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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Offiziere und anderer Lehrer in Beziehung auf Straferkenntnisse zu erweitern,
ja es wird eine "Erziehungsdeputation" auf Befehl des Herzogs niedergesetzt.
Dennoch bleibt alles beim Alten. Natürlich -- "dem Intendanten, dessen
militärisch alleinherrschcnder Subjectivität wahrscheinlich die zum Vorschlag
gekommenen, seine Herrschaft muthmaßlich beschränkenden oder theilenden
Verbesseruugsvorschlüge nicht willkommen zu sein schienen, war es nur da¬
rum zu thun, daß eine Beschreibung der Anstalt, so wie gegenwärtig ihre Ver¬
fassung sei, mit Geschwindigkeit zu Stande gebracht werde" :c. B. 1. S. 85.

Kennt Herr Wagner den Herzog Karl Eugen nicht besser? Steht nicht
auf jedem Blatte seines Buches zu lesen, daß ein solcher Eingriff des Inten¬
danten eine Unmöglichkeit gewesen wäre? Doch die Gelegenheit war ihm eben
zu willkommen, seine "Muthmaßungen" über den Obristen an den Mann zu
bringen, Muthmaßungen, die freilich oft auf grobem Irrthum beruhen. So
grade hier. Gewiß, wir theilen seine Ansicht vollkommen, daß die Erziehungs¬
deputation ihre Aufgabe hätte lösen dürfen. Aber wenn sie auch in allem
durchgerungen wäre, hätte sie wol, wie Wagner meinte, "den Intendanten
vor der schmerzlichen Aufgabe bewahrt, mit empfindlichen eignem Ver¬
lust eine so schöne Anstalt helfen abbrechen zu müssen? Wir sind
der gegentheiligen Ansicht, daß nämlich die Akademie auch mit dieser Ver¬
besserung den Herzog nicht überdauert hätte. Doch wir geben uns nicht gern
mit Vermuthungen ab. Nur die den Intendanten berührenden Thatsachen
wollen wir hervorkehren. "Mit empfindlichen eignem Verluste" --
Woher weiß das unser Kritiker? Obrist von Seeger blieb dem Throne nahe,
bis er unter König Friedrich Generallieutenant wurde und als solcher eine
ehrenvolle Pensionirung auf seine Bitte wegen holten Alters und Kränklichkeit
erhielt. Es entspricht ganz dem feinen Tastsinn Wagners, wenn er unter der
Rubrik "Präsente" (1. B. S. 131 ff.) ungebührliche Ansprüche, ja Zweideutigkeiten
(133 Anm.) des Intendanten durchblicken läßt. Er schließt das aus dem
Mangel einer Antwort auf das Schreiben eines Schweizers, der sich über zu
große Präsente beklagt, die ihm angesonnen werden, es ist aber kein Schatten
davon wahr und Herr Wagner füllt sich selbst das Urtheil, wenn er sich
anderwärts (S. 306) gedrungen fühlt, die persönliche Uneigennützigkeit
Seegers insbesondere hervorzuheben. Wir fügen nur das hinzu, aus Notizen
der Familie Seeger, daß der Intendant nicht blos werthvolle Geschenke, die
U)M zahlreich genug zugesendet wurden, nach seiner Pflicht zurückwies, sondern
überhaupt ohne bedeutendes Privatvermögen die Akademie verließ. Als die
Frau Obristin zur Vorsteherin der 6evlo berufen wurde, erwiederte der In¬
tendant: "sie hat keinen Vorrath von Kleidern, um sich in allen Fällen zeigen
M können."

Dem mag sich eine weitere Notiz anreihen, die Seegers Stellung zum


Offiziere und anderer Lehrer in Beziehung auf Straferkenntnisse zu erweitern,
ja es wird eine „Erziehungsdeputation" auf Befehl des Herzogs niedergesetzt.
Dennoch bleibt alles beim Alten. Natürlich — „dem Intendanten, dessen
militärisch alleinherrschcnder Subjectivität wahrscheinlich die zum Vorschlag
gekommenen, seine Herrschaft muthmaßlich beschränkenden oder theilenden
Verbesseruugsvorschlüge nicht willkommen zu sein schienen, war es nur da¬
rum zu thun, daß eine Beschreibung der Anstalt, so wie gegenwärtig ihre Ver¬
fassung sei, mit Geschwindigkeit zu Stande gebracht werde" :c. B. 1. S. 85.

