Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.500 Thlr., endlich 100 für mein Leben, ich sollte mit in ihr Quartier, mußte 500 Thlr., endlich 100 für mein Leben, ich sollte mit in ihr Quartier, mußte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0062" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105339"/> <p xml:id="ID_136" prev="#ID_135" next="#ID_137"> 500 Thlr., endlich 100 für mein Leben, ich sollte mit in ihr Quartier, mußte<lb/> auch barfuß ein Stund lang mitj laufen. Endlich wurden sie gewahr, daß<lb/> ich ein Pap oder Pfaff wäre, welches ich auch gestund, da hieben sie mit<lb/> ihren Säbeln auf mich hinein, ohne Discretion, und ich hielt meine Arm<lb/> und Hände entgegen, habe durch Gottes Schutz nur eine kleine Wunde unten<lb/> an der Faustj bekommen. Etliche geben den Noth, mir die Testikel zu<lb/> nehmen, der Obrist aber, ein stattlicher Mann, wollte es nicht zugeben.<lb/> Unterdessen wurden sie einen Bauer gewahr, welcher' sich in den Büschen<lb/> besser verkriechen wollte. Es war der reiche Caspar von Gellershausen, auf<lb/> solchen reiten sie alle zu, und blieb nur einer bei mir. welcher ein geborener<lb/> Schwede, und gefangen worden war. Dieser sagte zu mir: „Pape, Pape.<lb/> less, less, du must sonst steifen." Jtem, er wäre gut schwedisch. Ich sing Ver¬<lb/> trauen aus dem Rath und bat ihre, wenn ich liefe, sollte er mir zum Schein<lb/> nachreiten, als wenn er mich einholen wollte. Und also geschah es, daß ich<lb/> den Eroaten entkam. Der reiche Caspar aber mußte auf solchem Ort elend<lb/> sterben. Denn als er sich nicht ausziehen wollte, welches ich wol sah, haben<lb/> sie ihm die Kniekehlen wol entzwei gehauen. Darüber er um solchem Ort<lb/> liegen geblieben, und nach Abzug der Feinde gefunden ward. Ich aber lies<lb/> im groben Eichenholz ungefähr eine ganze Stunde fortwährend, konnte<lb/> keinen dicken Busch ersehen, da ich mich verbergen konnte, fiel endlich nur<lb/> in eine Wasserlache, wodurch eine eichene Wurzel gewachsen war. Ich war<lb/> so matt vom Laufen, daß ich nicht weiter konnte, das Wasser sing an K. v.<lb/> mir zu entgehen, und ich konnte nicht aufhören, meinte die Blase wäre mir<lb/> zersprungen. Mein Herz pochte auch so sehr, daß ich nicht wußte, ob ich den<lb/> Pferdehufschlag hörte, oder obs mein Herz wäre. Also saß ich. bis es Nacht<lb/> wurde, stand auf und ging immer dem dicken Gebüsch nach, kam vor, daß ich<lb/> gen Scidenstadt hinaussehen konnte. Schleiche mich ins Dorf, und weil ich<lb/> Hunde bellen hörte, hoffte ich Leute zu Haus anzutreffen, aber da war nie¬<lb/> mand, ging deswegen in einen Stadel und wollte mich zu Nacht auf dem<lb/> Heu behelfen. Da schickts Gott, daß die Nachbarn, die im Strauchhan sich<lb/> verkrochen gehabt, eben hinter diesem Stadel zusammenkommen, und berathen,<lb/> wo sie sich wieder sammeln und wo sie hingehen wollen. Das konnt ich<lb/> eigentlich hören, stieg deswegen herab, und ging aus das Haus zu, da war<lb/> der Bauer allererst hinein, hatte ein Licht angezündet, stand im Keller und<lb/> rasende Milch ab. die er essen wollte. Ich stand oben am Loch, redete ihn<lb/> an und.grüßte ihn, er sah auf, und sah den untern Theil des Leibes, näm¬<lb/> lich das Hemd und nackte Beine und oben schwarz. Er erschrack sehr; als ich<lb/> ihm aber sagte, daß ich Pfarrer zu Poppenhausen wäre und von Soldaten<lb/> wäre ausgezogen, trug er die Milch heraus, und ich bat ihn, daß er mir bei<lb/> seiner Nachbarschaft von Kleidern etwas zu wage brächte, ich wollte mit ihnen,</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
500 Thlr., endlich 100 für mein Leben, ich sollte mit in ihr Quartier, mußte
auch barfuß ein Stund lang mitj laufen. Endlich wurden sie gewahr, daß
ich ein Pap oder Pfaff wäre, welches ich auch gestund, da hieben sie mit
ihren Säbeln auf mich hinein, ohne Discretion, und ich hielt meine Arm
und Hände entgegen, habe durch Gottes Schutz nur eine kleine Wunde unten
an der Faustj bekommen. Etliche geben den Noth, mir die Testikel zu
nehmen, der Obrist aber, ein stattlicher Mann, wollte es nicht zugeben.
