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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Ochsen bespannt, ein System, das aus übclverstandener Sparsamkeit entstanden
ist, und sich aus einer Zeit lierschreibt, wo die Wege noch sehr schlecht waren
und den Transport schwerer Artillerie mit Pferden für letztere zu anstrengend,
ja oft unmöglich machten. Leider kommt es bei dieser Art Bespannung häufig
vor, daß ein Geschützzug unaufhaltsam durchgeht, oder daß sich das Zugvieh
einer ganzen Batterie des Ziehens weigert und trotz aller Versuche nicht in
das Feuer zu bringen ist.

Die Zugpferde der reitenden Artillerie sind ebenfalls aus den Stutereien
der Compagnie ausgesucht und werden alle vier Jahre erneuert, das Material
derselben ist nach englischem Muster, leicht, beweglich und haltbar, sie gilt bei allen
Kennern für die beste Waffe der ostindischen Armee. -- Wenn man auch, wie wir
bei Aufführung der Etats dieses Heeres zeigten, ganze eingeborne Artilleriecom¬
pagnien und Bataillone hat, so haben diese doch sehr viele europäische Offi¬
ziere und Unteroffiziere in ihren Reihen, die Eingebornen thun nur den
reinen Handlangerdienst, die Kunst des Richters, der Elevation, die dem Ge¬
schütz gegeben werden muß, um mit dem Geschoß eine größere Entfernung
zu erreichen, bleibt ihnen ein Geheimniß und wird nur von Europäern exe-
cutire. Wenn wir im gegenwärtigen Kriege die Insurgenten mit enormen
Artilleriemassen auftreten sehen, wenn wir finden, daß sie fast bei jedem un¬
glücklichen Gefecht ihr ganzes, mindestens die Hälfte ihres Geschützes verlieren,
so liegt dies darin, daß sie fast nur schwere Kanonen mit sich führen und
diese, großentheils mit Ochsen bespannt, nicht rasch weggebracht werden können.
Sie können diesen Verlust auch mit großer Leichtigkeit ersetzen, denn im Königreich
Audh und Centralindien sind beinahe alle Städte und Schlösser befestigt und
mit zahlreichen Geschützen versehen, die sie dann herbeischleppen und im Felde
gebrauchen.

Es ist hier nicht der Ort. auf die Verhältnisse einzugehen, welche die
Meuterei der bengalischen Armee hervorriefen, oder von dem wahrscheinlichen
Ausgang zu sprechen. Wir wollen aus dem Kriege nur auf den Charakter
der Sipoys in so weit schließen, daß wir sagen:

Kämpften sie so gut als sie marschiren und Strapatzen ertragen, und
wüßten ihre Führer mit ihnen in den Schlachten so gut zu agiren. als sie es
verstehen, sie durch Märsche nach den verschiedenen entscheidenden Punkten zu
dirigiren, so würde die Herrschaft der ostindischen Compagnie sehr bald sich
v. Tr. nur aus .Küstenstriche beschränken.




Ochsen bespannt, ein System, das aus übclverstandener Sparsamkeit entstanden
ist, und sich aus einer Zeit lierschreibt, wo die Wege noch sehr schlecht waren
und den Transport schwerer Artillerie mit Pferden für letztere zu anstrengend,
ja oft unmöglich machten. Leider kommt es bei dieser Art Bespannung häufig
vor, daß ein Geschützzug unaufhaltsam durchgeht, oder daß sich das Zugvieh
einer ganzen Batterie des Ziehens weigert und trotz aller Versuche nicht in
das Feuer zu bringen ist.

Die Zugpferde der reitenden Artillerie sind ebenfalls aus den Stutereien
der Compagnie ausgesucht und werden alle vier Jahre erneuert, das Material
derselben ist nach englischem Muster, leicht, beweglich und haltbar, sie gilt bei allen
Kennern für die beste Waffe der ostindischen Armee. — Wenn man auch, wie wir
bei Aufführung der Etats dieses Heeres zeigten, ganze eingeborne Artilleriecom¬
pagnien und Bataillone hat, so haben diese doch sehr viele europäische Offi¬
ziere und Unteroffiziere in ihren Reihen, die Eingebornen thun nur den
reinen Handlangerdienst, die Kunst des Richters, der Elevation, die dem Ge¬
schütz gegeben werden muß, um mit dem Geschoß eine größere Entfernung
zu erreichen, bleibt ihnen ein Geheimniß und wird nur von Europäern exe-
cutire. Wenn wir im gegenwärtigen Kriege die Insurgenten mit enormen
Artilleriemassen auftreten sehen, wenn wir finden, daß sie fast bei jedem un¬
glücklichen Gefecht ihr ganzes, mindestens die Hälfte ihres Geschützes verlieren,
so liegt dies darin, daß sie fast nur schwere Kanonen mit sich führen und
diese, großentheils mit Ochsen bespannt, nicht rasch weggebracht werden können.
Sie können diesen Verlust auch mit großer Leichtigkeit ersetzen, denn im Königreich
Audh und Centralindien sind beinahe alle Städte und Schlösser befestigt und
mit zahlreichen Geschützen versehen, die sie dann herbeischleppen und im Felde
gebrauchen.

