Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.und Neuen zeichnet er auf; von jedem Actenstück macht er sich Notizen, auf ') Alis zahlreiche" Stellen nur eine, an Bonstcttcis, Aus 1775: "Dieser Rousseau lehrt mich eine sehr grosse, nicht genug von mir bedachte Wahrheit, die große Wichtigkeit und All¬ macht der Kunst zu reden. Hat er nicht das ganze denkende Europa entzückt, sind sie nicht alle, seine Mitbürger ausgcnommc", zu seinen Füßen, und lerne" -- nichts, beten ihn an, nur weil er die Sprache so allmächtig führt wie Gott Jupiter seine Donner. So will ich denn dieses große" Instruments mich auch bemächtigen. Von der Völkerwanderung bis auf Erasmus hat mau gestammelt, von Erasmus bis ausLeibuil,, geschrieben, von Leiblich und Voltnire bis hierher msonuirt, so will den" ich -- sprechen: In unser" Alpen rollt der Donner --" u. s w. ") Später nahm er es sehr übel, wen" mau ihn einen Nachahmer des Tacitus nannte i
fortwährend kommt er darauf zurück, z. B. 20. Jan. 1782: "Die Begierde, zu schreiben wie Tacitus, wenn sie mir gleich vo" mehrer" und rühmlich zugeschrieben worden, ist gänzlicii unbegründet; ich habe diese" Schriftsteller seit 177"; nie, damals aber nur einmal gelesen." So schnell vergaß er! und Neuen zeichnet er auf; von jedem Actenstück macht er sich Notizen, auf ') Alis zahlreiche» Stellen nur eine, an Bonstcttcis, Aus 1775: „Dieser Rousseau lehrt mich eine sehr grosse, nicht genug von mir bedachte Wahrheit, die große Wichtigkeit und All¬ macht der Kunst zu reden. Hat er nicht das ganze denkende Europa entzückt, sind sie nicht alle, seine Mitbürger ausgcnommc», zu seinen Füßen, und lerne» — nichts, beten ihn an, nur weil er die Sprache so allmächtig führt wie Gott Jupiter seine Donner. So will ich denn dieses große» Instruments mich auch bemächtigen. Von der Völkerwanderung bis auf Erasmus hat mau gestammelt, von Erasmus bis ausLeibuil,, geschrieben, von Leiblich und Voltnire bis hierher msonuirt, so will den« ich — sprechen: In unser» Alpen rollt der Donner —" u. s w. ") Später nahm er es sehr übel, wen» mau ihn einen Nachahmer des Tacitus nannte i
fortwährend kommt er darauf zurück, z. B. 20. Jan. 1782: „Die Begierde, zu schreiben wie Tacitus, wenn sie mir gleich vo» mehrer» und rühmlich zugeschrieben worden, ist gänzlicii unbegründet; ich habe diese» Schriftsteller seit 177«; nie, damals aber nur einmal gelesen." So schnell vergaß er! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186518"/> <p xml:id="ID_245" prev="#ID_244" next="#ID_246"> und Neuen zeichnet er auf; von jedem Actenstück macht er sich Notizen, auf<lb/> jeder seiner Reisen führt er Tagebücher mit Beschreibungen und Empfindungen -<lb/> „fast alles kommt hier und da in mein Werk/' (7. Oct, 1 777). Je ausführ¬<lb/> licher er Woche für Woche über den Fortgang desselben berichtet, desto deut¬<lb/> licher wird die Mosaikarbeit. An seinen Bruder, 28. Nov. 1777: „daß du<lb/> mich gleichsam treibst, paid zu endigen, wundert mich sehr; ich dächte, mit<lb/> einem Denkmal, welches Jahrtausende lang vor den Augen der forschenden<lb/> Nachwelt sein kann, sollte man sich nicht übereilen. Auch ist kein Capitel,<lb/> das nicht fünf- oder sechsmal umgearbeitet worden wäre, noch im ganzen Buch<lb/> eine Redensart, welche mich nicht mehre Spaziergänge auf meinem Zimmer<lb/> gekostet hätte." Um auch im Aeußern die Form eines Kunstwerks festzuhalten<lb/> ließ er diesmal alle Noten und Belege weg. Tronchin hatte ihm gerathen,<lb/> das Buch französisch herauszugeben, weil es sonst keine Leser finden würde.