Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.Daß ein solcher der Sache die größten Dienste leisten würde, ist gewiß. Fassen wir die Aufgabe, welche wir der so geweckten Theilnahme, ins¬ Daß ein solcher der Sache die größten Dienste leisten würde, ist gewiß. Fassen wir die Aufgabe, welche wir der so geweckten Theilnahme, ins¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0135" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186547"/> <p xml:id="ID_312"> Daß ein solcher der Sache die größten Dienste leisten würde, ist gewiß.<lb/> Abgesehn von der Vermittlung näherer Beziehungen unter den Associationen<lb/> selbst, würde schon der Austausch der Ideen und Ersahrungen unter deren<lb/> Vertretern im lebendigen Wort, wo jedes Bedenken sofort seine Erledigung,<lb/> jeder Vorschlag seine Berichtigung findet, wo die persönliche Berührung endlich<lb/> die Berichte über die einschlagenden Thatsachen unmittelbar beglaubigt, von<lb/> der wohlthätigsten Wirkung sein. Außer diesem Einfluß auf die bei der Sache<lb/> bereits Betheiligten, schlagen wir aber die Anregung, welche ein solcher i»<lb/> vollster Oeffentlichkeit verhandelnder Kongreß den noch außerhalb der Bewegung<lb/> Stehenden mittheilen würde, sast noch höher an. Indem er die ganze Wucht<lb/> der öffentlichen Meinung in die Wagschale der Associationen legte, würde er<lb/> namentlich die größere Betheiligung der gebildeten und besitzenden Classen<lb/> dabei hervorrufen, welche überall als die eigentlichen Leiter in den socialen<lb/> Bestrebungen voranzugehn den Beruf haben. So dürften wir endlich hoffen,<lb/> für die vielen zersplitterten und planlos sich einander kreuzenden Thätigkeiten<lb/> auf diesem Felde einen einheitlichen klar erkannten Ausgangs- und Zielpunkt<lb/> zu erhalten, an dem es bisher noch so sehr mangelte. Denn versteht eine solche<lb/> Versammlung es nur irgend, durch das wolbegründete Ansehn ihrer Mitglieder,<lb/> durch Gehalt und Form ihrer Eröterungen das allgemeine Interesse des Publi-<lb/> cums zu fesseln, so vermag kein noch so tüchtiges Wirken Einzelner in Schrift<lb/> und Wort ihre Aussprüche zu ersetzen, welche vielmehr mit der Sanction einK<lb/> Urtheils von Vertrauensmännern der Nation, als Verbiet einer Jury auftreten,<lb/> deren Zuständigkeit sich niemand so leicht entzieht.</p><lb/> <p xml:id="ID_313" next="#ID_314"> Fassen wir die Aufgabe, welche wir der so geweckten Theilnahme, ins¬<lb/> besondere der gebildeten Stände, in der ganzen Angelegenheit zutheilen möchten,<lb/> näher in das Auge, so ist zuerst hervorzuheben, daß es sich nicht um materielle<lb/> Opfer, nicht um Unterstützungen an Geld oder dergleichen handelt, welche zum<lb/> Zweck der Verbesserung des Looses der arbeitenden Classen erfordert wurden,<lb/> sondern vielmehr um geistige Anregung und Anleitung aus dem Wege zur<lb/> Selbsthilfe. Die eigne schlummernde oder mißleitete Kraft der Leute wecken,<lb/> ihnen vor allem Vertrauen zu sich selbst einflößen, ihnen den Grundsatz ein¬<lb/> prägen, daß jeder sür sein eignes Wohl und Wehe ganz allein verantwortlich<lb/> und daß es unwürdig und unsinnig sei, nach Hilfe von Außen sich umzuschauen,<lb/> da jeder die Kraft dazu in sich selbst trage und die andern eben auch mit sich<lb/> zu thun Hütten : damit erzeigt man den Leuten einen bessern Dienst, als mit<lb/> jeder milden Gabe, welche nur die Vorstellung von der eignen Hilflosigkeit'<lb/> bei ihnen nährt, sie in Stumpfheit und Trägheit versenkt, aus denen sie sich<lb/> je länger desto weniger herauszuarbeiten vermögen. Doch wird es in den<lb/> meisten Fällen hierbei nicht bewenden können, vielmehr mit dieser Anregung<lb/> und allgemeinen Kräftigung des Willens auch die specielle Anleitung verbunden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0135]
Daß ein solcher der Sache die größten Dienste leisten würde, ist gewiß.
