Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.englische Criminalproceß verlangt nichts mehr und nichts weniger, als die Einen ganz eigenthümlichen und eben nur dein englischen Verfahren ge¬ -) ^et,vrus> gemei-u.1 wäre allerdings besser durch Staatsanwalt übersehe, wem, sich da¬
ran nicht in Deutschland der Gedanke an blosze kriminelle Verfolgungen knüpfte, während doch jener Beamte, der netist dem ähnlich gestellten soli"ne>r zzenei-Ä allemal mit dem Ministerium wechselt, auch in Civilproecsscn die Rechte der Krone, unterschieden von den Privntrechten der Königin, vertritt. englische Criminalproceß verlangt nichts mehr und nichts weniger, als die Einen ganz eigenthümlichen und eben nur dein englischen Verfahren ge¬ -) ^et,vrus> gemei-u.1 wäre allerdings besser durch Staatsanwalt übersehe, wem, sich da¬
ran nicht in Deutschland der Gedanke an blosze kriminelle Verfolgungen knüpfte, während doch jener Beamte, der netist dem ähnlich gestellten soli«ne>r zzenei-Ä allemal mit dem Ministerium wechselt, auch in Civilproecsscn die Rechte der Krone, unterschieden von den Privntrechten der Königin, vertritt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0220" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186632"/> <p xml:id="ID_512" prev="#ID_511"> englische Criminalproceß verlangt nichts mehr und nichts weniger, als die<lb/> vollständige Uebereinstimmung des als verübt Behaupteten und dem als ge¬<lb/> schehen später nachgewiesenen. Aus diese Grundlage hin kann denn auch der<lb/> Jury ein auf Beweisregeln beruhender Spruch zugemuthet werden, enthält<lb/> ja eben die Anklageacte alle wesentlichen juristischen Bestandtheile der in<lb/> Frage stehenden verbrecherischen Handlung. Im deutschen und französischen<lb/> Verfahren dagegen ist die Anklagcacte ein weitläufiges Expose nickt blos<lb/> über alle Details des behaupteten Verbrechens, sondern auch über die Per¬<lb/> sönlichkeit des Angeklagten und oft genug untermischt und gehässigen An¬<lb/> griffen auf denselben. In England ist jenes Zurückgreifen in die Vergangen¬<lb/> heit, jenes Durchforschen des Herzens und der Nieren des Angeklagten un¬<lb/> bedingt ausgeschlossen, und Richter und Vertheidiger werden unter allen Um¬<lb/> ständen daraus halten, daß jede Berührung von nicht zur Sache' selber ge¬<lb/> hörenden Thatsachen unterbleibe. So ist in dem Bernardschen Processe über<lb/> die ganze frühere Geschichte des Angeklagten, seine Stellung in Frankreich<lb/> und später in der französischen Emigration oder über deren Treiben in Eng¬<lb/> land nichts weiter zur Sprache gekommen, als was zur unmittelbaren Constntiruug<lb/> des behaupteten Verbrechens gehörte. Dagegen war der juristische Thatbestand<lb/> um so schärfer ausgedrückt, Bernard war, wie es in der englischen Rechts¬<lb/> sprache heißt, ac^essen'/ dstdi-« etre Kot, Theilnehmer (oder Gehilfe) vor<lb/> der Ausübung (nämlich des Verbrechens durch andere) gewesen. Damit war<lb/> dem Ankläger auferlegt zu beweisen 1. die Ausübung des Verbrechens durch<lb/> andere; 2. die Mitwissenschaft Bernards um dieses Verbrechen; seine thätige<lb/> Theilnahme an den Vorbereitungen zu jener Ausübung. Und auf diesen Be¬<lb/> weis war denn das von der eigentlichen Anklage wohl zu unterscheidende<lb/> Plaidoyer des Kronadvocaten (-ittoruc^ xzvuvi'u,!