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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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gleichung sich nicht finden läßt, wo alle Gerichte und Ehrenräthe der Welt zu
nichts helfen können, wo eine Bitte um Entschuldigung feiten des Beleidigers
gradezu zum Spott und Hohn für den Beleidigten wird.

In allen andern außerdienstlichen Angelegenheiten steht der Offizier unter
dem Civilgericht, da, wie wir bereits sagten, eine Gerichtsbarkeit im Regiments
nicht existirt.

Für das Wort Kamerad hat man wol das englische einen-Alle; doch wird
dasselbe wenig gebraucht, und dafür das Wort Bruder, drotner angewendet,
so spricht und schreibt man von seinen brotnor oKesrs.

Der englische Offizier kann heirathen ohne dazu der Einwilligung seiner
Vorgesetzten zu bedürfen; gleichwol bezieht die Frau nach seinem Tode Pen¬
sion und wird für ihr standesgemäßes Reisen selten der Negierung gesorgt,
wenn ihr Mann im Dienste auswärts d. h. außerhalb der vereinigten König¬
reiche verwendet wird.

Das Ausscheiden der Offiziere aus der Armee geschieht auf zweierlei Art,
entweder läßt er sich auf Zeit pensioniren -- KM -- was aus Grund
ärztlicher Zeugnisse geschieht, und tritt später wieder in sein Regiment zurück,
oder er verkauft seine Stelle, und zieht sich gänzlich mit oder ohne Pension, je
nach dem er längere oder kürzere Zeit diente, aus dem Heere zurück. Auch im letz¬
teren Falle kann er, wenn er sich wieder eine Stelle kauft, in die Armee zurücktreten
und zwar in seinem früheren Range, aber immer als jüngster in seiner Charge.

Schon zur Zeit des Lord Clive bemühten sich die Engländer in Ostin¬
dien eine Armee von Eingebornen, die von Briten befehligt war. herzustellen,
da diese das Klima besser ertragen konnten und den Strapatzen weniger unter¬
lagen als Europäer. Hieraus entstanden die Sipoyregimenter. Außer
diesen warb die ostindische Compagnie Engländer an, die selbstständige Regi¬
menter bildeten. Das so gebildete Heer ist mit seinen Auxiliartruppen d. h.
denjenigen, welche die unter britischen Schutze stehenden Nadschas und Navabs
zu halten verpflichtet sind, beinahe dreimal so stark als das königliche, hat
aber nur die Verpflichtung innerhalb Indiens zu fechten; und sollen Regi¬
menter desselben zu auswärtigen Kriegen verwendet werden, so müssen sie erst
ihre Einwilligung dazu geben. -- Das ganze Heer bestand vor Ausbruch der
Meuterei am 9. Mai 1857 aus drei getrennten selbstständigen Armeen, denen
von Bengalen, Madras und Bombay. An der Spitze einer jeden derselben
steht ein General en Chef, von denen der der Armee von Bengalen wieder
das Obercommando führt.

Armee von Bengalen,

i Jngenieurscorps, 1 Bataillon Sappeurs, 3 Brigaden reitende Artillerie
Z.4 Compagnien, von denen 3 europäisch, die 4. eingeboren war, 5 Bataillonen
europäische Fnßartillerie -1 i o Compagnien, i a eingeborne reguläre, 8 eingeborne


gleichung sich nicht finden läßt, wo alle Gerichte und Ehrenräthe der Welt zu
nichts helfen können, wo eine Bitte um Entschuldigung feiten des Beleidigers
gradezu zum Spott und Hohn für den Beleidigten wird.

In allen andern außerdienstlichen Angelegenheiten steht der Offizier unter
dem Civilgericht, da, wie wir bereits sagten, eine Gerichtsbarkeit im Regiments
nicht existirt.

Für das Wort Kamerad hat man wol das englische einen-Alle; doch wird
dasselbe wenig gebraucht, und dafür das Wort Bruder, drotner angewendet,
so spricht und schreibt man von seinen brotnor oKesrs.

Der englische Offizier kann heirathen ohne dazu der Einwilligung seiner
Vorgesetzten zu bedürfen; gleichwol bezieht die Frau nach seinem Tode Pen¬
sion und wird für ihr standesgemäßes Reisen selten der Negierung gesorgt,
wenn ihr Mann im Dienste auswärts d. h. außerhalb der vereinigten König¬
reiche verwendet wird.

Das Ausscheiden der Offiziere aus der Armee geschieht auf zweierlei Art,
entweder läßt er sich auf Zeit pensioniren — KM — was aus Grund
ärztlicher Zeugnisse geschieht, und tritt später wieder in sein Regiment zurück,
oder er verkauft seine Stelle, und zieht sich gänzlich mit oder ohne Pension, je
nach dem er längere oder kürzere Zeit diente, aus dem Heere zurück. Auch im letz¬
teren Falle kann er, wenn er sich wieder eine Stelle kauft, in die Armee zurücktreten
und zwar in seinem früheren Range, aber immer als jüngster in seiner Charge.