Kennt Herr Wagner den Herzog Karl Eugen nicht besser? Steht nicht
auf jedem Blatte seines Buches zu lesen, daß ein solcher Eingriff des Inten¬
danten eine Unmöglichkeit gewesen wäre? Doch die Gelegenheit war ihm eben
zu willkommen, seine „Muthmaßungen" über den Obristen an den Mann zu
bringen, Muthmaßungen, die freilich oft auf grobem Irrthum beruhen. So
grade hier. Gewiß, wir theilen seine Ansicht vollkommen, daß die Erziehungs¬
deputation ihre Aufgabe hätte lösen dürfen. Aber wenn sie auch in allem
durchgerungen wäre, hätte sie wol, wie Wagner meinte, „den Intendanten
vor der schmerzlichen Aufgabe bewahrt, mit empfindlichen eignem Ver¬
lust eine so schöne Anstalt helfen abbrechen zu müssen? Wir sind
der gegentheiligen Ansicht, daß nämlich die Akademie auch mit dieser Ver¬
besserung den Herzog nicht überdauert hätte. Doch wir geben uns nicht gern
mit Vermuthungen ab. Nur die den Intendanten berührenden Thatsachen
wollen wir hervorkehren. „Mit empfindlichen eignem Verluste" —
Woher weiß das unser Kritiker? Obrist von Seeger blieb dem Throne nahe,
bis er unter König Friedrich Generallieutenant wurde und als solcher eine
ehrenvolle Pensionirung auf seine Bitte wegen holten Alters und Kränklichkeit
erhielt. Es entspricht ganz dem feinen Tastsinn Wagners, wenn er unter der
Rubrik „Präsente" (1. B. S. 131 ff.) ungebührliche Ansprüche, ja Zweideutigkeiten
(133 Anm.) des Intendanten durchblicken läßt. Er schließt das aus dem
Mangel einer Antwort auf das Schreiben eines Schweizers, der sich über zu
große Präsente beklagt, die ihm angesonnen werden, es ist aber kein Schatten
davon wahr und Herr Wagner füllt sich selbst das Urtheil, wenn er sich
anderwärts (S. 306) gedrungen fühlt, die persönliche Uneigennützigkeit
Seegers insbesondere hervorzuheben. Wir fügen nur das hinzu, aus Notizen
der Familie Seeger, daß der Intendant nicht blos werthvolle Geschenke, die
U)M zahlreich genug zugesendet wurden, nach seiner Pflicht zurückwies, sondern
überhaupt ohne bedeutendes Privatvermögen die Akademie verließ. Als die
Frau Obristin zur Vorsteherin der 6evlo berufen wurde, erwiederte der In¬
tendant: „sie hat keinen Vorrath von Kleidern, um sich in allen Fällen zeigen
M können."

Dem mag sich eine weitere Notiz anreihen, die Seegers Stellung zum


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[0335] Offiziere und anderer Lehrer in Beziehung auf Straferkenntnisse zu erweitern, ja es wird eine „Erziehungsdeputation" auf Befehl des Herzogs niedergesetzt. Dennoch bleibt alles beim Alten. Natürlich — „dem Intendanten, dessen militärisch alleinherrschcnder Subjectivität wahrscheinlich die zum Vorschlag gekommenen, seine Herrschaft muthmaßlich beschränkenden oder theilenden Verbesseruugsvorschlüge nicht willkommen zu sein schienen, war es nur da¬ rum zu thun, daß eine Beschreibung der Anstalt, so wie gegenwärtig ihre Ver¬ fassung sei, mit Geschwindigkeit zu Stande gebracht werde" :c. B. 1. S. 85. Kennt Herr Wagner den Herzog Karl Eugen nicht besser? Steht nicht auf jedem Blatte seines Buches zu lesen, daß ein solcher Eingriff des Inten¬ danten eine Unmöglichkeit gewesen wäre? Doch die Gelegenheit war ihm eben zu willkommen, seine „Muthmaßungen" über den Obristen an den Mann zu bringen, Muthmaßungen, die freilich oft auf grobem Irrthum beruhen. So grade hier. Gewiß, wir theilen seine Ansicht vollkommen, daß die Erziehungs¬ deputation ihre Aufgabe hätte lösen dürfen. Aber wenn sie auch in allem durchgerungen wäre, hätte sie wol, wie Wagner meinte, „den Intendanten vor der schmerzlichen Aufgabe bewahrt, mit empfindlichen eignem Ver¬ lust eine so schöne Anstalt helfen abbrechen zu müssen? Wir sind der gegentheiligen Ansicht, daß nämlich die Akademie auch mit dieser Ver¬ besserung den Herzog nicht überdauert hätte. Doch wir geben uns nicht gern mit Vermuthungen ab. Nur die den Intendanten berührenden Thatsachen wollen wir hervorkehren. „Mit empfindlichen eignem Verluste" — Woher weiß das unser Kritiker? Obrist von Seeger blieb dem Throne nahe, bis er unter König Friedrich Generallieutenant wurde und als solcher eine ehrenvolle Pensionirung auf seine Bitte wegen holten Alters und Kränklichkeit erhielt. Es entspricht ganz dem feinen Tastsinn Wagners, wenn er unter der Rubrik „Präsente" (1. B. S. 131 ff.) ungebührliche Ansprüche, ja Zweideutigkeiten (133 Anm.) des Intendanten durchblicken läßt. Er schließt das aus dem Mangel einer Antwort auf das Schreiben eines Schweizers, der sich über zu große Präsente beklagt, die ihm angesonnen werden, es ist aber kein Schatten davon wahr und Herr Wagner füllt sich selbst das Urtheil, wenn er sich anderwärts (S. 306) gedrungen fühlt, die persönliche Uneigennützigkeit Seegers insbesondere hervorzuheben. Wir fügen nur das hinzu, aus Notizen der Familie Seeger, daß der Intendant nicht blos werthvolle Geschenke, die U)M zahlreich genug zugesendet wurden, nach seiner Pflicht zurückwies, sondern überhaupt ohne bedeutendes Privatvermögen die Akademie verließ. Als die Frau Obristin zur Vorsteherin der 6evlo berufen wurde, erwiederte der In¬ tendant: „sie hat keinen Vorrath von Kleidern, um sich in allen Fällen zeigen M können." Dem mag sich eine weitere Notiz anreihen, die Seegers Stellung zum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/335>, abgerufen am 23.07.2024.