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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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zu sagen, nicht die Aufgabe, für die Negierung qualisicirte Kandidaten auf¬
zustellen, sondern Männer, weiche die Regierung, wer sie auch sein mag, hin¬
dern, in die Gerechtsame des Landes und die Freiheit der Einzelnen einzu¬
1-1' greifen.




Die Llmdeskliister in Mecklenburg.

In der Musterkarte der mecklenburgischen ganz absonderlichen Verhältnisse
nimmt der Artikel "Landesklöster" einen hervorragenden Platz ein. Die
Klöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz haben einen Werth von nicht weni¬
ger als vier bis fünf Millionen, und dennoch ist man bis auf den heutige" Tag
darüber im Kampf, wer in Wahrheit berechtigt ist, die Nutznießung dieses
großen Capitals zu beanspruchen.

Vor der Reformation galten diese Klöster unzweifelhaft - als zu Nutz und
Frommen der ganzen Bevölkerung des Landes gestiftet, und ebenso unzweifel¬
haft steht es fest, daß zur Begründung und Erhaltung derselben mehr oder
minder die 'ganze Bevölkerung des Landes beigetragen hat. Bekannt ist auch,
daß die bis zur Reformation vorhandenen mecklenburgischen Stände, welche
aus den Prälaten, Rittern und Städten bestanden, sich als wirkliche Ver¬
treter der übrigen Bevölkerung ansahen und auch als solche gerirten. Diese
Stände, noch frei von modernem Eigennutz, hielten es für Pflicht, das Land
gegen etwaige Willkür fürstlicher Gewalt zu schützen, wie es die erste schrift¬
liche Urkunde über ihre Vereinigung, die Union vom 1. August 1523, besagt:
"Die Prälaten, Manne und Städte hätten sich vereinigt zum Lobe Gottes
des Allmächtigen und zu des Fürsten und seiner Landen und Leute Ehren,
Nutz und Wohlfahrt." -- Nach der Reformation stand es den Landesfürsten
zu, die katholischen Klöster einzuziehen, und die Prälaten, der erste Stand im
städtischen Gebäude, verschwanden. Von den ursprünglichen drei Stünden
blieben nunmehr nur noch die "Manne und Städte" (in den Reversalen von
1572 "die. Landschaft", in denen von 1621 "die getreuen Landstände von Ritter¬
schaft und Städten" und in dem Landesvergleich von 1755 endlich die "Ritter'
und Landschaft" genannt), aber der gleiche schöne Sinn für das Gemeinwohl
war damals auch bei diesen zwei Stünden noch nicht erloschen, man gedachte
noch seiner Verpflichtung: zur Ehre. Nutz und Frommen des Landes und der
Leute Sorge tragen zu müssen. Daher war es auch natürlich , daß die Stunde


zu sagen, nicht die Aufgabe, für die Negierung qualisicirte Kandidaten auf¬
zustellen, sondern Männer, weiche die Regierung, wer sie auch sein mag, hin¬
dern, in die Gerechtsame des Landes und die Freiheit der Einzelnen einzu¬
1-1' greifen.




Die Llmdeskliister in Mecklenburg.

In der Musterkarte der mecklenburgischen ganz absonderlichen Verhältnisse
nimmt der Artikel „Landesklöster" einen hervorragenden Platz ein. Die
Klöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz haben einen Werth von nicht weni¬
ger als vier bis fünf Millionen, und dennoch ist man bis auf den heutige» Tag
darüber im Kampf, wer in Wahrheit berechtigt ist, die Nutznießung dieses
großen Capitals zu beanspruchen.

