sehr
ungleichen Kräften. Der Kampf um Sebastopol mit besseren Feuerwaffen und größerem Acti-
vemeut geführt, zeigt der neuen Schule die Mittel, um entscheidende Punkte von wichtiger
strategisch-taktischer Lage und versehen mit schnell zur Wehr geeigneten mobilen und immobilem
Kräften anch i» kurzer Zeit gegen jeden Augriff als verschanzte Lager in den Stand zu
setzen. Dresden und Leipzig würden dann 1813 von weit größerer Bedeutung gewesen sein,
der Feldzug selbst einen andern Ausgang genommen haben. Nur die Schwierigkeit der Pro-
viantirnng ist bei Plätzen erheblich, die nicht an der See, an großen Flüssen oder in unfrucht¬
barer Gegend liegen.
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