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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Punkt Wichtigkeit für weitere Kreise. Jener Monarch hatte auf Colberts
Rath die französische Seemacht verstärkt, er bedürfte für sie am Kanal eines
sichern Zufluchtsortes, und Vauban, der mit Aufsuchung einer dazu geeigneten
Stelle beauftragt worden, entschied^sich für die Bucht von Cherbourg. 1688
begann er die erforderlichen Arbeiten. Dieselben schritten indeß, da der
König zu viel Geld auf Lustschlösser, Gärten und Maitressen verwendete, nur
sehr langsam fort. Die Rhede war unsicher vor Stürmen und die angelegten
Werke nicht im Stande, der in der Seeschlacht von Kap La Hogue aus¬
einandergejagten. Flotte des Grafen von Joinville Beistand zu leisten, so daß
die Besatzung es erleben mußte, daß die siegreichen Engländer vor ihren Augen
15 französische Schiffe verbrannten.

Auch in den nächsten 50 Jahren geschah wenig für die Fortsetzung der
Arbeiten, obwol das Jahr 1758. in welchem eine englische Flotte unter
Admiral Howe bei Urville Truppen ausschiffte, die rasch nach Cherbourg mar-
schirten, die Stadt einnahmen, die im Hafen befindlichen Schiffe verbrannten
und die Festungswerke schleiften, abermals die Nothwendigkeit schnellen und
energischen Handelns eingeschärft hatte. Man schaffte die Ruinen hinweg, ver¬
längerte die Kais und vergrößerte das Becken des innern Hasens. der jetzt als
Handelshafen dient. Aber den Anforderungen eines großen Seewaffenplatzes
entsprachen diese Arbeiten nicht, ja man war selbst noch unter Ludwig XVI.
zweifelhaft, ob der Kriegshafen, dessen man auf der Nordküste bedürfte, nicht
besser bei La Hogue anzulegen sei. Der Jngcnieuroffizier de la Bretonniöre,
mit nochmaliger Untersuchung der Küste beauftragt, machte 1776 einen Bericht
an den König, der sich günstig für Cherbourg aussprach, und nun wurde mit
größerem Eifer zunächst an die Erbauung von Forts und Schanzen gegangen.

Vertheidigungswerke waren indeß nur das Eine, was nöthig war. Wich¬
tiger noch war das Bedürfniß nach der Umwandlung der Bucht vor der Stadt
in eine für Kriegsschiffe brauchbare Rhede. Zu diesem Zweck wurden ver¬
schiedene Maßregeln vorgeschlagen, unter denen man sich zuletzt sür die ent¬
schied, nach welcher die Bai durch einen langen Damm zwischen den beiden
in derselben gelegenen Inseln geschlossen werden sollte. Den Grund dieses
Dammes sollten hölzerne Fässer von der Form abgestumpfter Kegel, am Bo¬
den von 140, oben von 60 Fuß Durchmesser und 60 Fuß hoch bilden.
90 dieser Fässer wollte man mit Steinen füllen und in gewissen Zwischen-
rüumen voneinander versenken, die Zwischenräume mit Granitblöcken aus¬
füllen und das Ganze mit einer starken Eisenkette verbinden. Das erste Faß
wurde 1784 600 Faden westlich von der Insel Pet6e versenkt. Das zweite
aber wurde, bevor es hinreichend mit Steinen beschwert werden konnte, durch
einen plötzlich sich erhebenden Sturm zerstört. Dieser Umstand und eine Kosten¬
berechnung, bei welcher man fand, daß auf diese Weise der Damm gegen


Punkt Wichtigkeit für weitere Kreise. Jener Monarch hatte auf Colberts
Rath die französische Seemacht verstärkt, er bedürfte für sie am Kanal eines
sichern Zufluchtsortes, und Vauban, der mit Aufsuchung einer dazu geeigneten
Stelle beauftragt worden, entschied^sich für die Bucht von Cherbourg. 1688
begann er die erforderlichen Arbeiten. Dieselben schritten indeß, da der
König zu viel Geld auf Lustschlösser, Gärten und Maitressen verwendete, nur
sehr langsam fort. Die Rhede war unsicher vor Stürmen und die angelegten
Werke nicht im Stande, der in der Seeschlacht von Kap La Hogue aus¬
einandergejagten. Flotte des Grafen von Joinville Beistand zu leisten, so daß
die Besatzung es erleben mußte, daß die siegreichen Engländer vor ihren Augen
15 französische Schiffe verbrannten.

Auch in den nächsten 50 Jahren geschah wenig für die Fortsetzung der
Arbeiten, obwol das Jahr 1758. in welchem eine englische Flotte unter
Admiral Howe bei Urville Truppen ausschiffte, die rasch nach Cherbourg mar-
schirten, die Stadt einnahmen, die im Hafen befindlichen Schiffe verbrannten
und die Festungswerke schleiften, abermals die Nothwendigkeit schnellen und
energischen Handelns eingeschärft hatte. Man schaffte die Ruinen hinweg, ver¬
längerte die Kais und vergrößerte das Becken des innern Hasens. der jetzt als
Handelshafen dient. Aber den Anforderungen eines großen Seewaffenplatzes
entsprachen diese Arbeiten nicht, ja man war selbst noch unter Ludwig XVI.
zweifelhaft, ob der Kriegshafen, dessen man auf der Nordküste bedürfte, nicht
besser bei La Hogue anzulegen sei. Der Jngcnieuroffizier de la Bretonniöre,
mit nochmaliger Untersuchung der Küste beauftragt, machte 1776 einen Bericht
an den König, der sich günstig für Cherbourg aussprach, und nun wurde mit
größerem Eifer zunächst an die Erbauung von Forts und Schanzen gegangen.

Vertheidigungswerke waren indeß nur das Eine, was nöthig war. Wich¬
tiger noch war das Bedürfniß nach der Umwandlung der Bucht vor der Stadt
in eine für Kriegsschiffe brauchbare Rhede. Zu diesem Zweck wurden ver¬
schiedene Maßregeln vorgeschlagen, unter denen man sich zuletzt sür die ent¬
schied, nach welcher die Bai durch einen langen Damm zwischen den beiden
in derselben gelegenen Inseln geschlossen werden sollte. Den Grund dieses
Dammes sollten hölzerne Fässer von der Form abgestumpfter Kegel, am Bo¬
den von 140, oben von 60 Fuß Durchmesser und 60 Fuß hoch bilden.
90 dieser Fässer wollte man mit Steinen füllen und in gewissen Zwischen-
rüumen voneinander versenken, die Zwischenräume mit Granitblöcken aus¬
füllen und das Ganze mit einer starken Eisenkette verbinden. Das erste Faß
wurde 1784 600 Faden westlich von der Insel Pet6e versenkt. Das zweite
aber wurde, bevor es hinreichend mit Steinen beschwert werden konnte, durch
einen plötzlich sich erhebenden Sturm zerstört. Dieser Umstand und eine Kosten¬
berechnung, bei welcher man fand, daß auf diese Weise der Damm gegen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/318>, abgerufen am 22.07.2024.