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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Wirthschaft wünschenswert!) und zugleich unerläßlich ist." Der Anschluß Bel¬
giens. Hollands/Dänemarks. Italiens an diesen volkswirthschaftlichen Verein
solle zugleich "eine politische Föderation zwischen all diesen Ländern" hervor¬
bringen; damit wäre freilich das Schleswig-holsteinische Problem gelöst! Mit
der Zeit soll auch ein allgemeines Parlament daraus hervorgehn. an dem sich
Ungarn. Serben und Kroaten betheiligen (S, 164). Nun die charakteristische
Stelle. S. 166: "Je härter der Widerspruch wird (zwischen Oestreich und
Preußen), desto eher muß sich die Lösung herausarbeiten; vor allem wird
sich die Nothwendigkeit, aus dem gegenwärtigen Verhältniß der deutschen
Staaten, nach Beseitigung der thatsächlichen Hindernisses, in em
bundcsstaatliches überzugehen, täglich gebieterischer entwickeln, wenn auch
Oestreich selbst jenen Theil des bruckschen Programms, welcher den Bundesstaat
eigentlich schon voraussetzt, fürs Erste nicht weiter betonen und an dem
Niederfallen der Zollschranken, sich genügen lassen sollte. Nur wird es sich
dann gefallen lassen müssen, von Zeit zu Zeit an den Ausspruck (der
bruckschen Denkschrift) erinnert zu werden, daß. wenn der deutsche Zollverein
nicht auch zum politischen wird, die Zerwühlung der gesellschaftlichen Zustände
fortdauern werde, und ebenso^ daß heute, "wo alle Völker nach gründlicher
Verbesserung ihrer politischen und socialen Zustände streben, jeder versäumte
Tag ein unwiederbringlicher Verlust ist u. s. w."

Die Hauptsache wäre, zu erfahren, wer diese Anträge stellt? Wer sind
die Herren L. N., N. u. s. w.? Es wäre nicht unwichtig, darüber Auskunft
M erhalten. Dem preußischen Staat kann es sehr gleichgiltig sein, wenn ob-
scure Scribenten ihn beschuldigen, er verdanke seine Großmachtstellung
französischem Einfluß; aber der östreichischen Regierung muß daran liegen,
daß man nicht etwa den Verdacht erregt, sie habe dabei ^die Hände im Spiel.
Beide Staaten. Oestreich und Preußen, verfolgen mit unablässigem Eiser ein
ernstes, historisch berechtigtes Ziel des Ehrgeizes, und da diese miteinander
collidiren. so wird es vielleicht noch einmal zu einem Zusammenstoß kommen;
die Weltgeschichte wird entscheiden, wessen Recht das tiefer begründete war.
Aber beide Staaten stehn zu hoch, um in diesem Kampf ein Mittel anzuwenden,
das nur Ohnmächtigen ziemt, das Mittel der Schmähung. Um so weniger
'se jetzt der geeignete Zeitpunkt, da sür die nächste Periode die ehrgeizigen Ent¬
würfe des einen wie des andern Staats n-icht die ^ geringste Aussicht haben
sich zu erfüllen; weder wird Preußen die norddeutsche Union zu Stande
bringen, noch Oestreich den mitteleuropäischen Staatenbund. Beide haben jetzt
eure sehr bestimmt vorgezeigete Aufgabe, die deutsche Ehre in dem Punkt
;u wahren, wo sie wirklich gefährdet ist, in Schleswig-Holstein. Nur das
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') Doch wol deo preußischen Armee'S

Wirthschaft wünschenswert!) und zugleich unerläßlich ist." Der Anschluß Bel¬
giens. Hollands/Dänemarks. Italiens an diesen volkswirthschaftlichen Verein
solle zugleich „eine politische Föderation zwischen all diesen Ländern" hervor¬
bringen; damit wäre freilich das Schleswig-holsteinische Problem gelöst! Mit
der Zeit soll auch ein allgemeines Parlament daraus hervorgehn. an dem sich
Ungarn. Serben und Kroaten betheiligen (S, 164). Nun die charakteristische
Stelle. S. 166: „Je härter der Widerspruch wird (zwischen Oestreich und
Preußen), desto eher muß sich die Lösung herausarbeiten; vor allem wird
sich die Nothwendigkeit, aus dem gegenwärtigen Verhältniß der deutschen
Staaten, nach Beseitigung der thatsächlichen Hindernisses, in em
bundcsstaatliches überzugehen, täglich gebieterischer entwickeln, wenn auch
Oestreich selbst jenen Theil des bruckschen Programms, welcher den Bundesstaat
eigentlich schon voraussetzt, fürs Erste nicht weiter betonen und an dem
Niederfallen der Zollschranken, sich genügen lassen sollte. Nur wird es sich
dann gefallen lassen müssen, von Zeit zu Zeit an den Ausspruck (der
bruckschen Denkschrift) erinnert zu werden, daß. wenn der deutsche Zollverein
nicht auch zum politischen wird, die Zerwühlung der gesellschaftlichen Zustände
fortdauern werde, und ebenso^ daß heute, „wo alle Völker nach gründlicher
Verbesserung ihrer politischen und socialen Zustände streben, jeder versäumte
Tag ein unwiederbringlicher Verlust ist u. s. w."