<lb/> Glücklicherweise ließ er sich dadurch nickt bestimmen, aber bei der damaligen<lb/> Verwilderung der deutschen Prosa leuchtete ihm mehr und mehr die Wichtig¬<lb/> keit eines erhöhten, über die gemeine Sprache des Alltagslebens hinausgehen¬<lb/> den Stils ein, für ein Werk, welches den Ruhm der Nation der Nachwelt<lb/> überliefern sollte. ') Wie Klopstock für die neue Poesie, suchte er für die künst¬<lb/> lerische Prosa das Muster bei den Alten, und damals war Tacitus seine liebste<lb/> Lectüre. „Gegenwärtig lese ich zum dritten Mal den Tacitus; ich finde ihn<lb/> bei weitem nicht mehr den gleichen, als beim ersten Durchlesen, denn je öfter<lb/> er gelesen wird, desto mehr Stärke und Schönheit, desto mehr Superiorität<lb/> über alle, welche in alten und neuen Zeiten Historie geschrieben haben, ent¬<lb/> deckt man in diesem tiefsinnigen und schweren Schriftsteller." (20. März 1776)**)<lb/> Von Mitte September 1779 wandte er, ohne alle andere Zerstreuung,<lb/> jeden Augenblick an, endlich den ersten Theil der Schweizerhistorie zum Druck<lb/> zu rüsten, „welches (schreibt er seinem Binder) mir so vorzüglich gelungen,<lb/> daß er allem Vorigen in gar nichts gleicht, und ganz vollendet worden ist.<lb/> Er endigt mit 1388." Auch die Vorrede an Bonstetten, auf die er große Mühe</p><lb/> <note xml:id="FID_24" place="foot"> ') Alis zahlreiche» Stellen nur eine, an Bonstcttcis, Aus 1775: „Dieser Rousseau lehrt<lb/> mich eine sehr grosse, nicht genug von mir bedachte Wahrheit, die große Wichtigkeit und All¬<lb/> macht der Kunst zu reden. Hat er nicht das ganze denkende Europa entzückt, sind sie nicht<lb/> alle, seine Mitbürger ausgcnommc», zu seinen Füßen, und lerne» — nichts, beten ihn an,<lb/> nur weil er die Sprache so allmächtig führt wie Gott Jupiter seine Donner. So will ich denn<lb/> dieses große» Instruments mich auch bemächtigen. Von der Völkerwanderung bis auf Erasmus<lb/> hat mau gestammelt, von Erasmus bis ausLeibuil,, geschrieben, von Leiblich und Voltnire bis<lb/> hierher msonuirt, so will den« ich — sprechen: In unser» Alpen rollt der Donner —" u. s w.</note><lb/> <note xml:id="FID_25" place="foot"> ") Später nahm er es sehr übel, wen» mau ihn einen Nachahmer des Tacitus nannte i<lb/> fortwährend kommt er darauf zurück, z. B. 20. Jan. 1782: „Die Begierde, zu schreiben wie<lb/> Tacitus, wenn sie mir gleich vo» mehrer» und rühmlich zugeschrieben worden, ist gänzlicii<lb/> unbegründet; ich habe diese» Schriftsteller seit 177«; nie, damals aber nur einmal gelesen."<lb/> So schnell vergaß er!</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
und Neuen zeichnet er auf; von jedem Actenstück macht er sich Notizen, auf
jeder seiner Reisen führt er Tagebücher mit Beschreibungen und Empfindungen -
„fast alles kommt hier und da in mein Werk/' (7. Oct, 1 777). Je ausführ¬
licher er Woche für Woche über den Fortgang desselben berichtet, desto deut¬
licher wird die Mosaikarbeit. An seinen Bruder, 28. Nov. 1777: „daß du
mich gleichsam treibst, paid zu endigen, wundert mich sehr; ich dächte, mit
einem Denkmal, welches Jahrtausende lang vor den Augen der forschenden
Nachwelt sein kann, sollte man sich nicht übereilen. Auch ist kein Capitel,
das nicht fünf- oder sechsmal umgearbeitet worden wäre, noch im ganzen Buch
eine Redensart, welche mich nicht mehre Spaziergänge auf meinem Zimmer
gekostet hätte." Um auch im Aeußern die Form eines Kunstwerks festzuhalten
ließ er diesmal alle Noten und Belege weg. Tronchin hatte ihm gerathen,
das Buch französisch herauszugeben, weil es sonst keine Leser finden würde.
