Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.neuen Zeit aber für einen großen Theil Deutschlands die preußischen Helden, Aber neben diesen Richtungen ist noch eine dritte , besonders erfreuliche er- Es ist ein großer Fortschritt, daß dies jetzt besser wird. Zwar sind die ersten neuen Zeit aber für einen großen Theil Deutschlands die preußischen Helden, Aber neben diesen Richtungen ist noch eine dritte , besonders erfreuliche er- Es ist ein großer Fortschritt, daß dies jetzt besser wird. Zwar sind die ersten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186659"/> <p xml:id="ID_557" prev="#ID_556"> neuen Zeit aber für einen großen Theil Deutschlands die preußischen Helden,<lb/> Die Briefe, Bilder, belehrenden Reliquien aller werden eifrig aufgekauft und theuer<lb/> bezahlt. Vieles wird dadurch dein Untergänge entrissen, allerdings auch manches in<lb/> Privatsannnlungcn zersplittert, dach sind die zahlreichen Sammlungen des Materials<lb/> sowol, als die allgemeine Theilnahme der Verarbeitung durch kundige Hand in,<lb/> Ganzen sehr günstig. So waren die meisten der größeren historischen Werke in den<lb/> letzten Jahren bei uns biographischer Art, Es ist möglich, daß wir auf eine große<lb/> Behandlung der gesammten deutschen Geschichte verzichten müssen, bis ans Deutsch¬<lb/> land selbst etwas Ordentliches geworden ist. Noch fehlt dem Historiker zu sehr die<lb/> Freude an den unendlichen Einzelheiten einer scheinbar oft resultatlosen Vergangen¬<lb/> heit', noch fehlt ihm der Takt und das politische Urtheil in. Unterscheiden des Wich¬<lb/> tigen und Unwesentlichen, Denn alles, was eine vcrgnngcne Zeit gethan und<lb/> gewollt hat, tritt doch erst dann in das rechte Licht, wenn das Viele, was sie<lb/> unfertig oder verfehlt hinterlassen hat, durch spätere Entwicklungen verurtheilt oder<lb/> zu einem tüchtigen Leben gekommen ist. Wahrend nun in unserer Zeit die politische<lb/> Thätigkeit und geistige Bedeutung der Individuen die eine vorzugsweise begünstigte<lb/> Seite der Geschichtswissenschaft wird, ist eine andere das Sammler und Ordnen<lb/> der massenhaften Quellenschriften einzelner Zeiträume und besonders einzelner Land¬<lb/> schaften, Dergleichen-Sannnlnngcn, durch historische Vereine oder fürstliche Unter¬<lb/> stützungen hervorgerufen, ergänzen jetzt in Deutschland fast überall die dickleibigen<lb/> Quelleubändc des 17. und 18, Jahrhunderts, sie sind einzelnen Bausteinen zu<lb/> vergleichen, welche eine über den Ausbau ihres politischen Hauses unsichere Gegen¬<lb/> wart einem künftigen Geschlecht zur Benutzung, vielleicht anch zur Mißachtung<lb/> überläßt,</p><lb/> <p xml:id="ID_558"> Aber neben diesen Richtungen ist noch eine dritte , besonders erfreuliche er-<lb/> kennbar, die auf das deutsche Volks- und Gemüthsleben der Vergangenheit, An das<lb/> deutsche Reich, an Barbarossa, Rudolph von Habsburg, das Reichskammergericht, den<lb/> westphälischen Frieden und den Rheinbund vermag der Deutsche gegenwärtig nnr<lb/> selten mit voller Sympathie zu denken, das deutsche Volk aber hat immer gelebt,<lb/> gelacht, gelitten und seine Eigenthümlichkeiten in Sitte und Gebräuchen in seiner<lb/> idealen und praktischen Thätigkeit ausgesprochen. Die deutsche Culturgeschichte, in<lb/> sofern diese zugleich eine Geschichte der deutschen Volksbildung begreift, ist zu lange<lb/> Zeit von den gelehrten Historikern stiefmütterlich behandelt worden. In Wahrheit<lb/> ist noch wenig dafür gethan und große Richtungen nationalen Lebens z, B, das<lb/> Handwerk, die Sitten entbehrten jeder genügenden Beachtung der Geschichtschreiber,</p><lb/> <p xml:id="ID_559" next="#ID_560"> Es ist ein großer Fortschritt, daß dies jetzt besser wird. Zwar sind die ersten<lb/> Entdecker eines neuen Schachtes nicht immer die glücklichsten Bcbauer, und in der<lb/> Regel braucht eine neue Disciplin längere Zeit, um dem Dilettantismus zu entwachsen,<lb/> der sie mit mehr gutem Willen als Intelligenz protegirt. So hat auch die deutsche<lb/> Kulturgeschichte sieh bis jetzt häufiger ehrliches Wollens, als tüchtiger Behandlung zu<lb/> erfreuen gehabt, Arbeiten von größeren Umfange sind noch selten und auch die<lb/> achtungswerthesten derselbe», z, B, von Biedermann und Weinhold, haben mit der<lb/> großen Schwierigkeit zu kämpfen, daß der Mangel an vielseitigen Detailforschungen<lb/> ein genaues Verständniß selbst dem gewiegten Urtheil zuweilen unmöglich macht. Die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