Schon zur Zeit des Lord Clive bemühten sich die Engländer in Ostin¬
dien eine Armee von Eingebornen, die von Briten befehligt war. herzustellen,
da diese das Klima besser ertragen konnten und den Strapatzen weniger unter¬
lagen als Europäer. Hieraus entstanden die Sipoyregimenter. Außer
diesen warb die ostindische Compagnie Engländer an, die selbstständige Regi¬
menter bildeten. Das so gebildete Heer ist mit seinen Auxiliartruppen d. h.
denjenigen, welche die unter britischen Schutze stehenden Nadschas und Navabs
zu halten verpflichtet sind, beinahe dreimal so stark als das königliche, hat
aber nur die Verpflichtung innerhalb Indiens zu fechten; und sollen Regi¬
menter desselben zu auswärtigen Kriegen verwendet werden, so müssen sie erst
ihre Einwilligung dazu geben. — Das ganze Heer bestand vor Ausbruch der
Meuterei am 9. Mai 1857 aus drei getrennten selbstständigen Armeen, denen
von Bengalen, Madras und Bombay. An der Spitze einer jeden derselben
steht ein General en Chef, von denen der der Armee von Bengalen wieder
das Obercommando führt.

Armee von Bengalen,

i Jngenieurscorps, 1 Bataillon Sappeurs, 3 Brigaden reitende Artillerie
Z.4 Compagnien, von denen 3 europäisch, die 4. eingeboren war, 5 Bataillonen
europäische Fnßartillerie -1 i o Compagnien, i a eingeborne reguläre, 8 eingeborne


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[0226] gleichung sich nicht finden läßt, wo alle Gerichte und Ehrenräthe der Welt zu nichts helfen können, wo eine Bitte um Entschuldigung feiten des Beleidigers gradezu zum Spott und Hohn für den Beleidigten wird. In allen andern außerdienstlichen Angelegenheiten steht der Offizier unter dem Civilgericht, da, wie wir bereits sagten, eine Gerichtsbarkeit im Regiments nicht existirt. Für das Wort Kamerad hat man wol das englische einen-Alle; doch wird dasselbe wenig gebraucht, und dafür das Wort Bruder, drotner angewendet, so spricht und schreibt man von seinen brotnor oKesrs. Der englische Offizier kann heirathen ohne dazu der Einwilligung seiner Vorgesetzten zu bedürfen; gleichwol bezieht die Frau nach seinem Tode Pen¬ sion und wird für ihr standesgemäßes Reisen selten der Negierung gesorgt, wenn ihr Mann im Dienste auswärts d. h. außerhalb der vereinigten König¬ reiche verwendet wird. Das Ausscheiden der Offiziere aus der Armee geschieht auf zweierlei Art, entweder läßt er sich auf Zeit pensioniren — KM — was aus Grund ärztlicher Zeugnisse geschieht, und tritt später wieder in sein Regiment zurück, oder er verkauft seine Stelle, und zieht sich gänzlich mit oder ohne Pension, je nach dem er längere oder kürzere Zeit diente, aus dem Heere zurück. Auch im letz¬ teren Falle kann er, wenn er sich wieder eine Stelle kauft, in die Armee zurücktreten und zwar in seinem früheren Range, aber immer als jüngster in seiner Charge. Schon zur Zeit des Lord Clive bemühten sich die Engländer in Ostin¬ dien eine Armee von Eingebornen, die von Briten befehligt war. herzustellen, da diese das Klima besser ertragen konnten und den Strapatzen weniger unter¬ lagen als Europäer. Hieraus entstanden die Sipoyregimenter. Außer diesen warb die ostindische Compagnie Engländer an, die selbstständige Regi¬ menter bildeten. Das so gebildete Heer ist mit seinen Auxiliartruppen d. h. denjenigen, welche die unter britischen Schutze stehenden Nadschas und Navabs zu halten verpflichtet sind, beinahe dreimal so stark als das königliche, hat aber nur die Verpflichtung innerhalb Indiens zu fechten; und sollen Regi¬ menter desselben zu auswärtigen Kriegen verwendet werden, so müssen sie erst ihre Einwilligung dazu geben. — Das ganze Heer bestand vor Ausbruch der Meuterei am 9. Mai 1857 aus drei getrennten selbstständigen Armeen, denen von Bengalen, Madras und Bombay. An der Spitze einer jeden derselben steht ein General en Chef, von denen der der Armee von Bengalen wieder das Obercommando führt. Armee von Bengalen, i Jngenieurscorps, 1 Bataillon Sappeurs, 3 Brigaden reitende Artillerie Z.4 Compagnien, von denen 3 europäisch, die 4. eingeboren war, 5 Bataillonen europäische Fnßartillerie -1 i o Compagnien, i a eingeborne reguläre, 8 eingeborne

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/226>, abgerufen am 03.07.2024.