Die Hauptsache wäre, zu erfahren, wer diese Anträge stellt? Wer sind
die Herren L. N., N. u. s. w.? Es wäre nicht unwichtig, darüber Auskunft
M erhalten. Dem preußischen Staat kann es sehr gleichgiltig sein, wenn ob-
scure Scribenten ihn beschuldigen, er verdanke seine Großmachtstellung
französischem Einfluß; aber der östreichischen Regierung muß daran liegen,
daß man nicht etwa den Verdacht erregt, sie habe dabei ^die Hände im Spiel.
Beide Staaten. Oestreich und Preußen, verfolgen mit unablässigem Eiser ein
ernstes, historisch berechtigtes Ziel des Ehrgeizes, und da diese miteinander
collidiren. so wird es vielleicht noch einmal zu einem Zusammenstoß kommen;
die Weltgeschichte wird entscheiden, wessen Recht das tiefer begründete war.
Aber beide Staaten stehn zu hoch, um in diesem Kampf ein Mittel anzuwenden,
das nur Ohnmächtigen ziemt, das Mittel der Schmähung. Um so weniger
'se jetzt der geeignete Zeitpunkt, da sür die nächste Periode die ehrgeizigen Ent¬
würfe des einen wie des andern Staats n-icht die ^ geringste Aussicht haben
sich zu erfüllen; weder wird Preußen die norddeutsche Union zu Stande
bringen, noch Oestreich den mitteleuropäischen Staatenbund. Beide haben jetzt
eure sehr bestimmt vorgezeigete Aufgabe, die deutsche Ehre in dem Punkt
;u wahren, wo sie wirklich gefährdet ist, in Schleswig-Holstein. Nur das
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[0079] Wirthschaft wünschenswert!) und zugleich unerläßlich ist." Der Anschluß Bel¬ giens. Hollands/Dänemarks. Italiens an diesen volkswirthschaftlichen Verein solle zugleich „eine politische Föderation zwischen all diesen Ländern" hervor¬ bringen; damit wäre freilich das Schleswig-holsteinische Problem gelöst! Mit der Zeit soll auch ein allgemeines Parlament daraus hervorgehn. an dem sich Ungarn. Serben und Kroaten betheiligen (S, 164). Nun die charakteristische Stelle. S. 166: „Je härter der Widerspruch wird (zwischen Oestreich und Preußen), desto eher muß sich die Lösung herausarbeiten; vor allem wird sich die Nothwendigkeit, aus dem gegenwärtigen Verhältniß der deutschen Staaten, nach Beseitigung der thatsächlichen Hindernisses, in em bundcsstaatliches überzugehen, täglich gebieterischer entwickeln, wenn auch Oestreich selbst jenen Theil des bruckschen Programms, welcher den Bundesstaat eigentlich schon voraussetzt, fürs Erste nicht weiter betonen und an dem Niederfallen der Zollschranken, sich genügen lassen sollte. Nur wird es sich dann gefallen lassen müssen, von Zeit zu Zeit an den Ausspruck (der bruckschen Denkschrift) erinnert zu werden, daß. wenn der deutsche Zollverein nicht auch zum politischen wird, die Zerwühlung der gesellschaftlichen Zustände fortdauern werde, und ebenso^ daß heute, „wo alle Völker nach gründlicher Verbesserung ihrer politischen und socialen Zustände streben, jeder versäumte Tag ein unwiederbringlicher Verlust ist u. s. w." Die Hauptsache wäre, zu erfahren, wer diese Anträge stellt? Wer sind die Herren L. N., N. u. s. w.? Es wäre nicht unwichtig, darüber Auskunft M erhalten. Dem preußischen Staat kann es sehr gleichgiltig sein, wenn ob- scure Scribenten ihn beschuldigen, er verdanke seine Großmachtstellung französischem Einfluß; aber der östreichischen Regierung muß daran liegen, daß man nicht etwa den Verdacht erregt, sie habe dabei ^die Hände im Spiel. Beide Staaten. Oestreich und Preußen, verfolgen mit unablässigem Eiser ein ernstes, historisch berechtigtes Ziel des Ehrgeizes, und da diese miteinander collidiren. so wird es vielleicht noch einmal zu einem Zusammenstoß kommen; die Weltgeschichte wird entscheiden, wessen Recht das tiefer begründete war. Aber beide Staaten stehn zu hoch, um in diesem Kampf ein Mittel anzuwenden, das nur Ohnmächtigen ziemt, das Mittel der Schmähung. Um so weniger 'se jetzt der geeignete Zeitpunkt, da sür die nächste Periode die ehrgeizigen Ent¬ würfe des einen wie des andern Staats n-icht die ^ geringste Aussicht haben sich zu erfüllen; weder wird Preußen die norddeutsche Union zu Stande bringen, noch Oestreich den mitteleuropäischen Staatenbund. Beide haben jetzt eure sehr bestimmt vorgezeigete Aufgabe, die deutsche Ehre in dem Punkt ;u wahren, wo sie wirklich gefährdet ist, in Schleswig-Holstein. Nur das N-MMZü^j,-.»!','-'''''' ') Doch wol deo preußischen Armee'S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/79>, abgerufen am 27.07.2024.