Abgesehn von der Vermittlung näherer Beziehungen unter den Associationen
selbst, würde schon der Austausch der Ideen und Ersahrungen unter deren
Vertretern im lebendigen Wort, wo jedes Bedenken sofort seine Erledigung,
jeder Vorschlag seine Berichtigung findet, wo die persönliche Berührung endlich
die Berichte über die einschlagenden Thatsachen unmittelbar beglaubigt, von
der wohlthätigsten Wirkung sein. Außer diesem Einfluß auf die bei der Sache
bereits Betheiligten, schlagen wir aber die Anregung, welche ein solcher i»
vollster Oeffentlichkeit verhandelnder Kongreß den noch außerhalb der Bewegung
Stehenden mittheilen würde, sast noch höher an. Indem er die ganze Wucht
der öffentlichen Meinung in die Wagschale der Associationen legte, würde er
namentlich die größere Betheiligung der gebildeten und besitzenden Classen
dabei hervorrufen, welche überall als die eigentlichen Leiter in den socialen
Bestrebungen voranzugehn den Beruf haben. So dürften wir endlich hoffen,
für die vielen zersplitterten und planlos sich einander kreuzenden Thätigkeiten
auf diesem Felde einen einheitlichen klar erkannten Ausgangs- und Zielpunkt
zu erhalten, an dem es bisher noch so sehr mangelte. Denn versteht eine solche
Versammlung es nur irgend, durch das wolbegründete Ansehn ihrer Mitglieder,
durch Gehalt und Form ihrer Eröterungen das allgemeine Interesse des Publi-
cums zu fesseln, so vermag kein noch so tüchtiges Wirken Einzelner in Schrift
und Wort ihre Aussprüche zu ersetzen, welche vielmehr mit der Sanction einK
Urtheils von Vertrauensmännern der Nation, als Verbiet einer Jury auftreten,
deren Zuständigkeit sich niemand so leicht entzieht.
Fassen wir die Aufgabe, welche wir der so geweckten Theilnahme, ins¬
besondere der gebildeten Stände, in der ganzen Angelegenheit zutheilen möchten,
näher in das Auge, so ist zuerst hervorzuheben, daß es sich nicht um materielle
Opfer, nicht um Unterstützungen an Geld oder dergleichen handelt, welche zum
Zweck der Verbesserung des Looses der arbeitenden Classen erfordert wurden,
sondern vielmehr um geistige Anregung und Anleitung aus dem Wege zur
Selbsthilfe. Die eigne schlummernde oder mißleitete Kraft der Leute wecken,
ihnen vor allem Vertrauen zu sich selbst einflößen, ihnen den Grundsatz ein¬
prägen, daß jeder sür sein eignes Wohl und Wehe ganz allein verantwortlich
und daß es unwürdig und unsinnig sei, nach Hilfe von Außen sich umzuschauen,
da jeder die Kraft dazu in sich selbst trage und die andern eben auch mit sich
zu thun Hütten : damit erzeigt man den Leuten einen bessern Dienst, als mit
jeder milden Gabe, welche nur die Vorstellung von der eignen Hilflosigkeit'
bei ihnen nährt, sie in Stumpfheit und Trägheit versenkt, aus denen sie sich
je länger desto weniger herauszuarbeiten vermögen. Doch wird es in den
meisten Fällen hierbei nicht bewenden können, vielmehr mit dieser Anregung
und allgemeinen Kräftigung des Willens auch die specielle Anleitung verbunden
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