Es ist hier nicht der Ort. auf die Verhältnisse einzugehen, welche die
Meuterei der bengalischen Armee hervorriefen, oder von dem wahrscheinlichen
Ausgang zu sprechen. Wir wollen aus dem Kriege nur auf den Charakter
der Sipoys in so weit schließen, daß wir sagen:

Kämpften sie so gut als sie marschiren und Strapatzen ertragen, und
wüßten ihre Führer mit ihnen in den Schlachten so gut zu agiren. als sie es
verstehen, sie durch Märsche nach den verschiedenen entscheidenden Punkten zu
dirigiren, so würde die Herrschaft der ostindischen Compagnie sehr bald sich
v. Tr. nur aus .Küstenstriche beschränken.




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[0232] Ochsen bespannt, ein System, das aus übclverstandener Sparsamkeit entstanden ist, und sich aus einer Zeit lierschreibt, wo die Wege noch sehr schlecht waren und den Transport schwerer Artillerie mit Pferden für letztere zu anstrengend, ja oft unmöglich machten. Leider kommt es bei dieser Art Bespannung häufig vor, daß ein Geschützzug unaufhaltsam durchgeht, oder daß sich das Zugvieh einer ganzen Batterie des Ziehens weigert und trotz aller Versuche nicht in das Feuer zu bringen ist. Die Zugpferde der reitenden Artillerie sind ebenfalls aus den Stutereien der Compagnie ausgesucht und werden alle vier Jahre erneuert, das Material derselben ist nach englischem Muster, leicht, beweglich und haltbar, sie gilt bei allen Kennern für die beste Waffe der ostindischen Armee. — Wenn man auch, wie wir bei Aufführung der Etats dieses Heeres zeigten, ganze eingeborne Artilleriecom¬ pagnien und Bataillone hat, so haben diese doch sehr viele europäische Offi¬ ziere und Unteroffiziere in ihren Reihen, die Eingebornen thun nur den reinen Handlangerdienst, die Kunst des Richters, der Elevation, die dem Ge¬ schütz gegeben werden muß, um mit dem Geschoß eine größere Entfernung zu erreichen, bleibt ihnen ein Geheimniß und wird nur von Europäern exe- cutire. Wenn wir im gegenwärtigen Kriege die Insurgenten mit enormen Artilleriemassen auftreten sehen, wenn wir finden, daß sie fast bei jedem un¬ glücklichen Gefecht ihr ganzes, mindestens die Hälfte ihres Geschützes verlieren, so liegt dies darin, daß sie fast nur schwere Kanonen mit sich führen und diese, großentheils mit Ochsen bespannt, nicht rasch weggebracht werden können. Sie können diesen Verlust auch mit großer Leichtigkeit ersetzen, denn im Königreich Audh und Centralindien sind beinahe alle Städte und Schlösser befestigt und mit zahlreichen Geschützen versehen, die sie dann herbeischleppen und im Felde gebrauchen. Es ist hier nicht der Ort. auf die Verhältnisse einzugehen, welche die Meuterei der bengalischen Armee hervorriefen, oder von dem wahrscheinlichen Ausgang zu sprechen. Wir wollen aus dem Kriege nur auf den Charakter der Sipoys in so weit schließen, daß wir sagen: Kämpften sie so gut als sie marschiren und Strapatzen ertragen, und wüßten ihre Führer mit ihnen in den Schlachten so gut zu agiren. als sie es verstehen, sie durch Märsche nach den verschiedenen entscheidenden Punkten zu dirigiren, so würde die Herrschaft der ostindischen Compagnie sehr bald sich v. Tr. nur aus .Küstenstriche beschränken.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/232>, abgerufen am 22.07.2024.