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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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in München entgegentritt. Das Publicum hegt die Voraussetzung, das Comite
werde für eine würdige und vollständige Vertretung der heimischen Kunst
Sorge tragen, es schließt bei sich: Wenn nicht die Garantien für das Ge¬
lingen des Planes vorhanden wären, so hätten die Unternehmer, die nur Liebe
zur Kunst treibt, denselben gewiß fallen lassen. Es wird also an die Betrach¬
tung der in München aufgestellten Kunstwerke mit der Ueberzeugung schreiten,
daß hier das treue und richtige Bild unsrer Kunst ihm vorgeführt werde und
in diesem guten Glauben urtheilen. Die Verantwortlichkeit des Comites ist,
wie wir sehen, keine geringe. Nicht um ihm dieselbe zu erschweren, im Gegen¬
theil, um ihm einen Theil der Last abzunehmen, haben wir die folgenden
Zeilen niedergeschrieben. Wir gestehen nämlich, daß uns nach unbefangener
Prüfung der vom Comite ausgehenden Wirksamkeit für den vollständigen Er¬
folg der Ausstellung bangt. Und weil vielleicht noch Zeit ist, den einen oder
den andern Punkt des Programms zu ändern und wirksamere Maßregeln zur
Sicherung eines glänzenden Resultats zu ergreifen, haben wir nicht gewartet,
bis die vollendeten Thatsachen uns gegenüberstehen, sondern treten schon jetzt
mit unsern Bedenken und Einwürfen auf.

Nach dem uns vorliegenden Programm übt das Münchner Gcschäftscomite
nur in seinem Localkreise unmittelbaren Einfluß auf die Wahl der auszustellen¬
den Kunstwerke. Für die übrigen deutschen Landschaften hat es diese Sorge
Localcomites überlassen, welche aus den in Deutschland bestehenden Künstler¬
vereinen hervorgehen. Die letztern wählen ferner das locale Schiedsgericht
zur Prüfung der einzusendenden Werke. Diesem Schiedsgericht müssen sich
auch solche Künstler unterwerfen, welche nicht Mitglieder eines Künstlervereins
sind, oder an Orten wohnen, wo derartige Vereine nicht bestehen. Unmittel¬
bare Sendungen nach München ohne Dazwischenkamst der Localcomites und
Localjurys werden durch die Erklärung, daß für dieselben keine Fracht ver¬
gütet wird, so gut wie ausgeschlossen. Die Localcomites und Künstlervereine
sind demnach die eigentlichen Träger der Ausstellung. Im Ganzen und Gro¬
ßen urtheilt man gewiß richtig, wenn man Städte, wo keine Künstlervereine
bestehen, auch als Sitze der Kunstübung gering achtet. In dieser Hinsicht hat
man schwerlich Ursache zu fürchten, daß das Bild der gegenwärtigenKunst-
production unvollständig ausfallen werde. Auch hegen wir die Ueberzeugung,
daß die Unternehmer der Ausstellung zwischen Künstlervereincn und Künstler-
Vereinen unterscheiden und nicht auch solche Institute, wo fünf Schmierer und
ein Kratzer sich zum Künstlerverein constituirten, oder wo die Mehrzahl der
Mitglieder aus Nichtkünstlern besteht, (wie dies z. B. in einer norddeutschen
Stadt wahrgenommen werden kann) mit den Rechten, sich zum Schiedsgericht
auszuwerfen, ausgestattet haben. Die Schwierigkeit liegt darin, daß zuweilen
in einer Stadt zwei und drei Künstlervereine untereinander in Fehde und Feind-


KZ *

in München entgegentritt. Das Publicum hegt die Voraussetzung, das Comite
werde für eine würdige und vollständige Vertretung der heimischen Kunst
Sorge tragen, es schließt bei sich: Wenn nicht die Garantien für das Ge¬
lingen des Planes vorhanden wären, so hätten die Unternehmer, die nur Liebe
zur Kunst treibt, denselben gewiß fallen lassen. Es wird also an die Betrach¬
tung der in München aufgestellten Kunstwerke mit der Ueberzeugung schreiten,
daß hier das treue und richtige Bild unsrer Kunst ihm vorgeführt werde und
in diesem guten Glauben urtheilen. Die Verantwortlichkeit des Comites ist,
wie wir sehen, keine geringe. Nicht um ihm dieselbe zu erschweren, im Gegen¬
theil, um ihm einen Theil der Last abzunehmen, haben wir die folgenden
Zeilen niedergeschrieben. Wir gestehen nämlich, daß uns nach unbefangener
Prüfung der vom Comite ausgehenden Wirksamkeit für den vollständigen Er¬
folg der Ausstellung bangt. Und weil vielleicht noch Zeit ist, den einen oder
den andern Punkt des Programms zu ändern und wirksamere Maßregeln zur
Sicherung eines glänzenden Resultats zu ergreifen, haben wir nicht gewartet,
bis die vollendeten Thatsachen uns gegenüberstehen, sondern treten schon jetzt
mit unsern Bedenken und Einwürfen auf.

Nach dem uns vorliegenden Programm übt das Münchner Gcschäftscomite
nur in seinem Localkreise unmittelbaren Einfluß auf die Wahl der auszustellen¬
den Kunstwerke. Für die übrigen deutschen Landschaften hat es diese Sorge
Localcomites überlassen, welche aus den in Deutschland bestehenden Künstler¬
vereinen hervorgehen. Die letztern wählen ferner das locale Schiedsgericht
zur Prüfung der einzusendenden Werke. Diesem Schiedsgericht müssen sich
auch solche Künstler unterwerfen, welche nicht Mitglieder eines Künstlervereins
sind, oder an Orten wohnen, wo derartige Vereine nicht bestehen. Unmittel¬
bare Sendungen nach München ohne Dazwischenkamst der Localcomites und
Localjurys werden durch die Erklärung, daß für dieselben keine Fracht ver¬
gütet wird, so gut wie ausgeschlossen. Die Localcomites und Künstlervereine
sind demnach die eigentlichen Träger der Ausstellung. Im Ganzen und Gro¬
ßen urtheilt man gewiß richtig, wenn man Städte, wo keine Künstlervereine
bestehen, auch als Sitze der Kunstübung gering achtet. In dieser Hinsicht hat
man schwerlich Ursache zu fürchten, daß das Bild der gegenwärtigenKunst-
production unvollständig ausfallen werde. Auch hegen wir die Ueberzeugung,
daß die Unternehmer der Ausstellung zwischen Künstlervereincn und Künstler-
Vereinen unterscheiden und nicht auch solche Institute, wo fünf Schmierer und
ein Kratzer sich zum Künstlerverein constituirten, oder wo die Mehrzahl der
Mitglieder aus Nichtkünstlern besteht, (wie dies z. B. in einer norddeutschen
Stadt wahrgenommen werden kann) mit den Rechten, sich zum Schiedsgericht
auszuwerfen, ausgestattet haben. Die Schwierigkeit liegt darin, daß zuweilen
in einer Stadt zwei und drei Künstlervereine untereinander in Fehde und Feind-


KZ *
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/507>, abgerufen am 22.12.2024.