Unterdessen wurden sie einen Bauer gewahr, welcher' sich in den Büschen
besser verkriechen wollte. Es war der reiche Caspar von Gellershausen, auf
solchen reiten sie alle zu, und blieb nur einer bei mir. welcher ein geborener
Schwede, und gefangen worden war. Dieser sagte zu mir: „Pape, Pape.
less, less, du must sonst steifen." Jtem, er wäre gut schwedisch. Ich sing Ver¬
trauen aus dem Rath und bat ihre, wenn ich liefe, sollte er mir zum Schein
nachreiten, als wenn er mich einholen wollte. Und also geschah es, daß ich
den Eroaten entkam. Der reiche Caspar aber mußte auf solchem Ort elend
sterben. Denn als er sich nicht ausziehen wollte, welches ich wol sah, haben
sie ihm die Kniekehlen wol entzwei gehauen. Darüber er um solchem Ort
liegen geblieben, und nach Abzug der Feinde gefunden ward. Ich aber lies
im groben Eichenholz ungefähr eine ganze Stunde fortwährend, konnte
keinen dicken Busch ersehen, da ich mich verbergen konnte, fiel endlich nur
in eine Wasserlache, wodurch eine eichene Wurzel gewachsen war. Ich war
so matt vom Laufen, daß ich nicht weiter konnte, das Wasser sing an K. v.
mir zu entgehen, und ich konnte nicht aufhören, meinte die Blase wäre mir
zersprungen. Mein Herz pochte auch so sehr, daß ich nicht wußte, ob ich den
Pferdehufschlag hörte, oder obs mein Herz wäre. Also saß ich. bis es Nacht
wurde, stand auf und ging immer dem dicken Gebüsch nach, kam vor, daß ich
gen Scidenstadt hinaussehen konnte. Schleiche mich ins Dorf, und weil ich
Hunde bellen hörte, hoffte ich Leute zu Haus anzutreffen, aber da war nie¬
mand, ging deswegen in einen Stadel und wollte mich zu Nacht auf dem
Heu behelfen. Da schickts Gott, daß die Nachbarn, die im Strauchhan sich
verkrochen gehabt, eben hinter diesem Stadel zusammenkommen, und berathen,
wo sie sich wieder sammeln und wo sie hingehen wollen. Das konnt ich
eigentlich hören, stieg deswegen herab, und ging aus das Haus zu, da war
der Bauer allererst hinein, hatte ein Licht angezündet, stand im Keller und
rasende Milch ab. die er essen wollte. Ich stand oben am Loch, redete ihn
an und.grüßte ihn, er sah auf, und sah den untern Theil des Leibes, näm¬
lich das Hemd und nackte Beine und oben schwarz. Er erschrack sehr; als ich
ihm aber sagte, daß ich Pfarrer zu Poppenhausen wäre und von Soldaten
wäre ausgezogen, trug er die Milch heraus, und ich bat ihn, daß er mir bei
seiner Nachbarschaft von Kleidern etwas zu wage brächte, ich wollte mit ihnen,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |