Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

und schlich hinein, gehe durchs Spielet- aufs Mühtthor zu. welches mit Palli^
haben vermacht war. Da hatte inwendig ein und der andere auf der Lausche
gestanden, die mich Unwissenden erhaschten, wie eine Katze eine Maus. Da
ward ich mit neuen Stricken gebunden, daß ich mich weder mit Gehen, noch
Greifen behelfen konnte, sollte entweder Geld geben oder reiche Leute verrathen.
Mußte den Dieben für ihre Pferde im Herrnhof Futter schwingen, den
Pferden zu trinken vorhalten und andere lose Arbeit thun. Da ich mich nun
etwas frei zu sein däuchte. laufe ich davon, aber unwissend, daß vor dem
Hofthor ein ganzer Haufe Soldaten stand, lief ich ihnen also in w Arme.
Welche mich mit Degen und Bandeliren sehr wohl abschlugen, mich besser alt
Stricken verwahrten, und von Haus zu Haus führten, und sollte ihnen sagen,
wem dies oder jenes Haus wäre. Also ward ich auch in mein Haus
geführt, da sehe ick in der Hausflur' den kupfernen Schöpftopf liegen, in
welchem meine Baarschaft. 300 Thlr.. gewesen, und dachte, hättest du das ge-
wußt, daß die Vögel und Füchse weg wären, so wärest du draußen geblieben.
Weil ich nun niemand verrathen wollte, setzte mir einer meine eigene Kappe, die
in meinem Hause aus der Erde lag. auf, und hieb mir mit einem Hirschfänger
auf den Kopf, daß das Blut bei den Ohren herein lief, und war kein Loch
durch die Haube, denn sie war von Filz. Noch mehr", eben dieser setzte mir
aus Muthwillen den Hirschfänger auf den Bauch, wollte Probiren, ob ich fest
wäre, drücket ziemlich hart auf, dennoch wollte Gott nicht, das; er mir weiter
Blut abgewinnen sollte. Zweimal in einer Stunde, nämlich in der Schnei¬
derin Wittich Hof auf dem Mist, zum andern Mal in des Waldmeisters
Stadel haben'sie mir den Schwedische," Trunk, mit Mistjauche gc-
tteben. dadurch meine Zähne fast alle wackelnd geworden. Denn ich wehrte
mich, als man mir einen großen Stecken in den Mund steckte, so gut ich
Gefangener konnte. Endlich'führten sie mich mit Stricken fort, und sagten,
sie wollten mich aufhängen, brachten mich zum Mühithor hinaus auf die Brücke;
da nahm einer von ihnen den Strick, womit beide Füße zusammengezogen
waren, der andere den Strick am linken Arm. stießen mich ins Wasser, und
hielten die Stricke, womit sie mich regierten, auf und nieder zogen. Und
weil ich um mich schmale und Steurung suchte, erhaschte ich die Rechenstecken,
welche aber auf mich zuwichen, und konnte daran keinen Anhalt finden, nur
daß durch Gottes Schickung mir ein Loch gemacht wurde, daß ich konnte
unter die Brücke schlüpfen. So oft ich mich wollte anhalten, schlugen sie mich
mit gedachten Rechenstccken. daß dieselben entzwei sprangen, wie ein Schul¬
bakel. Als sie sich nun nicht allein müde gebärdete hatten, sondern auch dachten,
'es hätte meinen Nest, ich würde im Wasser ersaufen, lassen sie Heide Stricke
fahren, da wischte ich unter die Brücke, wie ein Frosch, konnte mir keiner
bekommen. Da such? ich im Hosensack und finde ein Messerlein. so sich


und schlich hinein, gehe durchs Spielet- aufs Mühtthor zu. welches mit Palli^
haben vermacht war. Da hatte inwendig ein und der andere auf der Lausche
gestanden, die mich Unwissenden erhaschten, wie eine Katze eine Maus. Da
ward ich mit neuen Stricken gebunden, daß ich mich weder mit Gehen, noch
Greifen behelfen konnte, sollte entweder Geld geben oder reiche Leute verrathen.
Mußte den Dieben für ihre Pferde im Herrnhof Futter schwingen, den
Pferden zu trinken vorhalten und andere lose Arbeit thun. Da ich mich nun
etwas frei zu sein däuchte. laufe ich davon, aber unwissend, daß vor dem
Hofthor ein ganzer Haufe Soldaten stand, lief ich ihnen also in w Arme.
Welche mich mit Degen und Bandeliren sehr wohl abschlugen, mich besser alt
Stricken verwahrten, und von Haus zu Haus führten, und sollte ihnen sagen,
wem dies oder jenes Haus wäre. Also ward ich auch in mein Haus
geführt, da sehe ick in der Hausflur' den kupfernen Schöpftopf liegen, in
welchem meine Baarschaft. 300 Thlr.. gewesen, und dachte, hättest du das ge-
wußt, daß die Vögel und Füchse weg wären, so wärest du draußen geblieben.
Weil ich nun niemand verrathen wollte, setzte mir einer meine eigene Kappe, die
in meinem Hause aus der Erde lag. auf, und hieb mir mit einem Hirschfänger
auf den Kopf, daß das Blut bei den Ohren herein lief, und war kein Loch
durch die Haube, denn sie war von Filz. Noch mehr", eben dieser setzte mir
aus Muthwillen den Hirschfänger auf den Bauch, wollte Probiren, ob ich fest
wäre, drücket ziemlich hart auf, dennoch wollte Gott nicht, das; er mir weiter
Blut abgewinnen sollte. Zweimal in einer Stunde, nämlich in der Schnei¬
derin Wittich Hof auf dem Mist, zum andern Mal in des Waldmeisters
Stadel haben'sie mir den Schwedische,« Trunk, mit Mistjauche gc-
tteben. dadurch meine Zähne fast alle wackelnd geworden. Denn ich wehrte
mich, als man mir einen großen Stecken in den Mund steckte, so gut ich
Gefangener konnte. Endlich'führten sie mich mit Stricken fort, und sagten,
sie wollten mich aufhängen, brachten mich zum Mühithor hinaus auf die Brücke;
da nahm einer von ihnen den Strick, womit beide Füße zusammengezogen
waren, der andere den Strick am linken Arm. stießen mich ins Wasser, und
hielten die Stricke, womit sie mich regierten, auf und nieder zogen. Und
weil ich um mich schmale und Steurung suchte, erhaschte ich die Rechenstecken,
welche aber auf mich zuwichen, und konnte daran keinen Anhalt finden, nur
daß durch Gottes Schickung mir ein Loch gemacht wurde, daß ich konnte
unter die Brücke schlüpfen. So oft ich mich wollte anhalten, schlugen sie mich
mit gedachten Rechenstccken. daß dieselben entzwei sprangen, wie ein Schul¬
bakel. Als sie sich nun nicht allein müde gebärdete hatten, sondern auch dachten,
'es hätte meinen Nest, ich würde im Wasser ersaufen, lassen sie Heide Stricke
fahren, da wischte ich unter die Brücke, wie ein Frosch, konnte mir keiner
bekommen. Da such? ich im Hosensack und finde ein Messerlein. so sich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105346"/>
              <p xml:id="ID_149" prev="#ID_148" next="#ID_150"> und schlich hinein, gehe durchs Spielet- aufs Mühtthor zu. welches mit Palli^<lb/>
haben vermacht war. Da hatte inwendig ein und der andere auf der Lausche<lb/>
gestanden, die mich Unwissenden erhaschten, wie eine Katze eine Maus. Da<lb/>
ward ich mit neuen Stricken gebunden, daß ich mich weder mit Gehen, noch<lb/>
Greifen behelfen konnte, sollte entweder Geld geben oder reiche Leute verrathen.<lb/>
Mußte den Dieben für ihre Pferde im Herrnhof Futter schwingen, den<lb/>
Pferden zu trinken vorhalten und andere lose Arbeit thun. Da ich mich nun<lb/>
etwas frei zu sein däuchte. laufe ich davon, aber unwissend, daß vor dem<lb/>
Hofthor ein ganzer Haufe Soldaten stand, lief ich ihnen also in w Arme.<lb/>
Welche mich mit Degen und Bandeliren sehr wohl abschlugen, mich besser alt<lb/>
Stricken verwahrten, und von Haus zu Haus führten, und sollte ihnen sagen,<lb/>
wem dies oder jenes Haus wäre. Also ward ich auch in mein Haus<lb/>
geführt, da sehe ick in der Hausflur' den kupfernen Schöpftopf liegen, in<lb/>
welchem meine Baarschaft. 300 Thlr.. gewesen, und dachte, hättest du das ge-<lb/>
wußt, daß die Vögel und Füchse weg wären, so wärest du draußen geblieben.<lb/>
Weil ich nun niemand verrathen wollte, setzte mir einer meine eigene Kappe, die<lb/>
in meinem Hause aus der Erde lag. auf, und hieb mir mit einem Hirschfänger<lb/>
auf den Kopf, daß das Blut bei den Ohren herein lief, und war kein Loch<lb/>
durch die Haube, denn sie war von Filz. Noch mehr", eben dieser setzte mir<lb/>
aus Muthwillen den Hirschfänger auf den Bauch, wollte Probiren, ob ich fest<lb/>
wäre, drücket ziemlich hart auf, dennoch wollte Gott nicht, das; er mir weiter<lb/>
Blut abgewinnen sollte. Zweimal in einer Stunde, nämlich in der Schnei¬<lb/>
derin Wittich Hof auf dem Mist, zum andern Mal in des Waldmeisters<lb/>
Stadel haben'sie mir den Schwedische,« Trunk, mit Mistjauche gc-<lb/>
tteben. dadurch meine Zähne fast alle wackelnd geworden. Denn ich wehrte<lb/>
mich, als man mir einen großen Stecken in den Mund steckte, so gut ich<lb/>
Gefangener konnte. Endlich'führten sie mich mit Stricken fort, und sagten,<lb/>
sie wollten mich aufhängen, brachten mich zum Mühithor hinaus auf die Brücke;<lb/>
da nahm einer von ihnen den Strick, womit beide Füße zusammengezogen<lb/>
waren, der andere den Strick am linken Arm. stießen mich ins Wasser, und<lb/>
hielten die Stricke, womit sie mich regierten, auf und nieder zogen. Und<lb/>
weil ich um mich schmale und Steurung suchte, erhaschte ich die Rechenstecken,<lb/>
welche aber auf mich zuwichen, und konnte daran keinen Anhalt finden, nur<lb/>
daß durch Gottes Schickung mir ein Loch gemacht wurde, daß ich konnte<lb/>
unter die Brücke schlüpfen. So oft ich mich wollte anhalten, schlugen sie mich<lb/>
mit gedachten Rechenstccken. daß dieselben entzwei sprangen, wie ein Schul¬<lb/>
bakel. Als sie sich nun nicht allein müde gebärdete hatten, sondern auch dachten,<lb/>
'es hätte meinen Nest, ich würde im Wasser ersaufen, lassen sie Heide Stricke<lb/>
fahren, da wischte ich unter die Brücke, wie ein Frosch, konnte mir keiner<lb/>
bekommen.  Da such? ich im Hosensack und finde ein Messerlein. so sich</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0069] und schlich hinein, gehe durchs Spielet- aufs Mühtthor zu. welches mit Palli^ haben vermacht war. Da hatte inwendig ein und der andere auf der Lausche gestanden, die mich Unwissenden erhaschten, wie eine Katze eine Maus. Da ward ich mit neuen Stricken gebunden, daß ich mich weder mit Gehen, noch Greifen behelfen konnte, sollte entweder Geld geben oder reiche Leute verrathen. Mußte den Dieben für ihre Pferde im Herrnhof Futter schwingen, den Pferden zu trinken vorhalten und andere lose Arbeit thun. Da ich mich nun etwas frei zu sein däuchte. laufe ich davon, aber unwissend, daß vor dem Hofthor ein ganzer Haufe Soldaten stand, lief ich ihnen also in w Arme. Welche mich mit Degen und Bandeliren sehr wohl abschlugen, mich besser alt Stricken verwahrten, und von Haus zu Haus führten, und sollte ihnen sagen, wem dies oder jenes Haus wäre. Also ward ich auch in mein Haus geführt, da sehe ick in der Hausflur' den kupfernen Schöpftopf liegen, in welchem meine Baarschaft. 300 Thlr.. gewesen, und dachte, hättest du das ge- wußt, daß die Vögel und Füchse weg wären, so wärest du draußen geblieben. Weil ich nun niemand verrathen wollte, setzte mir einer meine eigene Kappe, die in meinem Hause aus der Erde lag. auf, und hieb mir mit einem Hirschfänger auf den Kopf, daß das Blut bei den Ohren herein lief, und war kein Loch durch die Haube, denn sie war von Filz. Noch mehr", eben dieser setzte mir aus Muthwillen den Hirschfänger auf den Bauch, wollte Probiren, ob ich fest wäre, drücket ziemlich hart auf, dennoch wollte Gott nicht, das; er mir weiter Blut abgewinnen sollte. Zweimal in einer Stunde, nämlich in der Schnei¬ derin Wittich Hof auf dem Mist, zum andern Mal in des Waldmeisters Stadel haben'sie mir den Schwedische,« Trunk, mit Mistjauche gc- tteben. dadurch meine Zähne fast alle wackelnd geworden. Denn ich wehrte mich, als man mir einen großen Stecken in den Mund steckte, so gut ich Gefangener konnte. Endlich'führten sie mich mit Stricken fort, und sagten, sie wollten mich aufhängen, brachten mich zum Mühithor hinaus auf die Brücke; da nahm einer von ihnen den Strick, womit beide Füße zusammengezogen waren, der andere den Strick am linken Arm. stießen mich ins Wasser, und hielten die Stricke, womit sie mich regierten, auf und nieder zogen. Und weil ich um mich schmale und Steurung suchte, erhaschte ich die Rechenstecken, welche aber auf mich zuwichen, und konnte daran keinen Anhalt finden, nur daß durch Gottes Schickung mir ein Loch gemacht wurde, daß ich konnte unter die Brücke schlüpfen. So oft ich mich wollte anhalten, schlugen sie mich mit gedachten Rechenstccken. daß dieselben entzwei sprangen, wie ein Schul¬ bakel. Als sie sich nun nicht allein müde gebärdete hatten, sondern auch dachten, 'es hätte meinen Nest, ich würde im Wasser ersaufen, lassen sie Heide Stricke fahren, da wischte ich unter die Brücke, wie ein Frosch, konnte mir keiner bekommen. Da such? ich im Hosensack und finde ein Messerlein. so sich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/69
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/69>, abgerufen am 27.07.2024.