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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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walten- Niesen, Elke, Zwerge, Niren und Kobolde. Aber auch aus dem. was uns
gar nicht, oder nur in spärliche" Trümmern erhalte" ist, lassen sich lehrreiche Schlüsse
auf die Beschaffenheit des deutsche" Götterglaubens machen und auf die Lage derer,
welche im einfältige" Herzen die dunkle Eriniiernng bis zur Gegenwart bewährlein
So auffallend gleichförmig die Grundzüge deö alten Glaubens bei allen deutsche"
Stämmen waren, starke Verschiedenheit?" im Einzel"er si"d grade bei den obere"
Göttern u"verte""bar, vor allem in de" Name", Es ist allerdings möglich, ein
ziemlich vollständiges Verzeichnis; der nordischen Asengötter aus den deutschen Dia¬
lekte" zusammen zu finden, aber es ist nicht wahrscheinlich, das; ein einzelner Stamm,
wie treu er auch die Hauptgcstalle" von Wuotans Götterwelt verehrte, die dem
Nordischen entsprechenden Name" und Mythe" aller gepflegt hat. Den" grade Namen
und Mythen der hohen Götter sind am wemgste" co"stand. Die Mythen werde"
durch die Schicksale der Stämme, durch Aufblühe" und Untergang einzelner erlauchter
Familien, durch neue Heldenthaten, dnrch Vereinigung mehrer Stämme, durch Ab¬
lösung von Stammgenossen, durch die nie rastende Speculation der Denkenden,
durch Naturereignisse, zuletzt sogar durch die Dichtungen des Stammes fortwährend
umgeformt, Stamm- und Localcultc geben el"zal"er Götter" veränderte Bedeutung
und neue Namen, So lange nicht ein geordneter einheitlicher Staat und eine ge¬
meinsame Kunst der hohe" Götter Namen, Form und Gepräge befestigt hat, hören
diese Wandlungen niemals auf. Man- vergleiche mit den Erinnerungen aus der
deutschen Vergangenheit die ganz entsprechenden der griechischen und römischen Ur¬
zeit. Wie nah auch die Römer den übrigen Völkerschaften Latinas standen, neben
den gemeinsamen Gottheiten u"d Cultusstätte" halten die einzelnen kleinen Staate"
um Alba Longa andere Götter, deren Wesen ähnlich, deren Name verschieden war, und
wieder noch andere, welche jedem Staat eigenthümlich blieben. Auch wenn wir keine
Zeugnisse aus der deutschen Urzeit hätten, dürften wir schließen, daß es dort nicht
anders war. Und es wird nicht unnütz sein, we"" unsere Sammler auch ans die
Verbreitungsbezirke der einzelnen Götter größeres Augenmerk richteten.

Ferner aber soll man nie vergessen, daß die Ueberreste deutschen Heidcnglnubens,
welche sich bis zur Gegenwart erhalten haben, uns vornehmlich den Glauben der
Armen in einem trüben und gefärbten Glase zeige", der kleinen Landbauer, welche
zum große" Theil schon in der Heidenzeit unfrei waren. Diese aber standen in einem
ähnlichen Verhältniß zum Heidencultns, wie etwa jetzt der La"den""n zum katho¬
lischen Dogma, Was vorzugsweise de" Heide"familier, de" Priester", den
Prioiiegirte" der deutschen Heidenzeit angehörte, das ist am meisten verwischt und
mi" großen Theil völlig untergegangen. Die vornehmen Geschlechter verdarben >n
blutigen Kriegen oder "lachte" am ersten und vollständigste" ihre" Frieden mit dem
neue" Glaube". Die Götter und Sagen, welche ihnen am liebsten gewesen wäre",
zerranne" am schnellsten i" dem neuen Licht; was von Naturphilosophie und Specu-
lation i" die Götterwelt dnrch die Gebildeten des Heidenthums getragen war, wurde
am unbarmherzigste" verfolgt n"d verschwand fast Plötzlich, als die Intelligenz des
Volkes sich vom Heidenthum abwandte. So si"d die Trümmer alten Glanvens,
welch? sich "halten haben, ii" Ganzen genommen zu betrachten als die Ueberreste
des Glaubens der Kleinen und Einfältigen ii" Heidenthum. Daher die Beschaffen¬
heit dieser Trümmern die große Gleichförmigkeit, die starke Verdämmerung der meisten
Äjcngvtter und das B mviegen der kleineren phantastischen Gestalten.

^vn den angeführten Sammlungen empfehle" sich die Alpensagen von Ver-
naleken. zunächst weil sieeiuc Lücke in "nscrm Wissen ausfüllen. Sie sind sorgfältig und
Mit^wlssenschastlichei" Sinne gesammelt, die charakteristischen Züge und das Aelteste
der Traditionen gut hervorgehoben, es fehlt auch nicht an Hinweisen aus verwandte
Sage" anderer Sannin,,.^", Zuweile" ist der Stil der kleine" Geschichten zu
geschmückt. Die Sage" si"d "ich, "ur in der Schweiz, sondern auch in de" oft-


walten- Niesen, Elke, Zwerge, Niren und Kobolde. Aber auch aus dem. was uns
gar nicht, oder nur in spärliche» Trümmern erhalte» ist, lassen sich lehrreiche Schlüsse
auf die Beschaffenheit des deutsche» Götterglaubens machen und auf die Lage derer,
welche im einfältige» Herzen die dunkle Eriniiernng bis zur Gegenwart bewährlein
So auffallend gleichförmig die Grundzüge deö alten Glaubens bei allen deutsche»
Stämmen waren, starke Verschiedenheit?» im Einzel»er si»d grade bei den obere»
Göttern u»verte»»bar, vor allem in de» Name», Es ist allerdings möglich, ein
ziemlich vollständiges Verzeichnis; der nordischen Asengötter aus den deutschen Dia¬
lekte» zusammen zu finden, aber es ist nicht wahrscheinlich, das; ein einzelner Stamm,
wie treu er auch die Hauptgcstalle» von Wuotans Götterwelt verehrte, die dem
Nordischen entsprechenden Name» und Mythe» aller gepflegt hat. Den» grade Namen
und Mythen der hohen Götter sind am wemgste» co»stand. Die Mythen werde»
durch die Schicksale der Stämme, durch Aufblühe» und Untergang einzelner erlauchter
Familien, durch neue Heldenthaten, dnrch Vereinigung mehrer Stämme, durch Ab¬
lösung von Stammgenossen, durch die nie rastende Speculation der Denkenden,
durch Naturereignisse, zuletzt sogar durch die Dichtungen des Stammes fortwährend
umgeformt, Stamm- und Localcultc geben el»zal»er Götter» veränderte Bedeutung
und neue Namen, So lange nicht ein geordneter einheitlicher Staat und eine ge¬
meinsame Kunst der hohe» Götter Namen, Form und Gepräge befestigt hat, hören
diese Wandlungen niemals auf. Man- vergleiche mit den Erinnerungen aus der
deutschen Vergangenheit die ganz entsprechenden der griechischen und römischen Ur¬
zeit. Wie nah auch die Römer den übrigen Völkerschaften Latinas standen, neben
den gemeinsamen Gottheiten u»d Cultusstätte» halten die einzelnen kleinen Staate»
um Alba Longa andere Götter, deren Wesen ähnlich, deren Name verschieden war, und
wieder noch andere, welche jedem Staat eigenthümlich blieben. Auch wenn wir keine
Zeugnisse aus der deutschen Urzeit hätten, dürften wir schließen, daß es dort nicht
anders war. Und es wird nicht unnütz sein, we»» unsere Sammler auch ans die
Verbreitungsbezirke der einzelnen Götter größeres Augenmerk richteten.

Ferner aber soll man nie vergessen, daß die Ueberreste deutschen Heidcnglnubens,
welche sich bis zur Gegenwart erhalten haben, uns vornehmlich den Glauben der
Armen in einem trüben und gefärbten Glase zeige», der kleinen Landbauer, welche
zum große» Theil schon in der Heidenzeit unfrei waren. Diese aber standen in einem
ähnlichen Verhältniß zum Heidencultns, wie etwa jetzt der La»den»»n zum katho¬
lischen Dogma, Was vorzugsweise de» Heide»familier, de» Priester», den
Prioiiegirte» der deutschen Heidenzeit angehörte, das ist am meisten verwischt und
mi» großen Theil völlig untergegangen. Die vornehmen Geschlechter verdarben >n
blutigen Kriegen oder »lachte» am ersten und vollständigste» ihre» Frieden mit dem
neue» Glaube». Die Götter und Sagen, welche ihnen am liebsten gewesen wäre»,
zerranne» am schnellsten i» dem neuen Licht; was von Naturphilosophie und Specu-
lation i» die Götterwelt dnrch die Gebildeten des Heidenthums getragen war, wurde
am unbarmherzigste» verfolgt n»d verschwand fast Plötzlich, als die Intelligenz des
Volkes sich vom Heidenthum abwandte. So si»d die Trümmer alten Glanvens,
welch? sich «halten haben, ii» Ganzen genommen zu betrachten als die Ueberreste
des Glaubens der Kleinen und Einfältigen ii» Heidenthum. Daher die Beschaffen¬
heit dieser Trümmern die große Gleichförmigkeit, die starke Verdämmerung der meisten
Äjcngvtter und das B mviegen der kleineren phantastischen Gestalten.