Glücklicherweise ließ er sich dadurch nickt bestimmen, aber bei der damaligen
Verwilderung der deutschen Prosa leuchtete ihm mehr und mehr die Wichtig¬
keit eines erhöhten, über die gemeine Sprache des Alltagslebens hinausgehen¬
den Stils ein, für ein Werk, welches den Ruhm der Nation der Nachwelt
überliefern sollte. ') Wie Klopstock für die neue Poesie, suchte er für die künst¬
lerische Prosa das Muster bei den Alten, und damals war Tacitus seine liebste
Lectüre. „Gegenwärtig lese ich zum dritten Mal den Tacitus; ich finde ihn
bei weitem nicht mehr den gleichen, als beim ersten Durchlesen, denn je öfter
er gelesen wird, desto mehr Stärke und Schönheit, desto mehr Superiorität
über alle, welche in alten und neuen Zeiten Historie geschrieben haben, ent¬
deckt man in diesem tiefsinnigen und schweren Schriftsteller." (20. März 1776)**)
Von Mitte September 1779 wandte er, ohne alle andere Zerstreuung,
jeden Augenblick an, endlich den ersten Theil der Schweizerhistorie zum Druck
zu rüsten, „welches (schreibt er seinem Binder) mir so vorzüglich gelungen,
daß er allem Vorigen in gar nichts gleicht, und ganz vollendet worden ist.
Er endigt mit 1388." Auch die Vorrede an Bonstetten, auf die er große Mühe
') Alis zahlreiche» Stellen nur eine, an Bonstcttcis, Aus 1775: „Dieser Rousseau lehrt
mich eine sehr grosse, nicht genug von mir bedachte Wahrheit, die große Wichtigkeit und All¬
macht der Kunst zu reden. Hat er nicht das ganze denkende Europa entzückt, sind sie nicht
alle, seine Mitbürger ausgcnommc», zu seinen Füßen, und lerne» — nichts, beten ihn an,
nur weil er die Sprache so allmächtig führt wie Gott Jupiter seine Donner. So will ich denn
dieses große» Instruments mich auch bemächtigen. Von der Völkerwanderung bis auf Erasmus
hat mau gestammelt, von Erasmus bis ausLeibuil,, geschrieben, von Leiblich und Voltnire bis
hierher msonuirt, so will den« ich — sprechen: In unser» Alpen rollt der Donner —" u. s w.
") Später nahm er es sehr übel, wen» mau ihn einen Nachahmer des Tacitus nannte i
fortwährend kommt er darauf zurück, z. B. 20. Jan. 1782: „Die Begierde, zu schreiben wie
Tacitus, wenn sie mir gleich vo» mehrer» und rühmlich zugeschrieben worden, ist gänzlicii
unbegründet; ich habe diese» Schriftsteller seit 177«; nie, damals aber nur einmal gelesen."
So schnell vergaß er!
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