Vor der Reformation galten diese Klöster unzweifelhaft - als zu Nutz und
Frommen der ganzen Bevölkerung des Landes gestiftet, und ebenso unzweifel¬
haft steht es fest, daß zur Begründung und Erhaltung derselben mehr oder
minder die 'ganze Bevölkerung des Landes beigetragen hat. Bekannt ist auch,
daß die bis zur Reformation vorhandenen mecklenburgischen Stände, welche
aus den Prälaten, Rittern und Städten bestanden, sich als wirkliche Ver¬
treter der übrigen Bevölkerung ansahen und auch als solche gerirten. Diese
Stände, noch frei von modernem Eigennutz, hielten es für Pflicht, das Land
gegen etwaige Willkür fürstlicher Gewalt zu schützen, wie es die erste schrift¬
liche Urkunde über ihre Vereinigung, die Union vom 1. August 1523, besagt:
„Die Prälaten, Manne und Städte hätten sich vereinigt zum Lobe Gottes
des Allmächtigen und zu des Fürsten und seiner Landen und Leute Ehren,
Nutz und Wohlfahrt." — Nach der Reformation stand es den Landesfürsten
zu, die katholischen Klöster einzuziehen, und die Prälaten, der erste Stand im
städtischen Gebäude, verschwanden. Von den ursprünglichen drei Stünden
blieben nunmehr nur noch die „Manne und Städte" (in den Reversalen von
1572 „die. Landschaft", in denen von 1621 „die getreuen Landstände von Ritter¬
schaft und Städten" und in dem Landesvergleich von 1755 endlich die „Ritter'
und Landschaft" genannt), aber der gleiche schöne Sinn für das Gemeinwohl
war damals auch bei diesen zwei Stünden noch nicht erloschen, man gedachte
noch seiner Verpflichtung: zur Ehre. Nutz und Frommen des Landes und der
Leute Sorge tragen zu müssen. Daher war es auch natürlich , daß die Stunde


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[0498] zu sagen, nicht die Aufgabe, für die Negierung qualisicirte Kandidaten auf¬ zustellen, sondern Männer, weiche die Regierung, wer sie auch sein mag, hin¬ dern, in die Gerechtsame des Landes und die Freiheit der Einzelnen einzu¬ 1-1' greifen. Die Llmdeskliister in Mecklenburg. In der Musterkarte der mecklenburgischen ganz absonderlichen Verhältnisse nimmt der Artikel „Landesklöster" einen hervorragenden Platz ein. Die Klöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz haben einen Werth von nicht weni¬ ger als vier bis fünf Millionen, und dennoch ist man bis auf den heutige» Tag darüber im Kampf, wer in Wahrheit berechtigt ist, die Nutznießung dieses großen Capitals zu beanspruchen. Vor der Reformation galten diese Klöster unzweifelhaft - als zu Nutz und Frommen der ganzen Bevölkerung des Landes gestiftet, und ebenso unzweifel¬ haft steht es fest, daß zur Begründung und Erhaltung derselben mehr oder minder die 'ganze Bevölkerung des Landes beigetragen hat. Bekannt ist auch, daß die bis zur Reformation vorhandenen mecklenburgischen Stände, welche aus den Prälaten, Rittern und Städten bestanden, sich als wirkliche Ver¬ treter der übrigen Bevölkerung ansahen und auch als solche gerirten. Diese Stände, noch frei von modernem Eigennutz, hielten es für Pflicht, das Land gegen etwaige Willkür fürstlicher Gewalt zu schützen, wie es die erste schrift¬ liche Urkunde über ihre Vereinigung, die Union vom 1. August 1523, besagt: „Die Prälaten, Manne und Städte hätten sich vereinigt zum Lobe Gottes des Allmächtigen und zu des Fürsten und seiner Landen und Leute Ehren, Nutz und Wohlfahrt." — Nach der Reformation stand es den Landesfürsten zu, die katholischen Klöster einzuziehen, und die Prälaten, der erste Stand im städtischen Gebäude, verschwanden. Von den ursprünglichen drei Stünden blieben nunmehr nur noch die „Manne und Städte" (in den Reversalen von 1572 „die. Landschaft", in denen von 1621 „die getreuen Landstände von Ritter¬ schaft und Städten" und in dem Landesvergleich von 1755 endlich die „Ritter' und Landschaft" genannt), aber der gleiche schöne Sinn für das Gemeinwohl war damals auch bei diesen zwei Stünden noch nicht erloschen, man gedachte noch seiner Verpflichtung: zur Ehre. Nutz und Frommen des Landes und der Leute Sorge tragen zu müssen. Daher war es auch natürlich , daß die Stunde

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/498>, abgerufen am 22.07.2024.