neuen Zeit aber für einen großen Theil Deutschlands die preußischen Helden,
Die Briefe, Bilder, belehrenden Reliquien aller werden eifrig aufgekauft und theuer
bezahlt. Vieles wird dadurch dein Untergänge entrissen, allerdings auch manches in
Privatsannnlungcn zersplittert, dach sind die zahlreichen Sammlungen des Materials
sowol, als die allgemeine Theilnahme der Verarbeitung durch kundige Hand in,
Ganzen sehr günstig. So waren die meisten der größeren historischen Werke in den
letzten Jahren bei uns biographischer Art, Es ist möglich, daß wir auf eine große
Behandlung der gesammten deutschen Geschichte verzichten müssen, bis ans Deutsch¬
land selbst etwas Ordentliches geworden ist. Noch fehlt dem Historiker zu sehr die
Freude an den unendlichen Einzelheiten einer scheinbar oft resultatlosen Vergangen¬
heit', noch fehlt ihm der Takt und das politische Urtheil in. Unterscheiden des Wich¬
tigen und Unwesentlichen, Denn alles, was eine vcrgnngcne Zeit gethan und
gewollt hat, tritt doch erst dann in das rechte Licht, wenn das Viele, was sie
unfertig oder verfehlt hinterlassen hat, durch spätere Entwicklungen verurtheilt oder
zu einem tüchtigen Leben gekommen ist. Wahrend nun in unserer Zeit die politische
Thätigkeit und geistige Bedeutung der Individuen die eine vorzugsweise begünstigte
Seite der Geschichtswissenschaft wird, ist eine andere das Sammler und Ordnen
der massenhaften Quellenschriften einzelner Zeiträume und besonders einzelner Land¬
schaften, Dergleichen-Sannnlnngcn, durch historische Vereine oder fürstliche Unter¬
stützungen hervorgerufen, ergänzen jetzt in Deutschland fast überall die dickleibigen
Quelleubändc des 17. und 18, Jahrhunderts, sie sind einzelnen Bausteinen zu
vergleichen, welche eine über den Ausbau ihres politischen Hauses unsichere Gegen¬
wart einem künftigen Geschlecht zur Benutzung, vielleicht anch zur Mißachtung
überläßt,
Aber neben diesen Richtungen ist noch eine dritte , besonders erfreuliche er-
kennbar, die auf das deutsche Volks- und Gemüthsleben der Vergangenheit, An das
deutsche Reich, an Barbarossa, Rudolph von Habsburg, das Reichskammergericht, den
westphälischen Frieden und den Rheinbund vermag der Deutsche gegenwärtig nnr
selten mit voller Sympathie zu denken, das deutsche Volk aber hat immer gelebt,
gelacht, gelitten und seine Eigenthümlichkeiten in Sitte und Gebräuchen in seiner
idealen und praktischen Thätigkeit ausgesprochen. Die deutsche Culturgeschichte, in
sofern diese zugleich eine Geschichte der deutschen Volksbildung begreift, ist zu lange
Zeit von den gelehrten Historikern stiefmütterlich behandelt worden. In Wahrheit
ist noch wenig dafür gethan und große Richtungen nationalen Lebens z, B, das
Handwerk, die Sitten entbehrten jeder genügenden Beachtung der Geschichtschreiber,
Es ist ein großer Fortschritt, daß dies jetzt besser wird. Zwar sind die ersten
Entdecker eines neuen Schachtes nicht immer die glücklichsten Bcbauer, und in der
Regel braucht eine neue Disciplin längere Zeit, um dem Dilettantismus zu entwachsen,
der sie mit mehr gutem Willen als Intelligenz protegirt. So hat auch die deutsche
Kulturgeschichte sieh bis jetzt häufiger ehrliches Wollens, als tüchtiger Behandlung zu
erfreuen gehabt, Arbeiten von größeren Umfange sind noch selten und auch die
achtungswerthesten derselbe», z, B, von Biedermann und Weinhold, haben mit der
großen Schwierigkeit zu kämpfen, daß der Mangel an vielseitigen Detailforschungen
ein genaues Verständniß selbst dem gewiegten Urtheil zuweilen unmöglich macht. Die
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |