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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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in Galla einen scharlachrothe Attila mit goldnen Schnuren, dunkelblaue Bein¬
kleider mit handbreiten goldnen Streifen, goldnes Säbelkuppel und eine eben
solche mit schmalen carmoisinrothen Streifen durchwirkte Feldbinde von der
linken Schulter nach der rechten Seite tragen; der dreieckige Hut mit schwarzer
Cocarde ist mit einem langen weiß und rothen Federbusche verziert; ihre Interims-
uniform besteht in einem dunkelblauen Oberrock mit zwei Reihen goldner Knöpfe,
schwarzem Sammetkragen und Aufschlägen, grauen Beinkleidern mit rothen Strei¬
fen an der Seite. Statt der Schabracken haben sie Tigerfelle unter dem Sattel lie¬
gen. -- Die Uniform des Gencralstabes ist der eben beschriebenen analog, doch tra¬
gen die Offiziere derselben statt der Schärpe ein goldnes Bandelier. an welchem,
ähnlich einer Cartouche. ein Futteral sür ein doppeltes Fernrohr befestigt ist, auch
führen sie Säbeltaschen zur Aufbewahrung der nöthigsten Schriften, beides sind Ein¬
richtungen, die wir für diese Branche des Dienstes für höchst zweckmäßig halten.

Die Soldaten der englischen Armee werden, da eine allgemeine Militär¬
pflicht wie in Deutschland nicht existirt, angeworben, wobei sie sich verpflichten,
gegen Empfang von 6 Livres Handgeld und der reglementsmäßigen Löhnung
21 Jahre dem Staate zu dienen. Die Sergeanten,, denen das Geschäft der
Werbung anvertraut ist, gehen entweder durch die Straßen der Städte
und Dörfer, ihre Kopfbedeckung mit blau weiß rothen Bändern verziert, und
suchen junge kräftige Leute zu überreden, wobei es ihnen nicht darauf an¬
kommt, dieselben betrunken zu machen und ihnen dann den Schilling in die
Hand zu drücken, später hilft dem Rekruten kein Weigern.

In London findet man an dem Gebäude der Horsegucirds und in der
City Bilder, die einen Soldaten in voller Uniform vorstellen, darüber steht mit
großen Lettern: ^Vg-vteck d. h. Gesucht, darunter: Junge Männer von gutem
Charakter sür das so und so vielste Regiment, zu melden bei dem und dem
Werbeserganten da und da, -- um noch mehr anzulocken werden noch einige
glänzende Versprechungen beigefügt, die selbstverständlich nie in Erfüllung
gehen. Ein anderes Mittel. Rekruten zu erhalten, hat man gegenwärtig
wieder versucht, man verspricht nämlich jungen Leuten, die 100 Rekruten stellen,
eine Fähndrichsstelle, ohne daß sie dieselbe kaufen müssen, erstattet ihnen aber
natürlich das vorschriftsmäßige Handgeld von K Livres, das sie verlegten, zu¬
rück. Nehmen wir an, daß solch ein junger Mann jedem, der sich von ihm
anwerben läßt, i Pfund Sterling mehr gibt, als der Werbesergeant zahlt,
daß der Rekrut ihm außerdem noch 10 Schilling Kosten macht, bis er an Ort
und Stelle ist. so beträgt dies für 100 Mann 150 Livres. mithin hat ersterer
bei seiner Anstellung 300 Pfd. Sterling erspart; denn eine Comission (Patent)
als Fähndrich kostet reglementsmäßig 450 Pfund.

Auch die Milizregimenter liefern dem stehenden Heere viele Rekruten, so
wie sie längere Zeit eingezogen sind, was bei jedem größeren Kriege und auch


in Galla einen scharlachrothe Attila mit goldnen Schnuren, dunkelblaue Bein¬
kleider mit handbreiten goldnen Streifen, goldnes Säbelkuppel und eine eben
solche mit schmalen carmoisinrothen Streifen durchwirkte Feldbinde von der
linken Schulter nach der rechten Seite tragen; der dreieckige Hut mit schwarzer
Cocarde ist mit einem langen weiß und rothen Federbusche verziert; ihre Interims-
uniform besteht in einem dunkelblauen Oberrock mit zwei Reihen goldner Knöpfe,
schwarzem Sammetkragen und Aufschlägen, grauen Beinkleidern mit rothen Strei¬
fen an der Seite. Statt der Schabracken haben sie Tigerfelle unter dem Sattel lie¬
gen. — Die Uniform des Gencralstabes ist der eben beschriebenen analog, doch tra¬
gen die Offiziere derselben statt der Schärpe ein goldnes Bandelier. an welchem,
ähnlich einer Cartouche. ein Futteral sür ein doppeltes Fernrohr befestigt ist, auch
führen sie Säbeltaschen zur Aufbewahrung der nöthigsten Schriften, beides sind Ein¬
richtungen, die wir für diese Branche des Dienstes für höchst zweckmäßig halten.

Die Soldaten der englischen Armee werden, da eine allgemeine Militär¬
pflicht wie in Deutschland nicht existirt, angeworben, wobei sie sich verpflichten,
gegen Empfang von 6 Livres Handgeld und der reglementsmäßigen Löhnung
21 Jahre dem Staate zu dienen. Die Sergeanten,, denen das Geschäft der
Werbung anvertraut ist, gehen entweder durch die Straßen der Städte
und Dörfer, ihre Kopfbedeckung mit blau weiß rothen Bändern verziert, und
suchen junge kräftige Leute zu überreden, wobei es ihnen nicht darauf an¬
kommt, dieselben betrunken zu machen und ihnen dann den Schilling in die
Hand zu drücken, später hilft dem Rekruten kein Weigern.

In London findet man an dem Gebäude der Horsegucirds und in der
City Bilder, die einen Soldaten in voller Uniform vorstellen, darüber steht mit
großen Lettern: ^Vg-vteck d. h. Gesucht, darunter: Junge Männer von gutem
Charakter sür das so und so vielste Regiment, zu melden bei dem und dem
Werbeserganten da und da, — um noch mehr anzulocken werden noch einige
glänzende Versprechungen beigefügt, die selbstverständlich nie in Erfüllung
gehen. Ein anderes Mittel. Rekruten zu erhalten, hat man gegenwärtig
wieder versucht, man verspricht nämlich jungen Leuten, die 100 Rekruten stellen,
eine Fähndrichsstelle, ohne daß sie dieselbe kaufen müssen, erstattet ihnen aber
natürlich das vorschriftsmäßige Handgeld von K Livres, das sie verlegten, zu¬
rück. Nehmen wir an, daß solch ein junger Mann jedem, der sich von ihm
anwerben läßt, i Pfund Sterling mehr gibt, als der Werbesergeant zahlt,
daß der Rekrut ihm außerdem noch 10 Schilling Kosten macht, bis er an Ort
und Stelle ist. so beträgt dies für 100 Mann 150 Livres. mithin hat ersterer
bei seiner Anstellung 300 Pfd. Sterling erspart; denn eine Comission (Patent)
als Fähndrich kostet reglementsmäßig 450 Pfund.

Auch die Milizregimenter liefern dem stehenden Heere viele Rekruten, so
wie sie längere Zeit eingezogen sind, was bei jedem größeren Kriege und auch


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[0150] in Galla einen scharlachrothe Attila mit goldnen Schnuren, dunkelblaue Bein¬ kleider mit handbreiten goldnen Streifen, goldnes Säbelkuppel und eine eben solche mit schmalen carmoisinrothen Streifen durchwirkte Feldbinde von der linken Schulter nach der rechten Seite tragen; der dreieckige Hut mit schwarzer Cocarde ist mit einem langen weiß und rothen Federbusche verziert; ihre Interims- uniform besteht in einem dunkelblauen Oberrock mit zwei Reihen goldner Knöpfe, schwarzem Sammetkragen und Aufschlägen, grauen Beinkleidern mit rothen Strei¬ fen an der Seite. Statt der Schabracken haben sie Tigerfelle unter dem Sattel lie¬ gen. — Die Uniform des Gencralstabes ist der eben beschriebenen analog, doch tra¬ gen die Offiziere derselben statt der Schärpe ein goldnes Bandelier. an welchem, ähnlich einer Cartouche. ein Futteral sür ein doppeltes Fernrohr befestigt ist, auch führen sie Säbeltaschen zur Aufbewahrung der nöthigsten Schriften, beides sind Ein¬ richtungen, die wir für diese Branche des Dienstes für höchst zweckmäßig halten. Die Soldaten der englischen Armee werden, da eine allgemeine Militär¬ pflicht wie in Deutschland nicht existirt, angeworben, wobei sie sich verpflichten, gegen Empfang von 6 Livres Handgeld und der reglementsmäßigen Löhnung 21 Jahre dem Staate zu dienen. Die Sergeanten,, denen das Geschäft der Werbung anvertraut ist, gehen entweder durch die Straßen der Städte und Dörfer, ihre Kopfbedeckung mit blau weiß rothen Bändern verziert, und suchen junge kräftige Leute zu überreden, wobei es ihnen nicht darauf an¬ kommt, dieselben betrunken zu machen und ihnen dann den Schilling in die Hand zu drücken, später hilft dem Rekruten kein Weigern. In London findet man an dem Gebäude der Horsegucirds und in der City Bilder, die einen Soldaten in voller Uniform vorstellen, darüber steht mit großen Lettern: ^Vg-vteck d. h. Gesucht, darunter: Junge Männer von gutem Charakter sür das so und so vielste Regiment, zu melden bei dem und dem Werbeserganten da und da, — um noch mehr anzulocken werden noch einige glänzende Versprechungen beigefügt, die selbstverständlich nie in Erfüllung gehen. Ein anderes Mittel. Rekruten zu erhalten, hat man gegenwärtig wieder versucht, man verspricht nämlich jungen Leuten, die 100 Rekruten stellen, eine Fähndrichsstelle, ohne daß sie dieselbe kaufen müssen, erstattet ihnen aber natürlich das vorschriftsmäßige Handgeld von K Livres, das sie verlegten, zu¬ rück. Nehmen wir an, daß solch ein junger Mann jedem, der sich von ihm anwerben läßt, i Pfund Sterling mehr gibt, als der Werbesergeant zahlt, daß der Rekrut ihm außerdem noch 10 Schilling Kosten macht, bis er an Ort und Stelle ist. so beträgt dies für 100 Mann 150 Livres. mithin hat ersterer bei seiner Anstellung 300 Pfd. Sterling erspart; denn eine Comission (Patent) als Fähndrich kostet reglementsmäßig 450 Pfund. Auch die Milizregimenter liefern dem stehenden Heere viele Rekruten, so wie sie längere Zeit eingezogen sind, was bei jedem größeren Kriege und auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/150>, abgerufen am 22.07.2024.