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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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weilen im benachbarten Papstthum mausetcn und Crabrones irritirten. "Ein
jeder Verständige konnte wol merken, die Sache würde arger werden. Es
flohneten auch die Edelleute, ihre Pfarrer-, Voigte ze. das Ihrige in unser
Städtlein und Dörfer, hofften sicherer zu sein, als in ihren Orten.

Anno t6ö i Michaeli kam König Gustavus aus Schweden Plötzlich über den
Wald, als wenn er flöge, Königshofe" und viel andere Ort bekam er ein,
und es ging sehr bunt daher. Unsere vom Adel warben dem .König Volk,
welches im Mausen und Rauben ja so arg war, als die Feinde. Sonderlich
nahmen sie den benachbarten Katholischen ihre Kühe, Pferde, Schweine,
Schafe, und trieben sie gen Heldburg, da war ein Gekauf, eine Kuh für
einen Ducnten, ein Schwein sür l Thlr. Und liefen die Papisten oft her,
und sahen, wer und wie ihr Vieh kaüffte, sie löseten es auch selber oft wieder.
Es wurde aber ihnen so oft genommen, daß sie des Löscns müde wurden
und waren die armen benachbarten Papisten übel dran. Wir allhier zu
Poppenhausen verwahreten ihnen aus Nachbarschaft ihr Gesehrtlich in Kirch
und Häusern, so weit es helfen wollte. Da sich aber anno is>:!2 das Blatt
wandte, und die drei Generale, Friedländer, Tilly und Baierfürst, Koburg
und "das Land einnahmen, halfen die benachbarten Papisten rauben und
brenne", und funden wir bei ihnen keine Treu noch Sicherheit.

Als man am Abend Michaelis die ganze Ccmhaune. als Losungsschuß, von
Koburg hörte, !daß der Feind ankäme, und sich jeder wahrnehme- zog ich mit allen
denen, so ich etliche Wochen gehcrbergt. "ach Heldburg, dahin ich schon mein
Weib und Kind geschickt hatte. Die Stadt hielt ihre Wache, meinete nicht,
daß es so übel würde daher gehn. Burgemeister und etliche des Raths rissen
aus. mein Schwäher sei. war Verwalter über Pulver, Blei und Lunten, daß er
der Wache ihre Nothdursft austheilcte. er mußte wol in der Stadt bleiben. Ich
hatte mit Weib und Kindern Lust aus der Stadt zu ziehen, er aber wollte mich
nicht, viel weniger seine Tochter aus der Stadt lassen, hieß uns zu Haus
bleiben, hatte einen ziemlichen Beutel mit Thalern gefüllt, damit gedachte er
sich im Unfall los zu machen. Aber es war der Mittag am Fest Michaelis
"och nicht recht heran, da präsentirten sich 14 Leiter, man meinte, es wären
Herzog Bernhards Völker, aber es war sehr weit gefehlet. Diese mußte man
nun einlassen ohne allen Dank. Diesen folgten bald etliche Fußgänger, welche
zum Anfang alles durchsuchten, und schlugen und schössen, wer nicht wollte
pariren. Mitten auf dem Markt hatte einer von diesen vierzehn meinen Schwäher
mit einem Pistol vor den Kopf geschlagen, daß er wie ein Ochs nieder¬
gefallen. Der Reuter ist abgestiegen, hat ihm die Hosen visitiret, und haben
unsere Bürger, so auf dem Rathhaus gewesen, gesehen, daß der Dieb einen
großen Klumpen Geld herausgezogen. Als ihm die Betäubung ob dem Schlag,
vergangen und er aufgestanden, muß er mit in das Sternwirthshaus, da sie zwar


weilen im benachbarten Papstthum mausetcn und Crabrones irritirten. "Ein
jeder Verständige konnte wol merken, die Sache würde arger werden. Es
flohneten auch die Edelleute, ihre Pfarrer-, Voigte ze. das Ihrige in unser
Städtlein und Dörfer, hofften sicherer zu sein, als in ihren Orten.

Anno t6ö i Michaeli kam König Gustavus aus Schweden Plötzlich über den
Wald, als wenn er flöge, Königshofe» und viel andere Ort bekam er ein,
und es ging sehr bunt daher. Unsere vom Adel warben dem .König Volk,
welches im Mausen und Rauben ja so arg war, als die Feinde. Sonderlich
nahmen sie den benachbarten Katholischen ihre Kühe, Pferde, Schweine,
Schafe, und trieben sie gen Heldburg, da war ein Gekauf, eine Kuh für
einen Ducnten, ein Schwein sür l Thlr. Und liefen die Papisten oft her,
und sahen, wer und wie ihr Vieh kaüffte, sie löseten es auch selber oft wieder.
Es wurde aber ihnen so oft genommen, daß sie des Löscns müde wurden
und waren die armen benachbarten Papisten übel dran. Wir allhier zu
Poppenhausen verwahreten ihnen aus Nachbarschaft ihr Gesehrtlich in Kirch
und Häusern, so weit es helfen wollte. Da sich aber anno is>:!2 das Blatt
wandte, und die drei Generale, Friedländer, Tilly und Baierfürst, Koburg
und »das Land einnahmen, halfen die benachbarten Papisten rauben und
brenne», und funden wir bei ihnen keine Treu noch Sicherheit.

Als man am Abend Michaelis die ganze Ccmhaune. als Losungsschuß, von
Koburg hörte, !daß der Feind ankäme, und sich jeder wahrnehme- zog ich mit allen
denen, so ich etliche Wochen gehcrbergt. »ach Heldburg, dahin ich schon mein
Weib und Kind geschickt hatte. Die Stadt hielt ihre Wache, meinete nicht,
daß es so übel würde daher gehn. Burgemeister und etliche des Raths rissen
aus. mein Schwäher sei. war Verwalter über Pulver, Blei und Lunten, daß er
der Wache ihre Nothdursft austheilcte. er mußte wol in der Stadt bleiben. Ich
hatte mit Weib und Kindern Lust aus der Stadt zu ziehen, er aber wollte mich
nicht, viel weniger seine Tochter aus der Stadt lassen, hieß uns zu Haus
bleiben, hatte einen ziemlichen Beutel mit Thalern gefüllt, damit gedachte er
sich im Unfall los zu machen. Aber es war der Mittag am Fest Michaelis
»och nicht recht heran, da präsentirten sich 14 Leiter, man meinte, es wären
Herzog Bernhards Völker, aber es war sehr weit gefehlet. Diese mußte man
nun einlassen ohne allen Dank. Diesen folgten bald etliche Fußgänger, welche
zum Anfang alles durchsuchten, und schlugen und schössen, wer nicht wollte
pariren. Mitten auf dem Markt hatte einer von diesen vierzehn meinen Schwäher
mit einem Pistol vor den Kopf geschlagen, daß er wie ein Ochs nieder¬
gefallen. Der Reuter ist abgestiegen, hat ihm die Hosen visitiret, und haben
unsere Bürger, so auf dem Rathhaus gewesen, gesehen, daß der Dieb einen
großen Klumpen Geld herausgezogen. Als ihm die Betäubung ob dem Schlag,
vergangen und er aufgestanden, muß er mit in das Sternwirthshaus, da sie zwar


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/60>, abgerufen am 27.07.2024.