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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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in der ein Blumenstrauß sich befand, haben sie hier einen Glaskasten aus¬
gestellt, in dem auf rothem Sammetkissen die prächtigsten Schmucksachen sich
befinden, umgeben von einer Kette des schwarzen Adlerordens. Der Geschmack
und die Schönheit der Arbeit, die grade dieses Gewerk kennzeichnen, erheben
es fast zum Range einer Künstlerschaft. -- Ein gigantischer goldner Schlüssel,
groß genug das Thor des Paradieses zu schließen, der auf rothem Sammet-
kissen liegt, bezeichnet die Schlosser, während die alte Gilde der Schwert-
feger und Waffenschmiede durch ein schönes Exemplar eines Flambcrgs
mit dem Jnnungszeichen so wie durch neue Degen mit Schärpen vertreten ist.

Ein silberner Strumpf von unendlicher Länge bezeichnet die Strumpf¬
wirker. Nicht so leicht kenntlich sind die GeWerke der Zeugdrucker, Rasch-
machcr, Posamentierer, Tapezierer und anderer, die sich jedoch durch schöne
seidne Fahnen und stolze Banner aller Art hervorthun; leicht erkennbar hin¬
gegen sind die Uhrmacher durch eine Sonnenuhr, die Buchbinder durch eine
Bibel als älteste und viele Albums als neueste Proben ihres Handwerks, so
wie die Bürsten- und Kammmacher durch riesenhafte Bürsten und Kämme,
wie durch mehre künstliche Kronen in englischen und preussischen Farben --
aus Borsten gefertigt. -- Ganz besonders imposant erschien in dem Zuge das
Gewerk der Kupferschmiede und Gelbgießer durch den Glanz ihrer
großen Gefäße, auch in der Nähe gesehen erfreuen sie das Auge durch die
Tüchtigkeit der Arbeit; ganz besonders aber kommen die Wahrzeichen der Tö¬
pfer hier zur Geltung. Es sind Vasen und Figuren in gebranntem Thon
nach antiken und modernen Mustern; von einer Feinheit der Formen bis in
die kleinsten Details hinein, daß ein wahrhaft künstlerischer Eindruck dadurch
hervorgebracht wird. Derartige anmuthige Gestalten, einzeln oder zu Grup¬
pen vereinigt, werden an den Fayaden der neu erstehenden Häuser häufig
angebracht und gereichen da. wo sie in die Architektur hineinpasse,", dem Hause
zur schönsten Zierde. -- Eine der ältesten Innungen ist die der Schuhmacher;
ihr Privilegium datirt aus dem Mittelalter her, sie befindet sich bei dieser
Ausstellung iii nächster Nähe und gewissermaßen in Concmrenz mit der aller-
jüngsten. der der Gummiarbeiter, die als ihr Wahrzeichen ebenfalls einen
Schuh ausgestellt haben; er ist von Gummi und hat ungefähr die sechsfache
Größe einer gewöhnlichen Fußbekleidung, einen Pendant dazu bildet die vier
und ein halb Fuß große Kinderklapper der Ne n Silberarbeiter. Von den
übrigen Gewerken zeichnen sich eigentlich nur noch die Fischer durch ein beson¬
ders hübsches großes grünes Netz aus, das im Zuge von zehn Leuten getragen
wurde und silberne Fischchen enthielt. Es machte sich das allerliebst und er¬
innerte mehr noch als alles Vorhergehende an die Aufzüge, die in den großen
Ausstattungsvpern nie fehlen dürfen, und immer lebhaften Beifalls sicher sind.
Auch die Kürschner, sämmtlich in Pelze gekleidet und in ihrer Fahne den


in der ein Blumenstrauß sich befand, haben sie hier einen Glaskasten aus¬
gestellt, in dem auf rothem Sammetkissen die prächtigsten Schmucksachen sich
befinden, umgeben von einer Kette des schwarzen Adlerordens. Der Geschmack
und die Schönheit der Arbeit, die grade dieses Gewerk kennzeichnen, erheben
es fast zum Range einer Künstlerschaft. — Ein gigantischer goldner Schlüssel,
groß genug das Thor des Paradieses zu schließen, der auf rothem Sammet-
kissen liegt, bezeichnet die Schlosser, während die alte Gilde der Schwert-
feger und Waffenschmiede durch ein schönes Exemplar eines Flambcrgs
mit dem Jnnungszeichen so wie durch neue Degen mit Schärpen vertreten ist.

