Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.Es kam nur darauf an, noch auf verschiedene Fragen hinzuweisen, welche Darf man, ohne sich einer verwerflichen Gefühlsduselei hinzugeben, dar¬ Es kam nur darauf an, noch auf verschiedene Fragen hinzuweisen, welche Darf man, ohne sich einer verwerflichen Gefühlsduselei hinzugeben, dar¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0276" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106087"/> <p xml:id="ID_766" prev="#ID_765"> Es kam nur darauf an, noch auf verschiedene Fragen hinzuweisen, welche<lb/> bei einem Anlaufe zur gemeinsamen Organisation des deutschen Auswande¬<lb/> rungswesens jedenfalls eine ebenso ernste Beachtung in Anspruch zu nehmen<lb/> haben, als alle denkbaren Polizeimittel zur Vereitelung der heimlichen Aus¬<lb/> wanderung, wie zur Erschwerung des Auswanderns überhaupt. Aber freilich<lb/> dürften die Resultate solcher Untersuchungen unabweislich, wenn auch unlieb¬<lb/> sam darauf zurückführen, daß das so bereitwillig und allseitig bestens accep-<lb/> tirte Princip nicht ausreicht, „auch ohne: Gewährung einer politischen Reform<lb/> des Bundes" sei die in Deutschland lauter werdende Unzufriedenheit zu besei¬<lb/> tigen. Man würde sich überzeugen müssen, daß auch außerhalb der „gewissen<lb/> gemeinsamen Maßregeln" auf materiellem Gebiete noch „berechtigte" Wünsche<lb/> auf gemeinsame Institutionen existiren, „Institutionen, welche zum Theil schon<lb/> in der Bundesacte verheißen worden sind, denen die deutsche Nation aber<lb/> seit 1815 vergeblich entgegengesehen." —</p><lb/> <p xml:id="ID_767"> Darf man, ohne sich einer verwerflichen Gefühlsduselei hinzugeben, dar¬<lb/> auf hoffen, daß solche Erkenntniß auch in den leitenden Kreisen zur Herr¬<lb/> schaft kommen wird? Die Anerkenntniß von der Nothwendigkeit einer poli¬<lb/> tischen Reform der Bundesverfassung ist freilich wiederholt von den Minister¬<lb/> bänken ausgesprochen worden; doch noch viel emphatischer die Belehrung,<lb/> daß auch jetzt der geeignete Moment dafür nicht gekommen sei. Von<lb/> einer andern Seite lautet es mit halbofsiciösem Anklang, obgleich von ganz<lb/> officiösen Stimmen lebhaft angefochten: Link ut sunt, ant non sink!<lb/> Und die neueste Behandlung deutscher Fragen im ganz officiellen „Dresd¬<lb/> ner Journal" schließt eine Darstellung des Ganges der dänisch-deutschen<lb/> Streitfrage am Bundestag, indem sie einen Ueberblick auf die Reformwünsche,<lb/> so wie auf die Bundesthätigkeit in den „sogenannten gemeinnützigen An¬<lb/> gelegenheiten" wirst, mit den Sätzen: „Aber diese Zwecke (Förderung der ge¬<lb/> meinnützigen Angelegenheiten) mögen nützliche, wünschenswerthe sein, — ab¬<lb/> solut nothwendige sind sie nicht d. h. für den Bund nicht. Sie lassen<lb/> sich auch durch die freie Thätigkeit der einzelnen Bundesglieder erreichen, sind<lb/> zum großen Theil durch diese schon erreicht worden. Und bliebe es auch<lb/> serner gegen unsere Hoffnung und Erweiterung nur ein frommer Wunsch,<lb/> daß die deutschen Staaten sich für verpflichtet ansehen möchten, auch die ge¬<lb/> meinnützigen Angelegenheiten im weitesten Umfange mehr als bisher auf dem<lb/> Wege der bundesmäßlgen Verhandlung zu betreiben, so möchten wir um<lb/> keinen Preis geschehen lassen, daß um dieses Mangels willen an dem Bunde<lb/> selbst gerüttelt werde." — Laxienti sat!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0276]
Es kam nur darauf an, noch auf verschiedene Fragen hinzuweisen, welche
bei einem Anlaufe zur gemeinsamen Organisation des deutschen Auswande¬
rungswesens jedenfalls eine ebenso ernste Beachtung in Anspruch zu nehmen
haben, als alle denkbaren Polizeimittel zur Vereitelung der heimlichen Aus¬
wanderung, wie zur Erschwerung des Auswanderns überhaupt. Aber freilich
dürften die Resultate solcher Untersuchungen unabweislich, wenn auch unlieb¬
sam darauf zurückführen, daß das so bereitwillig und allseitig bestens accep-
tirte Princip nicht ausreicht, „auch ohne: Gewährung einer politischen Reform
des Bundes" sei die in Deutschland lauter werdende Unzufriedenheit zu besei¬
tigen. Man würde sich überzeugen müssen, daß auch außerhalb der „gewissen
gemeinsamen Maßregeln" auf materiellem Gebiete noch „berechtigte" Wünsche
auf gemeinsame Institutionen existiren, „Institutionen, welche zum Theil schon
in der Bundesacte verheißen worden sind, denen die deutsche Nation aber
seit 1815 vergeblich entgegengesehen." —
Darf man, ohne sich einer verwerflichen Gefühlsduselei hinzugeben, dar¬
auf hoffen, daß solche Erkenntniß auch in den leitenden Kreisen zur Herr¬
schaft kommen wird? Die Anerkenntniß von der Nothwendigkeit einer poli¬
tischen Reform der Bundesverfassung ist freilich wiederholt von den Minister¬
bänken ausgesprochen worden; doch noch viel emphatischer die Belehrung,
daß auch jetzt der geeignete Moment dafür nicht gekommen sei. Von
einer andern Seite lautet es mit halbofsiciösem Anklang, obgleich von ganz
officiösen Stimmen lebhaft angefochten: Link ut sunt, ant non sink!
Und die neueste Behandlung deutscher Fragen im ganz officiellen „Dresd¬
ner Journal" schließt eine Darstellung des Ganges der dänisch-deutschen
Streitfrage am Bundestag, indem sie einen Ueberblick auf die Reformwünsche,
so wie auf die Bundesthätigkeit in den „sogenannten gemeinnützigen An¬
gelegenheiten" wirst, mit den Sätzen: „Aber diese Zwecke (Förderung der ge¬
meinnützigen Angelegenheiten) mögen nützliche, wünschenswerthe sein, — ab¬
solut nothwendige sind sie nicht d. h. für den Bund nicht. Sie lassen
sich auch durch die freie Thätigkeit der einzelnen Bundesglieder erreichen, sind
zum großen Theil durch diese schon erreicht worden. Und bliebe es auch
serner gegen unsere Hoffnung und Erweiterung nur ein frommer Wunsch,
daß die deutschen Staaten sich für verpflichtet ansehen möchten, auch die ge¬
meinnützigen Angelegenheiten im weitesten Umfange mehr als bisher auf dem
Wege der bundesmäßlgen Verhandlung zu betreiben, so möchten wir um
keinen Preis geschehen lassen, daß um dieses Mangels willen an dem Bunde
selbst gerüttelt werde." — Laxienti sat!
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