^vn den angeführten Sammlungen empfehle» sich die Alpensagen von Ver-
naleken. zunächst weil sieeiuc Lücke in »nscrm Wissen ausfüllen. Sie sind sorgfältig und
Mit^wlssenschastlichei» Sinne gesammelt, die charakteristischen Züge und das Aelteste
der Traditionen gut hervorgehoben, es fehlt auch nicht an Hinweisen aus verwandte
Sage» anderer Sannin,,.^», Zuweile» ist der Stil der kleine» Geschichten zu
geschmückt. Die Sage» si»d »ich, »ur in der Schweiz, sondern auch in de» oft-


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[0127] walten- Niesen, Elke, Zwerge, Niren und Kobolde. Aber auch aus dem. was uns gar nicht, oder nur in spärliche» Trümmern erhalte» ist, lassen sich lehrreiche Schlüsse auf die Beschaffenheit des deutsche» Götterglaubens machen und auf die Lage derer, welche im einfältige» Herzen die dunkle Eriniiernng bis zur Gegenwart bewährlein So auffallend gleichförmig die Grundzüge deö alten Glaubens bei allen deutsche» Stämmen waren, starke Verschiedenheit?» im Einzel»er si»d grade bei den obere» Göttern u»verte»»bar, vor allem in de» Name», Es ist allerdings möglich, ein ziemlich vollständiges Verzeichnis; der nordischen Asengötter aus den deutschen Dia¬ lekte» zusammen zu finden, aber es ist nicht wahrscheinlich, das; ein einzelner Stamm, wie treu er auch die Hauptgcstalle» von Wuotans Götterwelt verehrte, die dem Nordischen entsprechenden Name» und Mythe» aller gepflegt hat. Den» grade Namen und Mythen der hohen Götter sind am wemgste» co»stand. Die Mythen werde» durch die Schicksale der Stämme, durch Aufblühe» und Untergang einzelner erlauchter Familien, durch neue Heldenthaten, dnrch Vereinigung mehrer Stämme, durch Ab¬ lösung von Stammgenossen, durch die nie rastende Speculation der Denkenden, durch Naturereignisse, zuletzt sogar durch die Dichtungen des Stammes fortwährend umgeformt, Stamm- und Localcultc geben el»zal»er Götter» veränderte Bedeutung und neue Namen, So lange nicht ein geordneter einheitlicher Staat und eine ge¬ meinsame Kunst der hohe» Götter Namen, Form und Gepräge befestigt hat, hören diese Wandlungen niemals auf. Man- vergleiche mit den Erinnerungen aus der deutschen Vergangenheit die ganz entsprechenden der griechischen und römischen Ur¬ zeit. Wie nah auch die Römer den übrigen Völkerschaften Latinas standen, neben den gemeinsamen Gottheiten u»d Cultusstätte» halten die einzelnen kleinen Staate» um Alba Longa andere Götter, deren Wesen ähnlich, deren Name verschieden war, und wieder noch andere, welche jedem Staat eigenthümlich blieben. Auch wenn wir keine Zeugnisse aus der deutschen Urzeit hätten, dürften wir schließen, daß es dort nicht anders war. Und es wird nicht unnütz sein, we»» unsere Sammler auch ans die Verbreitungsbezirke der einzelnen Götter größeres Augenmerk richteten. Ferner aber soll man nie vergessen, daß die Ueberreste deutschen Heidcnglnubens, welche sich bis zur Gegenwart erhalten haben, uns vornehmlich den Glauben der Armen in einem trüben und gefärbten Glase zeige», der kleinen Landbauer, welche zum große» Theil schon in der Heidenzeit unfrei waren. Diese aber standen in einem ähnlichen Verhältniß zum Heidencultns, wie etwa jetzt der La»den»»n zum katho¬ lischen Dogma, Was vorzugsweise de» Heide»familier, de» Priester», den Prioiiegirte» der deutschen Heidenzeit angehörte, das ist am meisten verwischt und mi» großen Theil völlig untergegangen. Die vornehmen Geschlechter verdarben >n blutigen Kriegen oder »lachte» am ersten und vollständigste» ihre» Frieden mit dem neue» Glaube». Die Götter und Sagen, welche ihnen am liebsten gewesen wäre», zerranne» am schnellsten i» dem neuen Licht; was von Naturphilosophie und Specu- lation i» die Götterwelt dnrch die Gebildeten des Heidenthums getragen war, wurde am unbarmherzigste» verfolgt n»d verschwand fast Plötzlich, als die Intelligenz des Volkes sich vom Heidenthum abwandte. So si»d die Trümmer alten Glanvens, welch? sich «halten haben, ii» Ganzen genommen zu betrachten als die Ueberreste des Glaubens der Kleinen und Einfältigen ii» Heidenthum. Daher die Beschaffen¬ heit dieser Trümmern die große Gleichförmigkeit, die starke Verdämmerung der meisten Äjcngvtter und das B mviegen der kleineren phantastischen Gestalten. ^vn den angeführten Sammlungen empfehle» sich die Alpensagen von Ver- naleken. zunächst weil sieeiuc Lücke in »nscrm Wissen ausfüllen. Sie sind sorgfältig und Mit^wlssenschastlichei» Sinne gesammelt, die charakteristischen Züge und das Aelteste der Traditionen gut hervorgehoben, es fehlt auch nicht an Hinweisen aus verwandte Sage» anderer Sannin,,.^», Zuweile» ist der Stil der kleine» Geschichten zu geschmückt. Die Sage» si»d »ich, »ur in der Schweiz, sondern auch in de» oft-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/127>, abgerufen am 21.12.2024.