Ein silberner Strumpf von unendlicher Länge bezeichnet die Strumpf¬
wirker. Nicht so leicht kenntlich sind die GeWerke der Zeugdrucker, Rasch-
machcr, Posamentierer, Tapezierer und anderer, die sich jedoch durch schöne
seidne Fahnen und stolze Banner aller Art hervorthun; leicht erkennbar hin¬
gegen sind die Uhrmacher durch eine Sonnenuhr, die Buchbinder durch eine
Bibel als älteste und viele Albums als neueste Proben ihres Handwerks, so
wie die Bürsten- und Kammmacher durch riesenhafte Bürsten und Kämme,
wie durch mehre künstliche Kronen in englischen und preussischen Farben —
aus Borsten gefertigt. — Ganz besonders imposant erschien in dem Zuge das
Gewerk der Kupferschmiede und Gelbgießer durch den Glanz ihrer
großen Gefäße, auch in der Nähe gesehen erfreuen sie das Auge durch die
Tüchtigkeit der Arbeit; ganz besonders aber kommen die Wahrzeichen der Tö¬
pfer hier zur Geltung. Es sind Vasen und Figuren in gebranntem Thon
nach antiken und modernen Mustern; von einer Feinheit der Formen bis in
die kleinsten Details hinein, daß ein wahrhaft künstlerischer Eindruck dadurch
hervorgebracht wird. Derartige anmuthige Gestalten, einzeln oder zu Grup¬
pen vereinigt, werden an den Fayaden der neu erstehenden Häuser häufig
angebracht und gereichen da. wo sie in die Architektur hineinpasse,», dem Hause
zur schönsten Zierde. — Eine der ältesten Innungen ist die der Schuhmacher;
ihr Privilegium datirt aus dem Mittelalter her, sie befindet sich bei dieser
Ausstellung iii nächster Nähe und gewissermaßen in Concmrenz mit der aller-
jüngsten. der der Gummiarbeiter, die als ihr Wahrzeichen ebenfalls einen
Schuh ausgestellt haben; er ist von Gummi und hat ungefähr die sechsfache
Größe einer gewöhnlichen Fußbekleidung, einen Pendant dazu bildet die vier
und ein halb Fuß große Kinderklapper der Ne n Silberarbeiter. Von den
übrigen Gewerken zeichnen sich eigentlich nur noch die Fischer durch ein beson¬
ders hübsches großes grünes Netz aus, das im Zuge von zehn Leuten getragen
wurde und silberne Fischchen enthielt. Es machte sich das allerliebst und er¬
innerte mehr noch als alles Vorhergehende an die Aufzüge, die in den großen
Ausstattungsvpern nie fehlen dürfen, und immer lebhaften Beifalls sicher sind.
Auch die Kürschner, sämmtlich in Pelze gekleidet und in ihrer Fahne den


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[0197] in der ein Blumenstrauß sich befand, haben sie hier einen Glaskasten aus¬ gestellt, in dem auf rothem Sammetkissen die prächtigsten Schmucksachen sich befinden, umgeben von einer Kette des schwarzen Adlerordens. Der Geschmack und die Schönheit der Arbeit, die grade dieses Gewerk kennzeichnen, erheben es fast zum Range einer Künstlerschaft. — Ein gigantischer goldner Schlüssel, groß genug das Thor des Paradieses zu schließen, der auf rothem Sammet- kissen liegt, bezeichnet die Schlosser, während die alte Gilde der Schwert- feger und Waffenschmiede durch ein schönes Exemplar eines Flambcrgs mit dem Jnnungszeichen so wie durch neue Degen mit Schärpen vertreten ist. Ein silberner Strumpf von unendlicher Länge bezeichnet die Strumpf¬ wirker. Nicht so leicht kenntlich sind die GeWerke der Zeugdrucker, Rasch- machcr, Posamentierer, Tapezierer und anderer, die sich jedoch durch schöne seidne Fahnen und stolze Banner aller Art hervorthun; leicht erkennbar hin¬ gegen sind die Uhrmacher durch eine Sonnenuhr, die Buchbinder durch eine Bibel als älteste und viele Albums als neueste Proben ihres Handwerks, so wie die Bürsten- und Kammmacher durch riesenhafte Bürsten und Kämme, wie durch mehre künstliche Kronen in englischen und preussischen Farben — aus Borsten gefertigt. — Ganz besonders imposant erschien in dem Zuge das Gewerk der Kupferschmiede und Gelbgießer durch den Glanz ihrer großen Gefäße, auch in der Nähe gesehen erfreuen sie das Auge durch die Tüchtigkeit der Arbeit; ganz besonders aber kommen die Wahrzeichen der Tö¬ pfer hier zur Geltung. Es sind Vasen und Figuren in gebranntem Thon nach antiken und modernen Mustern; von einer Feinheit der Formen bis in die kleinsten Details hinein, daß ein wahrhaft künstlerischer Eindruck dadurch hervorgebracht wird. Derartige anmuthige Gestalten, einzeln oder zu Grup¬ pen vereinigt, werden an den Fayaden der neu erstehenden Häuser häufig angebracht und gereichen da. wo sie in die Architektur hineinpasse,», dem Hause zur schönsten Zierde. — Eine der ältesten Innungen ist die der Schuhmacher; ihr Privilegium datirt aus dem Mittelalter her, sie befindet sich bei dieser Ausstellung iii nächster Nähe und gewissermaßen in Concmrenz mit der aller- jüngsten. der der Gummiarbeiter, die als ihr Wahrzeichen ebenfalls einen Schuh ausgestellt haben; er ist von Gummi und hat ungefähr die sechsfache Größe einer gewöhnlichen Fußbekleidung, einen Pendant dazu bildet die vier und ein halb Fuß große Kinderklapper der Ne n Silberarbeiter. Von den übrigen Gewerken zeichnen sich eigentlich nur noch die Fischer durch ein beson¬ ders hübsches großes grünes Netz aus, das im Zuge von zehn Leuten getragen wurde und silberne Fischchen enthielt. Es machte sich das allerliebst und er¬ innerte mehr noch als alles Vorhergehende an die Aufzüge, die in den großen Ausstattungsvpern nie fehlen dürfen, und immer lebhaften Beifalls sicher sind. Auch die Kürschner, sämmtlich in Pelze gekleidet und in ihrer Fahne den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/197>, abgerufen am 21.12.2024.