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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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ausspricht, sogleich vollstreckt, lautet es auf strengen Arrest, so wird der Ver¬
urteilte sofort dahin abgeführt. --

Rechtskundige d. h. juridisch befähigte Richter, wie es die Auditeure in
deutschen Armeen sind, existiren in der britischen Armee nicht, werden auch,
wie wir aus Erfahrung wissen, durchaus nicht vermißt, da Militärvergehen
jedenfalls besser und sicherer von Offizieren beurtheilt werden, als von blos
juristisch gebildeten Männern, die allenfalls noch Uniform tragen. -- Civil¬
vergehen aber in England auch von den Civilbehörden untersucht und bestraft
werden.

Größere Militärverbrechen werden, wie wir schon sagten, von einem Di-
stricts- oder Generalkriegsgericht untersucht und bestraft, doch bleibt das Ver¬
fahren dem eben geschilderten ganz analog, nur erhöht sich die Zahl der
Richter, und die Strafgewalt des Gerichtes selbst, auch wohnt ein Stabs¬
adjutant, als MiiA-al Ma^ö aävocaw dem Processe bei. Er hat zu proto
kolliren und die Stimmen bei der Bestimmung des Strafmaßes niederzu¬
schreiben, auch ist er für die Beobachtung der gesetzmäßigen Form verant¬
wortlich. -- Wenn bis hierher dem Angeklagten alle Mittel gelassen wurden,
seine Unschuld zu beweisen, wenn nichts während der Untersuchung geschah,
um ihn zu verwirren oder einzuschüchtern, so sind doch dann die Strafen um
so härter und fühlbarer; sie bestehen in der Armee in Barackenarrest, stren¬
gem Arrest mit oder ohne harte Arbeit, körperlicher Züchtigung, Entziehung
eines Theiles der Löhnung bei gewohnheitsmäßigen Säufern. Der Baracken¬
arrest besteht nicht blos darin, daß der Soldat, über welchen solcher ver¬
hängt ist, die Kaserne oder das Lager nicht verlassen darf, sondern auch in
fortwährendem Ausrücken und Exerciren. Jede Stunde, von früh 6 bis
Abends 9 Uhr. -- ausgenommen die. wo Regiments- oder Compagniedienst
stattfindet, muß er einmal ans Signal auf dem Kasernenhofe oder Waffen-
Platze erscheinen, und eine Viertelstunde unter dem sogenannten Ordcrlyser-
gcanten, der täglich zu diesem Zwecke commandirt wird, exerciren. jedesmal
aber auch in einem anderen, von diesem befohlenen Anzüge erscheinen, bald
mit schwerem, bald mit leichtem Marschgepäck, wie es die englischen Bestim¬
mungen des Reglements vorschreiben; das Umpacken seiner Effecten, um diesen
Befehlen Genüge zu leisten, gibt in der Zwischenzeit ganz genügende Beschäf¬
tigung. -- Der strenge Arrest wird bis zu sieben Tagen beim Regimente, bei
längerer Dauer in großen Militärgefängnissen, im Felde bei dem Prosoßmar¬
schall verbüßt, und werden dem Soldaten im letzteren Falle die Haare ganz
kurz abgeschnitten. -- die Hälfte der Löhnung zieht' der Staat ein. die an¬
dere Hälfte wird für Kost und Instandhaltung der Wäsche an die Gesängniß-
administration gezahlt. Die im Regimentsgefängnisse sich befindenden Arre-
staten werden in Zellen gesperrt, müssen die Kasernenhofe kehren und noch


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ausspricht, sogleich vollstreckt, lautet es auf strengen Arrest, so wird der Ver¬
urteilte sofort dahin abgeführt. —

Rechtskundige d. h. juridisch befähigte Richter, wie es die Auditeure in
deutschen Armeen sind, existiren in der britischen Armee nicht, werden auch,
wie wir aus Erfahrung wissen, durchaus nicht vermißt, da Militärvergehen
jedenfalls besser und sicherer von Offizieren beurtheilt werden, als von blos
juristisch gebildeten Männern, die allenfalls noch Uniform tragen. — Civil¬
vergehen aber in England auch von den Civilbehörden untersucht und bestraft
werden.

Größere Militärverbrechen werden, wie wir schon sagten, von einem Di-
stricts- oder Generalkriegsgericht untersucht und bestraft, doch bleibt das Ver¬
fahren dem eben geschilderten ganz analog, nur erhöht sich die Zahl der
Richter, und die Strafgewalt des Gerichtes selbst, auch wohnt ein Stabs¬
adjutant, als MiiA-al Ma^ö aävocaw dem Processe bei. Er hat zu proto
kolliren und die Stimmen bei der Bestimmung des Strafmaßes niederzu¬
schreiben, auch ist er für die Beobachtung der gesetzmäßigen Form verant¬
wortlich. — Wenn bis hierher dem Angeklagten alle Mittel gelassen wurden,
seine Unschuld zu beweisen, wenn nichts während der Untersuchung geschah,
um ihn zu verwirren oder einzuschüchtern, so sind doch dann die Strafen um
so härter und fühlbarer; sie bestehen in der Armee in Barackenarrest, stren¬
gem Arrest mit oder ohne harte Arbeit, körperlicher Züchtigung, Entziehung
eines Theiles der Löhnung bei gewohnheitsmäßigen Säufern. Der Baracken¬
arrest besteht nicht blos darin, daß der Soldat, über welchen solcher ver¬
hängt ist, die Kaserne oder das Lager nicht verlassen darf, sondern auch in
fortwährendem Ausrücken und Exerciren. Jede Stunde, von früh 6 bis
Abends 9 Uhr. — ausgenommen die. wo Regiments- oder Compagniedienst
stattfindet, muß er einmal ans Signal auf dem Kasernenhofe oder Waffen-
Platze erscheinen, und eine Viertelstunde unter dem sogenannten Ordcrlyser-
gcanten, der täglich zu diesem Zwecke commandirt wird, exerciren. jedesmal
aber auch in einem anderen, von diesem befohlenen Anzüge erscheinen, bald
mit schwerem, bald mit leichtem Marschgepäck, wie es die englischen Bestim¬
mungen des Reglements vorschreiben; das Umpacken seiner Effecten, um diesen
Befehlen Genüge zu leisten, gibt in der Zwischenzeit ganz genügende Beschäf¬
tigung. — Der strenge Arrest wird bis zu sieben Tagen beim Regimente, bei
längerer Dauer in großen Militärgefängnissen, im Felde bei dem Prosoßmar¬
schall verbüßt, und werden dem Soldaten im letzteren Falle die Haare ganz
kurz abgeschnitten. — die Hälfte der Löhnung zieht' der Staat ein. die an¬
dere Hälfte wird für Kost und Instandhaltung der Wäsche an die Gesängniß-
administration gezahlt. Die im Regimentsgefängnisse sich befindenden Arre-
staten werden in Zellen gesperrt, müssen die Kasernenhofe kehren und noch


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[0203] ausspricht, sogleich vollstreckt, lautet es auf strengen Arrest, so wird der Ver¬ urteilte sofort dahin abgeführt. — Rechtskundige d. h. juridisch befähigte Richter, wie es die Auditeure in deutschen Armeen sind, existiren in der britischen Armee nicht, werden auch, wie wir aus Erfahrung wissen, durchaus nicht vermißt, da Militärvergehen jedenfalls besser und sicherer von Offizieren beurtheilt werden, als von blos juristisch gebildeten Männern, die allenfalls noch Uniform tragen. — Civil¬ vergehen aber in England auch von den Civilbehörden untersucht und bestraft werden. Größere Militärverbrechen werden, wie wir schon sagten, von einem Di- stricts- oder Generalkriegsgericht untersucht und bestraft, doch bleibt das Ver¬ fahren dem eben geschilderten ganz analog, nur erhöht sich die Zahl der Richter, und die Strafgewalt des Gerichtes selbst, auch wohnt ein Stabs¬ adjutant, als MiiA-al Ma^ö aävocaw dem Processe bei. Er hat zu proto kolliren und die Stimmen bei der Bestimmung des Strafmaßes niederzu¬ schreiben, auch ist er für die Beobachtung der gesetzmäßigen Form verant¬ wortlich. — Wenn bis hierher dem Angeklagten alle Mittel gelassen wurden, seine Unschuld zu beweisen, wenn nichts während der Untersuchung geschah, um ihn zu verwirren oder einzuschüchtern, so sind doch dann die Strafen um so härter und fühlbarer; sie bestehen in der Armee in Barackenarrest, stren¬ gem Arrest mit oder ohne harte Arbeit, körperlicher Züchtigung, Entziehung eines Theiles der Löhnung bei gewohnheitsmäßigen Säufern. Der Baracken¬ arrest besteht nicht blos darin, daß der Soldat, über welchen solcher ver¬ hängt ist, die Kaserne oder das Lager nicht verlassen darf, sondern auch in fortwährendem Ausrücken und Exerciren. Jede Stunde, von früh 6 bis Abends 9 Uhr. — ausgenommen die. wo Regiments- oder Compagniedienst stattfindet, muß er einmal ans Signal auf dem Kasernenhofe oder Waffen- Platze erscheinen, und eine Viertelstunde unter dem sogenannten Ordcrlyser- gcanten, der täglich zu diesem Zwecke commandirt wird, exerciren. jedesmal aber auch in einem anderen, von diesem befohlenen Anzüge erscheinen, bald mit schwerem, bald mit leichtem Marschgepäck, wie es die englischen Bestim¬ mungen des Reglements vorschreiben; das Umpacken seiner Effecten, um diesen Befehlen Genüge zu leisten, gibt in der Zwischenzeit ganz genügende Beschäf¬ tigung. — Der strenge Arrest wird bis zu sieben Tagen beim Regimente, bei längerer Dauer in großen Militärgefängnissen, im Felde bei dem Prosoßmar¬ schall verbüßt, und werden dem Soldaten im letzteren Falle die Haare ganz kurz abgeschnitten. — die Hälfte der Löhnung zieht' der Staat ein. die an¬ dere Hälfte wird für Kost und Instandhaltung der Wäsche an die Gesängniß- administration gezahlt. Die im Regimentsgefängnisse sich befindenden Arre- staten werden in Zellen gesperrt, müssen die Kasernenhofe kehren und noch 25*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/203>, abgerufen am 22.07.2024.