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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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solcher Persönlichkeiten sehr rasch. Nun, er war aber ein Mann von seltner
Conseguenz des Wollens und Vollbringens in kleinen Dingen wie in großen.
Sonst aber, wie Vieles ist 1814 aus dein Wege von Paris nach
Wien zu Schaden gekommen!"

Wie stellt sich nun die Donnuacte von 7. Nov. 185? zu den Forderungen
der wiener Congreßacte und den auf ihr fußender Art. 15--n> des pariser
Friedens von 1856? Wir glauben, sie verstößt dagegen in drei Punkten'. I) durch
die Bestimmungen über die Nferschiffahrt; 2) durch die Porschristen über den
Durchfuhrverkehr; Z) durch die vorgeschriebenen Schiffahrtsabgaben. 1) Die
wiener Acte sagt, die Schiffahrt auf dem ganzen Laufe der Ströme, von dem
Punkte, wo sie schiffbar werden, bis zur Mündung, solle vollkommen frei sein und
dürfe für den Handel niemand untersagt werden. Ist es nun dem entsprechend,
wenn die Donauacte die Uferschiffahrt, d. h. die Fahrt von einem Punkte des
Flusses zum andern, den Fahrzeugen der Uferstaaten vorbehält? Gewiß nicht,
und der pariser Friede ,sagt Art. it> außerdem noch ausdrücklich, "in diesem
Punkte (den Abgaben) wie in allen andern werden die Flaggen aller Nationen
auf dem Fuße der vollkommensten Gleichheit behandelt werden." Freilich hat
in den Verhandlungen der Commission zu Wien ein Mitglied bemerkt, es
Sonne nicht die Absicht sein, jedem Unterthan eines Nichtuserstaatcs dasselbe
Recht der Schiffahrt wie den Unterthanen der Uferstaaten zu ertheilen, ein
Recht, für welches es keine Gegenseitigkeit gebe. Indeß eine solche Aeußerung
ist unmaßgeblich und in den Text des Vertrages ist nichts davon gekommen;
außerdem war damals die Küstenschiffahrt noch durchweg den nationalen vor¬
behalten,-während dies jeht fast durchgängig aufgehoben ist; Länder, wo es
noch nicht geschehen ist, lassen sich jedoch in Verträgen immer die Klausel ge¬
fallen, daß es nicht als Küstenschiffahrt betrachten werden soll, wenn ein frem-
des Schiff successive in verschiedenen Hasen seine Ladung löscht oder zunimmt.
Aber auch von dieser Liberalität finden wir in den Art. 5 und 8. der Donau¬
acte keine Spur, und thatsächlich wird dadurch die Lage der Schiffahrt schwie¬
riger als sie es früher war; denn auf der untern Donau gestattete bisher die
Türkei ausdrücklich oder stillschweigend die Uferschisfahrt für alle Flaggen. Ael
manchen andern Strömen würde der Streit blos principiell sein; wenn auch
z. B. auf der Elbe die Uferschiffahrt für alle Nationen frei wäre, so würden
doch schwerlich englische oder russische Fahrzeuge sich mit diesem Verkehr be¬
sassen. Mit der Donau aber ist es anders. Der Hauptartikel ist sür sie Ge¬
treide, das von ihrem obern Laufe und den Nebenflüssen in kleinern Fahr¬
zeugen nach dem untern Strome gebracht wird und in Seeschiffen von den
Häfen unterhalb Orsowas weiter befördert wird. Da nun Seeschiffe nicht ans
der obern Donau führen können und jene kleinern Fahrzeuge nicht die See
halten, so werden offenbar die Rheder, welche Schiffe beider Gattungen be-


solcher Persönlichkeiten sehr rasch. Nun, er war aber ein Mann von seltner
Conseguenz des Wollens und Vollbringens in kleinen Dingen wie in großen.
Sonst aber, wie Vieles ist 1814 aus dein Wege von Paris nach
Wien zu Schaden gekommen!"

Wie stellt sich nun die Donnuacte von 7. Nov. 185? zu den Forderungen
der wiener Congreßacte und den auf ihr fußender Art. 15—n> des pariser
Friedens von 1856? Wir glauben, sie verstößt dagegen in drei Punkten'. I) durch
die Bestimmungen über die Nferschiffahrt; 2) durch die Porschristen über den
Durchfuhrverkehr; Z) durch die vorgeschriebenen Schiffahrtsabgaben. 1) Die
wiener Acte sagt, die Schiffahrt auf dem ganzen Laufe der Ströme, von dem
Punkte, wo sie schiffbar werden, bis zur Mündung, solle vollkommen frei sein und
dürfe für den Handel niemand untersagt werden. Ist es nun dem entsprechend,
wenn die Donauacte die Uferschiffahrt, d. h. die Fahrt von einem Punkte des
Flusses zum andern, den Fahrzeugen der Uferstaaten vorbehält? Gewiß nicht,
und der pariser Friede ,sagt Art. it> außerdem noch ausdrücklich, „in diesem
Punkte (den Abgaben) wie in allen andern werden die Flaggen aller Nationen
auf dem Fuße der vollkommensten Gleichheit behandelt werden." Freilich hat
in den Verhandlungen der Commission zu Wien ein Mitglied bemerkt, es
Sonne nicht die Absicht sein, jedem Unterthan eines Nichtuserstaatcs dasselbe
Recht der Schiffahrt wie den Unterthanen der Uferstaaten zu ertheilen, ein
Recht, für welches es keine Gegenseitigkeit gebe. Indeß eine solche Aeußerung
ist unmaßgeblich und in den Text des Vertrages ist nichts davon gekommen;
außerdem war damals die Küstenschiffahrt noch durchweg den nationalen vor¬
behalten,-während dies jeht fast durchgängig aufgehoben ist; Länder, wo es
noch nicht geschehen ist, lassen sich jedoch in Verträgen immer die Klausel ge¬
fallen, daß es nicht als Küstenschiffahrt betrachten werden soll, wenn ein frem-
des Schiff successive in verschiedenen Hasen seine Ladung löscht oder zunimmt.
Aber auch von dieser Liberalität finden wir in den Art. 5 und 8. der Donau¬
acte keine Spur, und thatsächlich wird dadurch die Lage der Schiffahrt schwie¬
riger als sie es früher war; denn auf der untern Donau gestattete bisher die
Türkei ausdrücklich oder stillschweigend die Uferschisfahrt für alle Flaggen. Ael
manchen andern Strömen würde der Streit blos principiell sein; wenn auch
z. B. auf der Elbe die Uferschiffahrt für alle Nationen frei wäre, so würden
doch schwerlich englische oder russische Fahrzeuge sich mit diesem Verkehr be¬
sassen. Mit der Donau aber ist es anders. Der Hauptartikel ist sür sie Ge¬
treide, das von ihrem obern Laufe und den Nebenflüssen in kleinern Fahr¬
zeugen nach dem untern Strome gebracht wird und in Seeschiffen von den
Häfen unterhalb Orsowas weiter befördert wird. Da nun Seeschiffe nicht ans
der obern Donau führen können und jene kleinern Fahrzeuge nicht die See
halten, so werden offenbar die Rheder, welche Schiffe beider Gattungen be-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/213>, abgerufen am 21.12.2024.