*) gerichtet, indem er der<lb/> Jury alle ihm relevant erscheinenden Thatsachen vorhielt und dann dieselben<lb/> durch die von ihm vorgebrachten Actenstücke und Zeugen zu erhärten ver¬<lb/> suchte, Beweismittel, die sämmtlich vorher schon dem Angeklagten mitgetheilt<lb/> waren. Auch in diesem Plaidoyer des Kronadvocaten wird man alle jenen<lb/> allgemeinen Ausfälle auf die Person und die Gesinnungen des Angeklagten<lb/> vermißt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_513" next="#ID_514"> Einen ganz eigenthümlichen und eben nur dein englischen Verfahren ge¬<lb/> läufigen Charakter hatte das nun folgende Zeugenverhör. Es mußte voll¬<lb/> ständig die vom Kronadvocaten behaupteten Thatsachen umfassen, da ja die</p><lb/> <note xml:id="FID_45" place="foot"> -) ^et,vrus> gemei-u.1 wäre allerdings besser durch Staatsanwalt übersehe, wem, sich da¬<lb/> ran nicht in Deutschland der Gedanke an blosze kriminelle Verfolgungen knüpfte, während doch<lb/> jener Beamte, der netist dem ähnlich gestellten soli«ne>r zzenei-Ä allemal mit dem Ministerium<lb/> wechselt, auch in Civilproecsscn die Rechte der Krone, unterschieden von den Privntrechten der<lb/> Königin, vertritt.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0220]
englische Criminalproceß verlangt nichts mehr und nichts weniger, als die
vollständige Uebereinstimmung des als verübt Behaupteten und dem als ge¬
schehen später nachgewiesenen. Aus diese Grundlage hin kann denn auch der
Jury ein auf Beweisregeln beruhender Spruch zugemuthet werden, enthält
ja eben die Anklageacte alle wesentlichen juristischen Bestandtheile der in
Frage stehenden verbrecherischen Handlung. Im deutschen und französischen
Verfahren dagegen ist die Anklagcacte ein weitläufiges Expose nickt blos
über alle Details des behaupteten Verbrechens, sondern auch über die Per¬
sönlichkeit des Angeklagten und oft genug untermischt und gehässigen An¬
griffen auf denselben. In England ist jenes Zurückgreifen in die Vergangen¬
heit, jenes Durchforschen des Herzens und der Nieren des Angeklagten un¬
bedingt ausgeschlossen, und Richter und Vertheidiger werden unter allen Um¬
ständen daraus halten, daß jede Berührung von nicht zur Sache' selber ge¬
hörenden Thatsachen unterbleibe. So ist in dem Bernardschen Processe über
die ganze frühere Geschichte des Angeklagten, seine Stellung in Frankreich
und später in der französischen Emigration oder über deren Treiben in Eng¬
land nichts weiter zur Sprache gekommen, als was zur unmittelbaren Constntiruug
des behaupteten Verbrechens gehörte. Dagegen war der juristische Thatbestand
um so schärfer ausgedrückt, Bernard war, wie es in der englischen Rechts¬
sprache heißt, ac^essen'/ dstdi-« etre Kot, Theilnehmer (oder Gehilfe) vor
der Ausübung (nämlich des Verbrechens durch andere) gewesen. Damit war
dem Ankläger auferlegt zu beweisen 1. die Ausübung des Verbrechens durch
andere; 2. die Mitwissenschaft Bernards um dieses Verbrechen; seine thätige
Theilnahme an den Vorbereitungen zu jener Ausübung. Und auf diesen Be¬
weis war denn das von der eigentlichen Anklage wohl zu unterscheidende
Plaidoyer des Kronadvocaten (-ittoruc^ xzvuvi'u,!*) gerichtet, indem er der
Jury alle ihm relevant erscheinenden Thatsachen vorhielt und dann dieselben
durch die von ihm vorgebrachten Actenstücke und Zeugen zu erhärten ver¬
suchte, Beweismittel, die sämmtlich vorher schon dem Angeklagten mitgetheilt
waren. Auch in diesem Plaidoyer des Kronadvocaten wird man alle jenen
allgemeinen Ausfälle auf die Person und die Gesinnungen des Angeklagten
vermißt haben.
Einen ganz eigenthümlichen und eben nur dein englischen Verfahren ge¬
läufigen Charakter hatte das nun folgende Zeugenverhör. Es mußte voll¬
ständig die vom Kronadvocaten behaupteten Thatsachen umfassen, da ja die
-) ^et,vrus> gemei-u.1 wäre allerdings besser durch Staatsanwalt übersehe, wem, sich da¬
ran nicht in Deutschland der Gedanke an blosze kriminelle Verfolgungen knüpfte, während doch
jener Beamte, der netist dem ähnlich gestellten soli«ne>r zzenei-Ä allemal mit dem Ministerium
wechselt, auch in Civilproecsscn die Rechte der Krone, unterschieden von den Privntrechten der
Königin, vertritt.
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